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„Die robuste Konjunktur kommt High-Yield-Emittenten entgegen“

Kevin Loome, Portfoliomanager der High Yield Bond Strategy bei T. Rowe Price, sprach mit IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger über die Vorzüge von Non-Investment-Grade-Anleihen in Zeiten von Inflation und steigender Zinsen.

Kevin Loome

IPE D.A.CH: Die Inflation hat ein besorgniserregendes Niveau erreicht. Wie konnte es dazu kommen?
Loome: Der starke Anstieg der Inflation ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen führte die Corona-Pandemie zu einer Störung der internationalen Warenströme und einer Unterbrechung der globalen Lieferketten, was wiederum die Preise für viele Güter und Dienstleistungen in die Höhe getrieben hat. Dann kam es zur russischen Invasion in der Ukraine, was insbesondere die Preise für Energie und Rohstoffe verteuerte. Ein dritter Punkt ist, dass viele private Haushalte nach den Einschränkungen infolge der Pandemie ihren Konsum wieder nach oben geschraubt und somit einen gewissen Nachfragedruck erzeugt haben. Das Zusammenspiel dieser Ereignisse führte dazu, dass die Inflation auf ein Niveau gestiegen ist, wie wir es seit den frühen 1980er-Jahren nicht mehr gesehen haben.

IPE D.A.CH: Die Teuerungswelle bringt Notenbanken wie die Fed unter Druck…
Loome: In der Tat. Nachdem sich die Federal Reserve über die meiste Zeit des vergangenen Jahres noch in Geduld geübt hat, ist der Ton mittlerweile deutlich restriktiver. Die Märkte erwarten nunmehr Zinserhöhungen und Bilanzkürzungen in einem viel schnelleren Tempo als noch zu Beginn des Jahres.

IPE D.A.CH: Diese Erwartungen haben die Renditen für US-Staatsanleihen anziehen lassen. Ein Problem für Fixed-Income-Investoren?
Loome: Ich würde es anders ausdrücken: Das Comeback der Inflation sowie steigende Zinsen haben dazu geführt, dass viele Investoren davor zurückschrecken, in Anleihen zu investieren, die wie US-Staatspapiere mit relativ niedrigen Renditen notieren.

IPE D.A.CH: Was spricht gegen solche Papiere?
Loome: Sie weisen eine höhere Sensitivität gegenüber Zinsänderungsrisiken auf und haben – wie die Vergangenheit zeigt – in Phasen hoher Inflationsraten und steigender Zinsen nicht gut abgeschnitten.

IPE D.A.CH: Gibt es Alternativen?
Loome: Eine interessante Möglichkeit bieten Anleihen unterhalb dem Investment-Grade. Dazu zählen High-Yield-Bonds, also hochverzinsliche Anleihen, oder verbriefte Bankdarlehen. Solche Papiere sollten sich im aktuellen Umfeld tendenziell widerstandsfähiger erweisen als Papiere mit erstklassiger Bonität. Sie bieten zum einen höhere Renditen. Daraus ergibt sich eine Polsterwirkung, über die etwaige Kursrückgänge abgefedert werden können. Zum anderen weisen sie tendenziell kürzere Laufzeiten auf. In einem Umfeld steigender Zinsen bedeutet eine kürzere Duration ein geringeres Abwärtsrisiko, da Geld schneller in Neuemissionen mit einer höheren Verzinsung reinvestiert werden kann.

IPE D.A.CH: Aber beinhalten High Yields nicht auch ein höheres Ausfallrisiko?
Loome: Sicherlich. Aber wir befinden uns in einer Phase, in der die Zinsen steigen. Anziehende Zinsen wiederum zeugen in der Regel von einem soliden Wirtschaftswachstum und einer robusten Konjunktur. In einem solchen Umfeld legen die Umsätze und Gewinne der Unternehmen für gewöhnlich zu. Das kommt High-Yield-Emittenten entgegen. Das gute Geschäftsklima erleichtert es ihnen, ihre Schulden zu bedienen, wodurch sich das Ausfallrisiko insgesamt verringert. Unter Portfolioaspekten spricht noch ein anderer Punkt für Hochzinsanleihen?

IPE D.A.CH: Sie meinen den Diversifikationsnutzen?
Loome: Genau. Die Renditen von Hochzinsanleihen sind tendenziell negativ mit den Renditen von US-Staatsanleihen korreliert. Eine negative Korrelation bedeutet, dass wenn US-Staatsanleihen infolge steigender Zinsen an Wert verlieren, Hochzinsanleihen an Wert gewinnen. Tatsächlich wiesen Hochzinstitel in den 15 Jahren bis zum 31. Dezember 2021 eine negative Korrelation von minus 0,32 mit 10-jährigen US-Treasuries auf. Wir haben diesen Aspekt näher untersucht und sind zu bemerkenswerten Ergebnissen gekommen. In den vergangenen 15 Jahren gab es sechs Zeiträume, in denen die Zinsen von 10-jährigen US-Staatsanleihen um 100 Basispunkte oder mehr gestiegen sind. Hochzinsanleihen lieferten in jedem dieser Zeiträume positive Performanceergebnisse mit einer durchschnittlichen kumulierten Rendite von 9,39%. Bei genauerer Betrachtung und Aufschlüsselung dieser High-Yield-Renditen nach Kreditrating wird deutlich, dass die niedrigeren Bonitätssegmente innerhalb des Hochzinsmarkts im Betrachtungszeitraum bei steigenden Zinsen tendenziell die höchsten Renditen erzielt haben.

