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„Die ESG-Datenlage wird bei Private Debt immer besser“

Privat Debt hinkt den öffentlichen Märkten in Sachen ESG noch hinterher. Joanna Layton, Co-Head of Private Credit bei Alcentra, dem Spezialisten für europäische Loans von Franklin Templeton, erklärt im Interview, dass Engagement gerade auch bei dieser illiquiden Anlageklasse wirkungsvoll ist, welche KPIs bei „grünem“ Private Debt im Vordergrund stehen und was es mit sogenannten „ESG-Margin-Ratchets“ auf sich hat.

Joanna Layton

IPE D.A.CH: Nachhaltigkeit spielt auch bei Privat Debt eine immer stärkere Rolle. Was lässt sich aus Ihrer Sicht beobachten?
Layton: Ja, auch bei Private Debt und insbesondere in Europa hat sich der Fokus auf Nachhaltigkeit in den letzten Jahren beschleunigt, was zweifellos insbesondere auch auf die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) zurückzuführen ist. Hierbei tauchen zwei Schlüsselthemen auf, die für den Erfolg der Nachhaltigkeit von zentraler Bedeutung sind: umfassende, zuverlässige ESG-Daten und eine kontinuierliche, sinnvolle Zusammenarbeit mit den Kreditnehmern. Genaue Daten zur Messung des Fortschritts sind entscheidend für die Rechenschaftspflicht der Asset Manager und ihre Fähigkeit, quantitativ nachzuweisen, dass ihre Maßnahmen sich positiv auf Firmen auswirken.

IPE D.A.CH: Was ist dann neben robusten Daten noch wichtig?
Layton: Daten sind wie gesagt ein wichtiger Teil des Puzzles, da sie eine homogene Benchmark darstellen und einen Vergleich ermöglichen, doch sollten auch qualitative Faktoren nicht außer Acht gelassen werden. Bei Private Debt müssen die Anleger das individuelle nachhaltige Risiko- und Chancenprofil jeder Investition bewerten, um die Eignung für das Portfolio zu bestimmen. Anhand dieser Bewertung werden Möglichkeiten für ein aktives Engagement aufgedeckt. Engagement ist ein wirkungsvolles Instrument, um Veränderungen anzustoßen und voranzutreiben. Ich kenne Beispiele von Kreditnehmern, die ihre eigenen ESG-Ausschüsse eingerichtet oder Mitarbeiterbefragungen als Reaktion auf das Engagement unserer Anlageexperten durchgeführt haben.

IPE D.A.CH: Liegt Private Debt nicht weit zurück in Sachen Nachhaltigkeit, wenn man es mit liquiden Anlageklassen vergleicht?
Layton: Sicherlich hat Private Debt einen gewissen Nachholbedarf bei den bereits erwähnten Daten zur Nachhaltigkeit. Liquide Anlageklassen bzw. die Public Markets sind bei Nachhaltigkeitsinitiativen führend, weil sie die Eigentümer aktiv einbinden und die gesetzlichen Vorschriften einhalten müssen. Auf den Public Markets sind Nachhaltigkeitsdaten inzwischen überwiegend leichter zugänglich, und aufgrund von weithin akzeptierten Rahmenwerken sind sie auch stärker standardisiert worden. Das Bewusstsein für die Art von ESG-Kennzahlen, zu deren Erhebung größere Unternehmen in den letzten Jahren ermutigt wurden, war bisher begrenzt. Diese Lücke scheint sich jedoch zu schließen, und der Fokus auf die Ausbildung und Weiterbildung in Bezug auf ESG-Kapazitäten ist zunehmend erkennbar.

IPE D.A.CH: Welches sind die gängigsten Arten von Privat Debt mit Nachhaltigkeitsaspekten?
Layton: Nachhaltigkeitsbezogene Privatkredite werden in der Regel als Kredite mit Margenanpassungsmechanismen betrachtet, die an ESG-Kriterien geknüpft sind; diese Mechanismen sind in der Branche häufig als „ESG-Margin-Ratchets“ bekannt.

