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Kommentar: Blockchain vereinfacht die Verwahrung von Alternativen Investments radikal

Die dezentrale Verwahrung von Anteilen an Immobilien und anderen Real Assets mittels Blockchain-Technologie reduziert die Kosten und erhöht die Flexibilität – ohne die Sicherheit zu gefährden.

Martin Kassing

Blockchain beschäftigt die Finanzindustrie immer intensiver. Lange Zeit als bloßes Synonym für Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum missverstanden, verändert die Technologie mittlerweile viele Prozesse im Asset Management grundlegend. Dazu zählt insbesondere die sichere Verwahrung von Vermögensgegenständen, die Anbieter von Anlageprodukten regelmäßig zu gewährleisten haben. In aller Regel übernehmen bis heute Verwahrstellen beziehungsweise Custodians diese Aufgabe, die durch den Regulator klar definiert ist.

Blockchain führt zu Paradigmenwechsel
Gerade im stark wachsenden Bereich der Alternative Investments - besonders bei Immobilien und anderen Real Assets - ergeben sich nun aber enorme Chancen dank der Blockchain-Technologie. So lassen sich beispielsweise Real Assets als individuelle reale Vermögensgegenstände bislang kaum standardisieren und somit auch schwerer verbriefen. Sie sind für Verwahrer und Anbieter mit erheblichem administrativen Aufwand verbunden, der hohe Emissions-, Vertriebs- und Verwahrkosten nach sich zieht. Folge für Investoren sind hohe Mindestanlagebeträge und Verwaltungsgebühren sowie wenig Flexibilität bei Übertragbarkeit und Handel. Will heißen: die bisherigen Vehikel funktionieren nur lokal in dem jeweiligen regulatorischen Umfeld und Investoren haben zudem nicht den permanenten Zugriff auf sie. Neben der Dimension der Kosten sind also große Einschränkungen hinsichtlich der zeitlichen und räumlichen Dimension zu beklagen.

Gegenüber dieser heute verbreiteten aufwändigen Praxis der Verwahrung von Anteilen an Immobilien und anderen Real Assets verspricht die Blockchain-Technologie eine radikal vereinfachte Lösung – ohne weniger Sicherheit zu bieten. Hier kann die dezentrale Struktur der Blockchain überhaupt nicht genug betont werden. Denn dieser strukturelle Unterschied zwischen einem zentralen Custodian und der dezentralen Verwahrung auf der Blockchain („Non-Custodian“) ist der „Game Changer“ per se. Denn eine zentrale Datenbank, also eine Lösung mittels Custodian, gehört immer einer zentralen Stelle und wird lokal administriert und lizensiert. Dezentrale Datenbanken haben keinen Eigner und sind global verfügbar. Die darauf gespeicherten Assets können über Private Keys in Wallets von Endanlegern eigenverwahrt werden. Mit diesem dezentralen und unverfälschbaren Register werden Prozesse automatisiert und papierlos gemacht - und am wichtigsten: die Kosten für Intermediäre wie Custodians werden eingespart. Gerade in Zeiten von Niedrigzinsen und fallenden Renditen sind die Vorteile der Blockchain entscheidend. Denn so ermöglichen es die digitalen Wertpapiere - auch Security Token genannt - Vermögensverwaltern, Emissionshäusern und Fintechs wie bspw. Crowdinvestment-Plattformen ihren Investoren diverse Vorteile weiterzugeben: Neben der Kosteneffizienz ist hier eine permanente - wohlgemerkt globale - Verfügbarkeit der Assets für Investoren sowie die damit einhergehende permanente Handelbarkeit zu nennen. Bei der Handelbarkeit wiederum besteht ebenfalls das Potenzial aufgrund der fehlenden Notwendigkeit von Intermediären wie Market Makern o.ä. Transaktionskosten zu sparen und nicht von bspw. Handelszeiten an einzelnen Marktplätzen abhängig zu sein.

