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Immobilienportfolio in Corona-Zeiten: Massive Kapitalumschichtung zugunsten der Logistikimmobilie erwartet

In den USA sind seit Jahrzehnten mit steigender Tendenz 30% des institutionellen Kapitals im sogenannten „Industrial Sektor“ investiert. Der überwiegende Teil davon entfällt auf die Logistik. In Deutschland liegt der Anteil des in Logistikimmobilien allokierten Kapitals aktuell bei knapp 15%, kommend von 7% vor über 10 Jahren.

Umut Ertan (Bildrechte: RLI Investors)

Aufgrund der Corona Krise werden viele institutionelle Investoren ihren Logistikanteil erhöhen. Unsere Gespräche mit nahezu 100 institutionellen, indirekten Investoren, Family Offices, Staatsfonds und direkten Investoren bestätigen diese Entwicklung. Viele denken darüber nach, ihre Investitionen in den Sektoren Büroflächen inklusive Business Center, großflächige Fachmarktflächen, Shopping Center und Hotel zu verringern oder komplett auszusteigen.

Logistik ist heute nach Office die zweitgrößte, etablierte Assetklasse mit dem größten Wachstumspotential für die Zukunft, getrieben durch den Onlinehandel mit bisher 11% und zukünftig noch mehr Wachstum. Und wir gehen davon aus, dass Logistik einen nie dagewesenen Run in den nächsten 12 und 18 Monaten in Bezug auf Kapitalumschichtung erfahren wird. Wir erwarten, dass in den nächsten zehn Jahren im hochwertigen Logistiksektor in Deutschland Quoten um die 30 bis 50% bei institutionellen Investoren zu sehen sein werden. Bei privaten Kapitalanlegern ist der Anteil der Logistik am Immobilienportfolio geringer als bei den institutionellen Investoren. Wir werden aber auch hier eine Verschiebung zulasten der Assetklassen Büro, großflächige Fachmarktflächen, Shopping Center und Hotel bekommen.

Steigender Bedarf an modernen Logistikflächen
Hierfür gibt es drei Gründe. Erstens: Wir hatten vor Corona bereits einen Mangel an funktionalen Lagerflächen. Durch Corona steigt der Bedarf aktuell. Und das nicht nur rund um die Ballungszentren. Corona wird Logistik noch attraktiver machen als ohnehin schon. Es ist nicht paradox, aber die Lagerflächen werden in Boom- und in Krisenzeiten gleichermaßen stark benötigt.

Zweitens: Die Politik wird gezwungen sein, in Deutschland deutliche Permanentbestände an dringend benötigten Produkten sowie Waren des täglichen Bedarfs in ausreichender Menge für Boom- und für Krisenzeiten wie diese vorzuhalten. Wir verzeichnen ein Fünffaches an Grundstücksflächengesuchen, diese können jedoch nicht bedient werden. Wir arbeiten seit 15 Jahren daran, dass Gemeinden und Kommunen der Ansiedlung von Logistik gegenüber offener sein sollten. Jetzt bekommen wir Gehör. Schließlich fahren sich die bestellten Waren nicht von allein.

Drittens beginnt bereits heute eine Rückbesinnung vieler Unternehmen auf lokale Forschungs- und Produktionsstätten sowie pan-europäische Supply Chain Standorte. Europa ist und wird der größte Wirtschaftsraum in der Welt bleiben. Wir werden nicht, wie vor der Corona Krise, auf dem hohen Niveau in die USA und nach China exportieren. Es wird europäischer werden in Bezug auf Forschung, Produktion, aber auch Absatz. Die Globalisierung hat einen Dämpfer bekommen und wird in dem Maße nicht wiederkommen.

Paradigmenwechsel anderer Gewerbe-Assetklassen
Gleichzeitig baut der stationäre Handel aufgrund der Corona Krise massiv ab, außer im Bereich Food- und Konsumgütern des täglichen Bedarfs. Großraum-Bürokonzepte unterliegen möglicherweise zukünftig einem Paradigmenwechsel, zumal ganz Deutschland von Zuhause aus arbeiten kann und Büro zumindest zeitweise ins Wohnen „verschoben“ werden kann. Lager- und Logistikflächen hingegen sind nicht „verschiebbar“ in andere Assetklassen.

