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„Wir sind der Ansicht, dass die Nachhaltigkeitsmerkmale von Immobilien deren Finanzperformance unterstützen“

Als internationaler Asset Manager mit einem verwalteten Vermögen von über 55 Mrd. Euro (per 31.12.2021) verfügt La Française über einen starken Immobilienbereich. La Française Real Estate Managers (REM) verwaltet im Auftrag europäischer und asiatischer Investoren Immobilieninvestments in Höhe von fast 30 Mrd. Euro. Das Investmentteam fokussiert sich auf Core/Core plus-Strategien und entwickelt Value-Added-Strategien für institutionelle Investoren. IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Phillppe Depoux, CEO von La Française REM, über seine Investmentphilosophie, Auswirkungen der Corona-Krise und das große Thema Nachhaltigkeit bei Immobilien.

Philippe Depoux

IPE D.A.CH: Was sind Ihre wichtigsten Investmentkriterien?
Depoux: Früher drehte sich unsere Strategie um den Standort! Heute verfolgen wir einen dreigliedrigen Ansatz, der den neuen Nutzergewohnheiten Rechnung trägt: Nachhaltigkeit, Flexibilität/Dienstleistungen und Standort. Wir sind der Ansicht, dass die Nachhaltigkeitsmerkmale von Immobilien deren Finanzperformance unterstützen. Wenn regelmäßig Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit von Objekten durchgeführt werden, sind die zusätzlichen Kosten im Vergleich zum Wertverlust durch Untätigkeit und daraus resultierende Veralterung nur marginal. Investoren und Mieter passen ihre Anlagestrategien an ein Umfeld mit geringen Kohlenstoffemissionen an. Kohlenstoffintensive Objekte werden in Zukunft aus Sicht der Immobilien- und Mietbewertung leiden. Aber es geht nicht nur um Kohlenstoff – Investoren sind auch auf der Suche nach Immobilien mit positiver sozialer Wirkung. Dafür haben wir thematische Strategien entwickelt, die wir durch eine strenge Auswahl der Mieter maximieren, z. B. bevorzugen wir bei Projekten im Gesundheitswesen multidisziplinäre Gemeinschaftspraxen. Flexibilität: Mit der Aufhebung der gesundheitlichen Einschränkungen kehren die Menschen an ihren Arbeitsplatz zurück. Die Arbeitsgewohnheiten haben sich jedoch geändert, und der Arbeitsplatz muss zu einem Raum werden, der soziale Interaktionen fördert. Gemeinsam genutzte Räume, Empfangsservice und professionelle Concierges sind entscheidend, um die Arbeitskräfte wieder ins Büro zu locken. Die Gesamtattraktivität eines Objekts hängt also auch von seiner Flexibilität oder Anpassungsfähigkeit an neue Nutzergewohnheiten ab. Wir konzentrieren uns ferner auf zentral gelegene Objekte in erstklassigen, liquiden und transparenten Immobilienmärkten. Die Corona-Krise hat bewiesen, dass unsere Strategie richtig ist. Die Bewertungen von zentral gelegenen Immobilien sind 2020 und 2021 gestiegen, während an sekundären Standorten Korrekturen vorgenommen wurden. Wir konzentrieren unsere Investments derzeit auf Großbritannien, Irland, Frankreich, Deutschland und die Benelux-Länder.

IPE D.A.CH: Wie sieht Ihre Diversifikationsstrategie genauer aus?
Depoux: La Française hat zwei Drittel seiner AuM in Büroimmobilien. Wir sind zuversichtlich, was das Kernsegment des Marktes betrifft. Jedoch sind wir uns bewusst, dass es Möglichkeiten gibt, unser Portfolio durch Investitionen in Wohnimmobilien, betreutes Wohnen (Studenten und Senioren), Last-Mile-Logistikplattformen und zentral gelegene Gesundheitseinrichtungen weiter zu diversifizieren. Wir zielen auf diese Anlageklassen in den geografischen Regionen ab, in denen wir über lokale Marktspezialisten verfügen (Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Benelux) und bei denen wir Vertrauen in die Qualität des Betreibers haben. Wir sind auch offen für Gelegenheiten in anderen Märkten, wenn wir von einem lokalen Vermögensverwalter unterstützt werden.

IPE D.A.CH: Hat die Krise zu einer „Entzauberung“ der Anlageklasse „Büro“ geführt?
Depoux: Ganz im Gegenteil. Mit zunehmender Verschärfung der Lockdowns wurde deutlich, dass eine komplette Telearbeit weder für Arbeitnehmer noch für Unternehmen optimal ist. Corona war nur ein Katalysator für den Wandel. In einer Welt, in der Menschen von überall arbeiten können, muss der Bürozweck neu definiert werden. Es ist ein Ort, an dem man mit Kollegen persönlich interagiert. Und auch wenn wir mit einem leichten Rückgang des Flächenverbrauchs rechnen müssen, erwarten wir eine starke Nachfrage nach zentral gelegenen, flexiblen, betreuten und energieeffizienten Objekten der nächsten Generation. Dieser Trend wird die Polarisierung des Immobilienmarktes verstärken, und es ist mit höheren Leerständen in Nebenlagen zu rechnen.