Security Token: Konkrete Anwendung
Die Blockchain erlaubt, grundsätzlich jedes Asset digital zu verbriefen: Per sogenannter Tokenisierung werden alle relevanten Rahmendaten zur Verbriefung unwiderruflich festgelegt. Dazu zählt etwa der zugrunde liegende und von den Aufsichtsbehörden genehmigte Wertpapierprospekt. Die so kreierten Security Token lassen sich sodann wie oben dargelegt deutlich einfacher als klassische Wertpapiere in diesem Bereich handeln und verwahren.

Zu betonen ist hier die oben ausgeführte Non-Custodian Lösung welche über die bloße Tokenisierung hinausgeht, bei der die Blockchain nur als Hilfsmittel für eine weiterhin weitgehend klassische Verwahrung bei einem Custodian fungiert. Vielmehr erlaubt nun eine Key-Management Lösung eine tatsächlich dezentrale Verwahrung der Anlageobjekte durch die Investoren selbst. Damit liefert sie eben jene Non-Custodian Lösung, welche all die genannten Vorteile ausspielt: dezentrale, unverfälschbare und von einem zentralen Intermediär unabhängige, papierlose, automatisierte Prozesse, permanenter Zugriff für Investoren auf einer globalen Ebene und somit permanente Möglichkeit der Übertragung und des Handels der Assets auf globaler Ebene. De facto kann man zusammenfassen, dass die Technologie es nahezu schafft, das „Magische Dreieck“ zu erfüllen: Sicherheit auf Ebene der Verwahrung, Liquidität auf Ebene der Verfügbarkeit und Handelbarkeit der Token sowie mehr Rendite-Potenzial dank Effizienzsteigerung durch den Verzicht auf Intermediäre.

Bis zu 85% weniger Kosten mit Core-Blockchain Engine
Die Non-Custodian-Core-Blockchain Technologie ermöglicht Kosteneinsparungen für den Anleger von bis zu 85%. Eine Core-Blockchain Technologie ist eine Lösung, um die komplette Blockchain Anwendung zu bauen: von den Non-Custody Wallets über die Asset Recovery, das Fee Management bis hin zu den Smart Contracts und den darauf basierenden Security Token. Eine Core-Blockchain Engine ist also im Prinzip ein „schlüsselfertiges“ Toolkit, welches verschiedene Finanzdienstleister nutzen können, um ihren Kunden kosteneffiziente, dezentrale Investitionsmöglichkeiten in z.B. schwer investierbare Real Assets anbieten können - und das bei geringsten Mindestinvestitionen.

Man kann also von nicht weniger als einer alten und einer neuen Welt hinsichtlich der Kostenstrukturen sprechen, welche die Branche vom heutigen Tag an mit zunehmender Geschwindigkeit prägen wird. Wer den Vertrieb von bisherigen Geschlossenen Fonds bzw. AIFs erlebt hat, weiß, dass die Anlageentscheidung nicht zuletzt oft an den auch für vermögende und qualifizierte Privatanleger hohen Mindestinvestitionssummen scheitert. Gleichzeitig eröffnet die Unabhängigkeit von einem Zentralverwalter bzw. einer Verwahrstelle den Zugang für viele inländische, insbesondere aber auch für ausländische Asset-Anbieter als auch Investoren, wobei die Tokenisierung ein vollkommen neues Feld für die Verbriefung diverser schwer zugänglicher Assets erlaubt.

Darüber hinaus ermöglicht die eigenständige Verwaltung durch die Investoren über den direkten Zugriff einen fortlaufenden Handel der erworbenen Anteile – und das grundsätzlich jederzeit und weltweit. Mit der Core-Blockchain Infrastrukturlösung geht also nicht nur ein Paradigmenwechsel auf der Kostenseite einher, sondern auch eine globale Demokratisierung hinsichtlich ehemals schwer zugänglicher Assetklassen wie Alternatives bzw. konkret Real Assets. Das viel bemühte Wort „Disruption“ darf hier sehr wohl verwendet werden. Wenn man die damit verbundenen Änderungen in der Finanzindustrie weiterdenkt, fällt auf, dass mit der Etablierung der Technologie die Abhängigkeit von einzelnen zentralen Instituten sukzessive abnehmen wird. Somit dürfte die Technologie die möglicherweise beste Antwort auf die Risiken und Herausforderungen rund um das Thema „Systemrelevanz“ haben.

