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Kommentar: Kryptowerte und Blockchaintechnologie – Strategy first, please!

Mit Erreichen des neuen Allzeithochs hat sich das bekannteste digitale Asset Bitcoin eindrucksvoll zurückgemeldet. Der Spiegel, die New York Times und sogar die Bild-Zeitung berichten (wieder einmal) über das digitale Gold. Und werden es auch nach dem Rücksetzer in Kürze wieder tun.

Dr. Sven Hildebrandt

Infolge wächst – und dies ist anders als vor drei Jahren – aktuell sowohl auf Retail- als auch auf institutioneller Seite die sogenannte FOMO (Fear of missing out). War man sich im klassischen Finanzsystem bisher mehrheitlich einig, dass Kryptowerte Humbug sind, ist dies heutzutage schon lange nicht mehr der Fall. Vielmehr wird auf Basis des zunehmenden Wissens immer deutlicher, dass diese neue Assetklasse in keinem Portfolio (und erst recht nicht in einem „professionell“ gemanagten!) fehlen darf. Zu positiv ist der Beitrag auf die Sharp Ratio nahezu aller von uns gerechneten Portfoliokonstruktionen, zu schwach die auf sehr wackeligen Beinen stehenden Argumente „gegen“ eine Allokation.

Somit sind die 180-Grad-Drehungen vieler prominenter Vertreter wie bspw. Jamie Dimon für diese zwar ein wenig unangenehm, aber dennoch folgerichtig: Niemand verlangt, dass man diese komplexe Materie von Anfang an durchdringt. Und es erfordert Mut einzugestehen: „Ja, da lag ich falsch. Nun lass uns schauen, wie wir die verlorene Zeit aufholen. Pizza für die Nachtschichten gehen auf meine Kostenstelle.“ Oder aber nach bisheriger Zurückhaltung nun beherzt einzusteigen: Smart-Follower-Strategien haben sich in der Vergangenheit häufig als relativ clever herausgestellt.

Neben der Assetseite wird bereits seit geraumer Weile mehr oder weniger intensiv der generelle Einfluss der Blockchaintechnologie auf das bestehende Geschäftsmodell diskutiert. Zwar fehlte unseres Erachtens vielfach noch die gebotene Unterstützung seitens des Topmanagements, aber „irgendwas mit Blockchain“ macht mittlerweile fast jeder Finanzmarktteilnehmer. Und immer häufiger wird in den Chefetagen nicht mehr nur geredet, sondern – wie beispielsweise bei Hauck & Aufhäuser – konsequent gehandelt.

Problematisch – und natürlich sind wir an dieser Stelle aufgrund unserer Position nicht neutral, aber so ist es halt einfach – sind in diesem Zusammenhang primär zwei Dinge: Erstens benötigt es für die Durchdringung der Krypto-Systematiken „andere“ Kenntnisse wie beispielsweise Spieltheorie und Solidity; Cobol ist weniger gefragt. Aus diesem Grund arbeiten bei uns auch Persönlichkeiten, die Sie niemals in einer klassischen Unternehmensentwicklung oder bei einer großen Managementberatung finden würden, da diese schlicht durch das Recuritingraster fallen würden. Wir sind überzeugt: Es braucht genau solche Individuen, um wirklich „outside the box“ denken zu können. Natürlich haben diese Menschen bei Worten wie KAGB, BaFin und Regulierung nur Fragezeichen im Kopf und können zumeist überhaupt nicht verstehen, warum Regulierung überhaupt für irgendetwas „gut“ sein kann. Hierfür braucht es dann die anderen Experten, die gleichfalls mit am Tisch sitzen müssen. In der Herstellung eines Persönlichkeitenmixes liegt unseres Erachtens die größte aktuelle und noch viel größere zukünftige Herausforderung: Das Finden, die Ausbildung und das Halten dieser Menschen sind unheimlich herausfordernd.

Zweitens erleben wir aktuell – Stichwort FOMO – teilweise fast schon hektischen Aktionismus. Vollkommen losgelöst von strategischen Analysen soll schnell X oder Y umgesetzt werden, damit man etwas zum Vorzeigen hat oder weil der Konkurrent dieses oder jenes anbietet. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Wir sind eine Beratung und setzen Themen konsequent, schnell und sauber um. Darüber hinaus will keiner beim Ablegen des Bootes am Steg zurückgelassen werden. Aber bevor man ins Boot einsteigt, sollte man sich bei einem strategisch so wichtigen Thema in der Tat überlegen, in welches Boot man mit wem wie einsteigt. Und welches man vielleicht einfach ziehen lässt.

Daher unsere dringende Bitte, wenn Sie sich dem Thema Blockchain und Kryptowerten nähern: Bevor Sie schnell etwas umsetzen, erstellen Sie zunächst eine prämissengestützte, zukunftsgerichtete Analyse. Denn das spart am Ende häufig nicht nur Geld, sondern erhöht gleichzeitig die Chance, strategische Fehlentscheidungen zu vermeiden. Und wenn diese Analyse einmal in trockenen Tüchern ist: Dann wird beherzt losgelegt!

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*) Dr. Sven Hildebrandt ist CEO der DLC Distributed Ledger Consulting GmbH.