Was heißt das für uns als Projektentwickler und Bestandshalter? Die Corona Krise ist eindeutig eine Bestätigung der drei Ls: Lage, Lage, Lage. Gerade jetzt, wo auch Blue Chip Mieter versuchen Zahlungen einzustellen, fahren Vermieter in besseren Lagen sicherer, weil für die Nachvermietung zum Teil bereits Mieter bereit sind, die Flächen aufgrund eines akuten Flächenbedarfs sofort zu übernehmen. Logistik hat in außergewöhnlichen Zeiten ein Alleinstellungsmerkmal unter allen etablierten Gewerbeimmobilien-Assetklassen.

Logistikrenditen schlagen Bürorenditen
Die aktuellen Entwicklungen werden auch Einfluss auf die Renditen haben. Logistikrenditen, insbesondere in City-Lagen, werden in Kürze Bürorenditen in Stadtrandlagen überlegen sein. Wir sehen ja, dass Deutschland auch aus dem Homeoffice arbeiten kann. Waren hingegen lassen sich nur bedingt im Homeoffice einlagern. Die Pricing Differenz zwischen einer modernen Logistikimmobilie und einem sehr hochwertigen Gewerbepark in gleicher Lage sind – in guten Zeiten – ca. zwei Jahresnettomieten.

Allerdings werden kurzfristig in den nächsten Monaten deutlich weniger Industrieimmobilien-Transaktionen abgewickelt werden, d.h. von Gebäuden, welche industriellen Produktionsprozessen wie u.a. der Fertigung, Montage sowie der Lagerung von Roh-, Zwischen- und Fertigwaren dienen. Und das, obwohl gerade jetzt ein guter Zeitpunkt zur Veräußerung wäre. Schließlich ist eine Sale-und-Lease-Back-Transaktion von Immobilien, die sich im Eigentum von Industrieunternehmen befinden und die entsprechend zurück zu mieten sind, die bestmögliche Quelle für eine dringend benötigte Liquidität.

Aus der Finanz- und Wirtschaftskrise gelernt
Im Vergleich zur Situation 2007/2008 gibt es heute sehr wenige spekulative Entwicklungen ohne Forward Purchase oder Forward Funding Strukturen. Das war 2008 anders. Einige Entwickler hatten damals ohne Mieter und ohne Endabnehmer große Grundstücke gekauft, die Westfalenhütte beispielsweise. Das war riskant. Heute hingegen ist das Pricing, auch wegen des Yield Spread, für leerstehende Top Logistikimmobilien gleichermaßen für Entwickler und Endinvestoren attraktiv.

Es gibt nur wenige fertiggestellte spekulativ errichtete Neubauten mit 100% Leerstand. Seit Jahren werden mindestens 50%, oft aber auch 100% an den Toplagen bereits vor Fertigstellung vermietet. Endinvestoren sichern sich so – etwas günstiger – Top Logistikimmobilien bereits im Einstand.

Gleichzeitig ist das Vermietungsrisiko heute, auch und zum Teil sogar wegen Corona, an den Top Regionen München, Stuttgart, Köln, Düsseldorf, Hamburg City, Frankfurt erweiterte City Region, Berlin City Region aufgrund des Bullwhip-Effekts sehr gering.

Was dem Logistikimmobilienmarkt heute zu Gute kommt, ist seine Transparenz. In den Jahren 2008 und 2009 war der Markt stark fragmentiert. Heute gibt es deutlich mehr Comparables, unabhängige Studien und marktführende Spezialunternehmen, die deutlich leistungsfähiger sind als Generalisten. Logistik ist die am schnellsten wachsende Gewerbeimmobilien Assetklasse weltweit.

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*) Umut Ertan ist Gründer und Gesellschafter der Realogis-RLI.