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Gastbeitrag: High-Yield-Unternehmensanleihen bieten wieder echte Konvexität

Der legendäre Investor und Philanthrop Sir John Templeton prägte den berühmten Satz: „Die fünf teuersten Worte auf dem Gebiet der Geldanlage lauten ‚Dieses Mal ist alles anders‘“. Zwar wurde diese Weisheit inzwischen so oft wiederholt, dass sie einige Anleger schon nicht mehr hören können. Trotzdem sind wir der Überzeugung, dass sich die Verkaufswelle, von der die Hochzinsmärkte seit Jahresbeginn überrollt werden, in der Tat anders gestaltet als in früheren Phasen erhöhter Risikoaversion. Zum ersten Mal seit vielen Jahren bietet die Anlageklasse nun echte Konvexität und deutliches Aufwärtspotenzial durch das Eintreten bestimmter Ereignisse, auch Eventrisiken genannt.

Kyle Kloc

Kurzer Rückblick: Lässt man die Zeit um den Ausbruch der Coronapandemie im Frühjahr 2020 außer Acht, so wurden Hochzinsanleihen in den vergangenen Jahren stets in der Nähe oder oberhalb ihres Nennwerts gehandelt, sodass wenig Luft nach oben für weitere Kursgewinne vorhanden war. Denn kündigt ein Emittent seine Anleihe, erhalten die Anleger den Nennwert zuzüglich einer Prämie sowie der aufgelaufenen Zinsen. Die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung begrenzt das Aufwärtspotenzial allerdings selbst dann, wenn sich die Fundamentaldaten weiter verbessern. Folglich bestand für Anleger ein deutlich größeres Abwärtsrisiko durch etwaige Negativereignisse, die glücklicherweise meist ausblieben.

Auch unter ungewöhnlich günstigen Marktbedingungen wurden High-Yield-Anleger nur selten mit nennenswerten Kurssteigerungen belohnt. Mit der jüngsten ausgeprägten Korrektur hat sich die Lage allerdings verändert. So handelten Ende Mai etwa 25% der Anleihen mit BB-Rating bei einem Kurs von 90 oder tiefer, was dem höchsten Wert seit der Finanzkrise 2008 entspricht. Außerdem besteht nur noch bei etwa 6% des Markts die Gefahr einer vorzeitigen Kündigung durch den Emittenten, während seit 2011 der Durchschnitt 40% beträgt. Dies bedeutet, dass lediglich 6% der Anleihen oberhalb ihres Rücknahmepreises zum nächsten Kündigungstermin notieren.

Von Eventrisiken profitieren
Basierend auf dieser Entwicklung der vergangenen Monate können Anleger nun von signifikanten Eventrisiken profitieren, die in der Regel in der Form von Fusionen oder Übernahmen auftreten. Wird etwa ein Hochzinsemittent übernommen, so greift üblicherweise eine Verkaufsoption für den Fall des Eigentümerwechsels (‚Change of Control‘-Klausel). Anleger können in diesem Fall ihre Anleihen zum Preis von 101 an das Unternehmen zurückverkaufen. Bis vor Kurzem war diese Option meist nicht sonderlich attraktiv, da die Anleihen auf teureren Niveaus gehandelt wurden. Seit der Verkaufswelle konnten wir allerdings einige sprunghafte Kursgewinne bei Übernahmeankündigungen beobachten, etwa bei Twitter, Tenneco und Nielsen.

Bei Twitter würden die Rating-Agenturen beispielsweise Herabstufungen um mehrere Bonitätsstufen erwarten, da die Verschuldung des Unternehmens im Falle einer Übernahme durch Elon Musk mit hoher Wahrscheinlichkeit erheblich ansteigen würde. Hier wird die Bedeutung der ‚Change of Control‘-Verkaufsoption deutlich, denn ohne sie würde der Anleihenkurs des Unternehmens aufgrund der zu erwartenden verschlechterten Finanzlage deutlich sinken. Die Vorteile für Anleger sind sogar noch größer, wenn der Emittent von einer so genannten ‚Make-Whole‘-Klausel Gebrauch macht und die verbleibenden Schulden vorzeitig zurückzahlt: Sie erhalten in diesem Fall nicht nur ihr Kapital zurück, sondern zusätzlich eine Ausgleichszahlung für die entgangenen Kupons. Dies führt in der Regel zu Kurssprüngen auf deutlich oberhalb von 101. Wir erwarten künftig weitere derartige Konstellationen, die Anlegern attraktive Chancen eröffnen.

Wert der Konvexität verdeutlicht
Andere Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit, die den Wert der Konvexität verdeutlichen, sind die Teilrückzahlung im Fall von American Axle, die Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds (‚Sinking Fund‘) bei Tullow Oil und der Konkurs von Talen Energy. Auf den ersten Blick mag es zwar seltsam erscheinen, im Rahmen eines Konkurses vom Wert der Konvexität zu sprechen. Bei besicherten Schuldtiteln, mit denen wir es im Fall von Talen Energy zum Teil zu tun hatten, kann ein Konkursantrag aber oftmals einen Prozess anstoßen, der schließlich in einer Rückzahlung der Anleihen zum Nennwert mündet. Ohne die Konvexität, die durch Kurse zu oder unter pari zu Stande kommt, wären die Anlageerträge in den drei genannten Szenarien demnach niedriger oder sogar negativ ausgefallen.

Fazit
Der Markt für Hochzinsanleihen wird in den kommenden Monaten vermutlich weiterhin aufgrund der zahlreichen im Vordergrund stehenden Risiken von hoher Volatilität geprägt sein. Nichtsdestotrotz tritt der Wert der Konvexität zunehmend hervor. Angesichts von Spreads und Renditen nahe an oder über ihren langfristigen Durchschnittswerten (und auch über den Medianwerten) in Kombination mit unterdurchschnittlichen Ausfallquoten gewinnt die Anlageklasse der High-Yield-Anleihen zunehmend an Attraktivität.

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*) Kyle Kloc ist Head Developed Markets bei Fisch Asset Management in Zürich. Kloc absolvierte sein Studium an der University of Pennsylvania mit dem Abschluss B.A in International Studies and B.S. in Economics. Er trat im Jahr 2016 ins Unternehmen ein. Fisch Asset Management wurde 1994 von Kurt Fisch und Pius Fisch gegründet.