Konkrete Ausgestaltung
Am Beispiel von Upvest soll eine konkrete Ausgestaltung dargelegt werden, welche über den bisherigen Marktstandard – soweit man in diesem Bereich bereits davon sprechen kann - hinausgeht: Die dezentrale Verwahrung erfolgt dabei, wie bereits aus dem Bereich der Kryptowährungen bekannt, über sogenannte Wallets bei den Anlegern. Einmal angelegt, lassen sich die dort in den Security Token gespeicherten Informationen nicht mehr ändern. Diese digitalen Schließfächer auf der Blockchain sind so verschlüsselt, dass ausschließlich die Anleger selbst Zugriff haben, den aktuellen Wert kontrollieren und Transaktionen signieren können. Dieser Zugriff erfolgt dabei einfach über den Zugang beim Anbieter des jeweiligen Investments und ein privates Passwort für das Wallet. Sichergestellt ist dabei, dass sich der Zugang auch bei Verlust des Passworts wiederherstellen lässt – und genau das ist mit der Core-Blockchain Engine inklusive der Eigenverwahrung über digitale Schließfächer möglich. Gleichzeitig bietet diese Lösung für B2B-Partner dank einfacher API-Implementierung eine reibungslose User Experience für den Endanleger: Sein Nutzererlebnis ist nicht durch „Medienbrüche“ oder Wechsel zwischen Anwendungen geprägt, sondern findet vollständig im Ökosystem des Anbieters statt.

Keine Zukunftsmusik, sondern bereits in Anwendung
Ein Beispiel für den umfassenden Einsatz einer Core-Blockchain Engine ist die erfolgreiche Emission tokenbasierter Anleihen durch den Crowdfinanzierer Exporo. Als EU-weit erste von den Aufsichtsbehörden genehmigte Transaktion ihrer Art war die Finanzierung einer Hamburger Immobilie mit einem Bestandsvolumen von knapp 3 Mio. Euro im Juli dieses Jahres binnen weniger Stunden abgeschlossen.

Die dahinterstehende Infrastruktur, also die digitalen Schließfächer zur Eigenverwahrung, stammt von Upvest. Dabei findet der Ablauf der Investitionen für die Exporo-Kunden dank einer API-Anbindung unverändert ausschließlich auf der Exporo-Seite statt. Dort lassen sich auch alle weiteren Transaktionen in gewohnter Weise durchführen. Das gewohnte Seiten-Nutzungs- bzw. Account-Nutzungserlebnis wird durch die Core-Blockchain- und Wallet-Infrastruktur im Hintergrund nicht im Geringsten beeinflusst.

B2B-Lösungen für Fintechs, Emissionshäuser und Asset Manager
Neben dem Crowdinvesting- und Fintech-Bereich wird auch im klassischen Asset Management die Blockchain-Technologie zunehmend an Bedeutung gewinnen und die Prozesse bei allen Beteiligten nachhaltig verändern. Alle handelnden Parteien sind nun gefragt, sich noch intensiver als bislang mit Blockchain-Technologien auseinanderzusetzen. Denn klar ist: Ihre bisherigen Geschäftsmodelle werden sich mit zunehmender Verbreitung der Blockchain und entsprechend steigendem Kostendruck gerade im Niedrigzinsumfeld nicht dauerhaft aufrechterhalten lassen. Eine attraktive Lösung für sie kann es sein, auf bereits erprobte und etablierte Technologien via APIs, also technischen Schnittstellen, zurückzugreifen, statt massiv in den Aufbau eigener Systeme zu investieren, deren Tauglichkeit sich erst noch erweisen muss. Denn die Blockchain Technologie an sich ist „roh“ und sehr schwer zu bedienen. Es kann Jahre dauern, selbst eine technologisch kompetitive und Compliance-konforme Infrastruktur aufzubauen – das technische Know-how vorausgesetzt.

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*) Martin Kassing, Gründer und CEO von Upvest.