IPE D.A.CH: Wie sieht Ihre Vorstellung von Wohnimmobilien in den wichtigsten Ländern Europas aus?
Depoux: In ganz Europa besteht ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen Nachfrage und Angebot an Mietwohnungen. Wohnimmobilien gelten als defensive Anlagen, und das geringe bis nicht vorhandene Leerstandrisiko macht sie für Investoren attraktiv. Der Wettbewerb übt jedoch Druck auf die Renditen aus, die unter den Renditen für Büroimmobilien liegen. Als Alternative bieten sich verwaltete Wohnimmobilien an, die den defensiven Charakter von Wohnimmobilien mit der Rendite von Gewerbeimmobilien kombinieren. Verwaltete Wohnimmobilien umfassen spezielle Segmente wie Seniorenwohnungen. Aus Investorensicht bieten indexierte Mieten und langfristige Mietverträge für solche Immobilien eine attraktive Anlagemöglichkeit. Als großer Investor in Seniorenwohnungen in Frankreich weiten wir diese Strategie auf Belgien und Deutschland aus.

IPE D.A.CH: Wie hat sich die Krise auf Ihre Investitionen geografisch ausgewirkt?
Depoux: Wir haben schon immer die europäischen Kernmärkte bevorzugt. Neben den Hauptstädten investieren wir weiterhin in die großen Regionalstädte, die sich als besonders krisenfest erwiesen haben. Wir achten auch auf Verschiebungen in der Zentralität, die sich aus der Abwanderung von Arbeitskräften ergeben. In diesem Fall achten wir besonders auf die Erreichbarkeit solcher Standorte mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Entwicklung neuer Technologien und die Ausweitung der Telearbeit dürften zu einer Aufsplitterung der Wohngebiete und damit zu einer neuen räumlichen Entwicklung führen, die neue Standorte für den Einzelhandel, die Last-Mile-Logistikplattformen und Gesundheitseinrichtungen hervorbringen könnte. Daneben erwarten wir, dass zentrale Lagen an Attraktivität gewinnen und Büroflächen nach sich ziehen.

IPE D.A.CH: Wie beurteilen Sie den britischen Markt, der durch den Brexit beeinträchtigt wurde?
Depoux: Der britische Markt ist seit jeher eines der bevorzugten Ziele für internationales Kapital. Nachdem der formelle Austritt aus der EU vor einem Jahr vollzogen wurde, beginnen neue internationale Handelsabkommen zu entstehen. Die Investoren kehren zurück, und der britische Markt wächst wieder. 2021 endete mit einem positiven Ergebnis: Das Investitionsvolumen für Gewerbeimmobilien stieg im Jahresvergleich um 67%. Nicht nur die Transaktionen steigen, sondern auch die gewerblichen Immobilienwerte. Im vierten Quartal verzeichneten wir erhebliche Kapitalmarktaktivitäten bei den Londoner Büros, mit einem hohen Anteil an nordamerikanischem, europäischem und britischem Kapital. Dies zeugt von Zuversicht, dass London auch in Zukunft ein starker globaler Standort für Finanz- und Unternehmensdienstleistungen sein wird.

IPE D.A.CH: Welchen Stellenwert hat ESG in Ihrer heutigen Tätigkeit?
Depoux: Unsere ESG-Strategie ist auf die verschiedenen Lebensphasen einer Immobilie ausgerichtet. In der Investitionsphase suchen wir nach Best-in-Class-Objekten, die die neuesten Standards bezüglich der ESG-Kriterien erfüllen. Alle Immobilien werden einem ESG-Audit unterzogen, um den korrekten Kaufpreis zu ermitteln, der auch die Kosten für Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt. Für neu errichtete Gebäude verfügen wir über eine ESG-Baucharta, um zu gewährleisten, dass die Gebäude bei der Übergabe oder in den ersten Betriebsjahren nicht veraltet sind. In der Bewirtschaftungsphase führen wir Verbesserungen an unseren Objekten durch, insbesondere durch die Festlegung von Kohlenstoffemissionszielen. Und schließlich beeinflussen Nachhaltigkeitskriterien auch Arbitrage-Entscheidungen.

IPE D.A.CH: Sie erwähnten, dass La Française auch in Deutschland mit einem Immobilienteam vertreten ist. Können Sie ein wenig mehr darüber sagen?
Depoux: La Française eröffnete 2014 mit der Übernahme von Cushman & Wakefield Investors in Frankfurt ein Büro für Immobilieninvestitionen. Unser Ziel war es, ein bedeutender europäischer Immobilien-Investment-Manager zu werden, der Anlegern, die nach Anlagemöglichkeiten in europäischen Core-/Core+-Immobilien suchen, vielfältige Lösungen anbieten kann. Heute besteht unser Team aus mehr als zehn Immobilienexperten an den Standorten Frankfurt und München. Sie sind für ganz Deutschland zuständig. Innerhalb von acht Jahren haben wir den Anteil der deutschen an den ausländischen Vermögenswerten auf 57% erhöht (d. h. ohne Frankreich, Stand 31.12.2021). Wir sind überzeugt, dass wir unsere Präsenz auf dem deutschen Markt unter der Leitung unseres Country Head – Mark Wolter – weiter ausbauen werden.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.