IPE D.A.CH: Wie funktionieren sie?
Layton: Die Parameter dieser ESG-Ratchets werden in den Kreditunterlagen des Darlehensnehmers dargelegt und bestehen in der Praxis aus einer kleinen, aber bedeutsamen Margenreduzierung (insgesamt ca. 15 Basispunkte), die als Reaktion auf die Erfüllung ausgewählter nachhaltigkeitsbezogener KPIs durch das Unternehmen angeboten wird, wobei in der Regel zwei bis vier verschiedene Kennzahlen ausgewählt werden. Diese Kriterien werden dann vierteljährlich oder jährlich (je nach ausgewähltem KPI) überprüft und die Einhaltung der Kriterien wird von der Unternehmensleitung bestätigt. Ziel ist es, Anreize für die Kreditnehmer zu schaffen und sie dabei zu unterstützen, ihre Geschäftspraktiken zu ändern, um ihr Nachhaltigkeitsprofil zu verbessern.

IPE D.A.CH: Welche Arten von Unternehmen nehmen „grünen Private Debt“ auf und welche Nachhaltigkeitsziele werden mit den Krediten verknüpft, einschließlich der Kosten zur Erreichung des Net-Zero-Ziels?
Layton: Wir haben im März 2021 erstmals Finanzierungen mit Nachhaltigkeitsbezug eingeführt und waren damit ein Vorreiter bei der Einführung der besagten ESG-Margin-Ratchets auf dem Markt. Beispiele für KPIs, die wir in Darlehensverträge integriert haben, sind die Erhöhung des Anteils von Elektroautos im Fuhrpark eines Unternehmens und die Steigerung der Anzahl der von einem Unternehmen hergestellten wiederaufbereiteten Produkte. In beiden Fällen sind die vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Ausgangsdaten von grundlegender Bedeutung für die Festlegung der angestrebten Ergebnisse, die klar und messbar sind, sowie für die Erhöhung der Ziele von Jahr zu Jahr, um eine kontinuierliche Verbesserung während der Laufzeit des Darlehens sicherzustellen. Andere Leistungsindikatoren beziehen sich auf die Erhöhung des Anteils der verbrauchten erneuerbaren Energien, wobei diese Ziele direkter mit den Netto-Null-Zielen verknüpft sind.

IPE D.A.CH: Gibt es darüber hinaus weitere KPIs, die sich mittlerweile etabliert haben?
Layton: Ja, bei manchen Dienstleistern spielen deren Treibhausgasemissionen eine weniger große Rolle. In diesem Fall können sich die KPIs stattdessen auf soziale oder Governance-Initiativen konzentrieren. Beispielsweise diskutieren wir derzeit mit einem Technologieunternehmen über KPIs, um einen höheren Anteil weiblicher Bewerber in der Branche zu fördern. Darüber hinaus hat dieses Unternehmen vorgeschlagen, etwaige Margeneinsparungen an von den Mitarbeitern ausgewählte Wohltätigkeitsorganisationen zu spenden.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.

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Joanna Layton kam im Mai 2005 zu Alcentra und ist Managing Director des European Private Credit Teams und Mitglied des European Private Credit Investment Committee. Joanna verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung auf den Kreditmärkten und hat die letzten vier Jahre damit verbracht, das Direktkreditgeschäft bei Alcentra zu einer der führenden privaten Kreditplattformen in Europa auszubauen. Bevor sie zu Alcentras Direktkreditgeschäft kam, war sie Mitglied des European Loans and High Yield Teams, wo sie als Senior Analystin eine Vielzahl von Sektoren abdeckte. Seit 2014 ist sie Mitglied des European Loans and High Yield Investment Committee. Bevor sie zu Alcentra kam, war Joanna Associate Director im Bereich Leveraged Finance von GE Commercial Finance, wo sie sich auf die Strukturierung und Durchführung von europäischen Leveraged-Transaktionen konzentrierte. Bevor sie zu GE kam, war sie Analystin im Leveraged-Finance-Kreditteam der Mizuho Corporate Bank. Joanna hat einen Abschluss in Rechtswissenschaften von der University of Leicester.