IPE D.A.CH: Aber völlig resistent sind Hochzinsanleihen gegenüber steigenden Zinsen und Inflation doch auch nicht?
Loome: Das ist korrekt. Im Vergleich zu vielen anderen festverzinslichen Assets erweisen sie sich in besagtem Szenario zwar als robuster. Aber ganz abschotten davor können sie sich auch nicht. Von daher erachten wir es als wichtig, das Inflations- und Zinsrisiko innerhalb einer US-Hochzinsanleihe-Strategie zu steuern. Wir tun dies beispielsweise auf drei Wegen: Erstens gewichten wir Anleihen mit BB-Rating aktuell unter. Dieses Segment stellt die höchste Bonitätsstufe im Non-Investment-Grade-Universum dar und weist daher innerhalb des Hochzinsmarktes tendenziell die höchste Zinssensitivität auf. Zweitens erscheint es uns sinnvoll, der Allokation verbriefte Bankdarlehen beizumischen. Solche Titel bieten derzeit ähnliche Renditen wie Non-Investment-Grad-Anleihen, weisen jedoch aufgrund ihrer variabel verzinsten Kupons eine kürzere Duration auf. Der dritte Punkt ist eine gezielte Sektorallokation und Titelauswahl unter dem Aspekt der Inflation.

IPE D.A.CH: Können Sie uns das etwas näher erläutern?
Loome: Im Rahmen unseres fundamentalen Kreditanalyseprozesses bewerten wir die Auswirkungen der Inflation auf die Sektoren und Emittenten. Dabei stellen wir uns unter anderem folgende Fragen: Hat die Inflation die Kosten wichtiger Produktionsfaktoren wie Rohstoffe, Transport oder Arbeit in diesem Sektor oder für diesen Emittenten in die Höhe getrieben? Sind die Auswirkungen der Inflation vorübergehend oder werden sie eher längerfristig zu spüren sein? Gibt es Lieferkettenprobleme und wann erwarten wir, dass diese gelöst werden?

IPE D.A.CH: Kommt in diesem Zusammenhang nicht auch der Preisfestsetzungsmacht eine wichtige Rolle zu?
Loome: Aber ja. Deshalb prüfen wir auch, ob der Emittent die Möglichkeit hat, höhere Inputkosten über höhere Preise an die Kunden weiterzugeben. Oder inwieweit die Kundennachfrage nach den Waren oder Dienstleistungen des Emittenten elastisch oder unelastisch ist und welche Auswirkungen die Inflation per Saldo auf die Gesamtrentabilität des Emittenten haben könnte. Kommt unser Kreditresearch im Rahmen des Fragekatalogs zu einem negativen Ergebnis, werden wir es vorziehen, entsprechende Sektoren oder Emittenten zu meiden. Sind wir positiv gestimmt, werden wir es erwägen, Positionen aufzubauen.

IPE D.A.CH: Ich möchte noch einmal auf das Ausfallrisiko zurückkommen. Sie haben eingangs angedeutet, dass dieses Risiko im Hochzinsmarkt auf absehbare Zeit überschaubar sei. Woher rührt diese Einschätzung?
Loome: Obwohl die Credit Spreads eng sind, bewegen sich die Ausfallraten im Hochzinssegment in der Nähe ihrer historischen Tiefststände. Ein Grund dafür liegt darin, dass viele Unternehmen die niedrigen Zinsen in den vergangenen 12 bis 24 Monaten genutzt haben, um ihre Schulden zu refinanzieren. Folglich sind auf kurze Sicht keine nennenswerten Wellen fälliger Anleihen zu erwarten, sodass wir davon ausgehen, dass die Ausfälle bis ins Jahr 2023 hinein auf niedrigem Niveau verharren werden.

IPE D.A.CH: Sie bleiben für Hochzinsanleihen also weiterhin positiv gestimmt?
Loome: Ja, zumindest kurz bis mittelfristig. Hochzinsanleihen bieten ein attraktives Chance-Risiko-Profil. Sie ermöglichen ein Mehr an Rendite, kombiniert mit einem gewissen Abwärtsschutz. Mit Blick auf die relativ engen Credit Spreads auf dem High-Yield-Markt erwarten wir aber auch, dass der Titelauswahl im kommenden Jahr eine noch wichtigere Rolle zukommen wird. Oder mit anderen Worten: Wer von High Yields profitieren möchte, sollte auf aktives Management nicht verzichten.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.