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Analyse: Immobilien und Immobilien-Fonds in Virus-Zeiten – wie belastbar ist der Markt?

Die Corona-Krise hat die Immobilienmärkte schnell erreicht, nichtsdestotrotz erwiesen sich Immobilienfonds im ersten Quartal als sehr stabil. Es stellt sich jedoch die Frage, wie sich die Corona-Pandemie auf die einzelnen Immobilien-Segmente wie auch auf Immobilen-Fonds auswirkt. Dieser Frage gehen wir als AIF-Verwahrstelle in einer „vor“ und „nach“ Corona-Betrachtung nach.

Robert Guzialowski

Der Immobilienmarkt in der Vor-Corona-Zeit ist aus der Sicht der Betreiber von Immobilien-Fonds als sehr positiv zu bewerten. Im Jahr 2019 erreichte das Investitionsvolumen im Segment der Wirtschaftsimmobilien (u.a. Büro, Logistik und Hotel) mit 72,6 Mrd. Euro den höchsten je dokumentierten Wert. Auch der Wohnsektor blieb bei den Investoren weiterhin begehrt und verzeichnete einen Preisanstieg von 9,5%. Lediglich bei Einzelhandelsimmobilien musste das zweite Jahr in Folge eine Verringerung des Transaktionsvolumens hingenommen werden. Eine Ausnahme bilden hier Einzelhandelsimmobilien im Food-Sektor, die von einer E-Commerce-Resilienz profitieren.

Insgesamt zeigt sich über fast alle Nutzungsklassen für die Zeit vor Corona eine anhaltend hohe und vielfach wachsende Nachfrage. Vielen Investoren galt die Immobilie in Zeiten von Niedrigzinsen und eingetrübten Konjunkturerwartungen als sicheres und häufig alternativloses Asset im Portfolio. Dies hatte zur Folge, dass Immobilien-Fonds sich einer wachsenden Beliebtheit erfreuten. Es wird sich allerdings zeigen müssen, wie viel Sicherheit Immobilieninvestments tatsächlich noch bieten. Denn die hohe Nachfrage hat die Kaufpreise in der jüngsten Vergangenheit deutlich steigen lassen. Da die Neuvertragsmieten mit den Preissteigerungen nicht Schritt gehalten haben, ist die ein oder andere Preisbestimmung einer Immobilie unter Umständen mittlerweile zu hoch angesetzt.

So stellt sich die Frage, ob die Corona-Krise Immobilien und Immobilien-Fonds kurz- oder auch langfristig in einem anderen Licht dastehen lassen wird? Spätestens seit der Finanzkrise ist jedem bewusst, dass der Immobilienmarkt nicht vor Krisen gefeit ist. In der Vergangenheit hat sich erwiesen, dass Immobilien von einer Krise zeitlich versetzt und damit später als die volatilen Märkte erfasst werden. Auch die Corona-Krise wirkte sich zunächst auf den Aktienmarkt aus. Der geringe zeitliche Abstand zwischen den Auswirkungen auf den Aktienmarkt und den Immobilienmarkt ist allerdings neu.

Sehr schnell von der Corona-Krise erfasst wurden die Hotelimmobilien. Die bundesweiten und bis vor wenigen Wochen undenkbaren Ausgangsbeschränkungen führen zu einem massiven Einbruch der Hotelübernachtungen und entsprechenden Mietausfällen. Insolvenzen der Pächter drohen, weshalb eine Konsolidierung des Marktes nicht unwahrscheinlich ist – mit entsprechenden Konsequenzen für Hotel-Investoren. So sehen sich die Betreiber von Immobilien-Fonds zunehmend mit Anfragen von Mietstundungen oder Mietverhandlungen konfrontiert. Dies könnte zu Umsatzeinbußen für Immobilien-AIFs führen. Wie stark die Infektion des Hotelmarktes durch das Corona-Virus sein wird, hängt von der Dauer des Shutdowns ab. Da die Hotellerie in den letzten zehn Jahren eine Zunahme bei den Übernachtungszahlen verbuchen konnte, ist für die Investoren langfristig mit einer Rückkehr zum positiven Trend vergangener Jahre und damit auch mit einer Erholung des Hotelsektors zu rechnen.

Auch im Einzelhandel (Non-Food) sind bereits Ausfälle von Mietzahlungen zu beklagen. Anders als in der Hotelbranche, trifft das Corona-Virus hier einen ohnehin angeschlagenen Patienten, der unter einem veränderten Konsumverhalten leidet. Der strukturelle Wandel wird sich voraussichtlich weiter beschleunigen und zu einer erhöhten Zahl von Insolvenzen und Ladenschließungen führen. Die Folge werden erhöhte Leerstände sein, die eine deutliche Korrektur von Miet- und Preisniveau nach sich ziehen werden. Anders als im Hotelsektor, könnten die Auswirkungen auf Immobilien-Fonds beispielsweise aufgrund von Mietanpassungen unter Umständen nicht nur temporär sein.

Weitere Nutzungsarten wie Büro, Logistik, und Wohnen haben zunächst dasselbe Problem wie die anderen Immobilien-Objekte. Einer Blitzumfrage von Engel & Völkers Investment Consulting unter rund 100 Investoren zufolge pausieren zurzeit 43% aller Transaktionen, 10% wurden sogar abgebrochen. Mehr als jeder zweite Deal ist damit zumindest vorübergehend auf Eis gelegt. Wichtigste Ursache für diese Entwicklung ist die aktuelle Unsicherheit über künftige Miet- und Preisentwicklungen. Je nach Immobiliensegment sind nach aktuellem Stand Preiskorrekturen von bis zu 20% möglich.

Trotz der spürbaren Auswirkungen und den ungewissen Aussichten für die nähere Zukunft werden sich Büro-, Logistik- und Wohnimmobilien aller Voraussicht nach relativ schnell von der Corona-Krise erholen. Immobilien-Fonds sollten durch die vorgenannten Immobilien nicht allzu stark negativ beeinflusst werden. Gerade für die Segmente Logistik und Wohnen sind die langfristigen Prognosen eher positiv einzuschätzen. Im Logistikbereich sollte die Nachfrage vor allem durch die Zunahme des Online-Handels, wie auch durch den sich abzeichnenden Trend zur Regionalisierung von Lieferketten („Deglobalisierung“) weiter steigen. Im Segment der Wohnimmobilien ist die Miet-Nachfrage vielerorts sehr stabil; hier könnte ein wachsendes Interesse sicherheitsorientierter Investoren trotz vergleichsweiser geringer Renditen zu weiteren Preissteigerungen führen.

Bei Büroimmobilien zeichnet sich ein gemischteres Bild ab. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Corona-induzierte massenhafte Umstellung auf Homeoffice die Arbeitsabläufe nachhaltig verändern und zu einem Umdenken bei den Unternehmen führen kann. Tatsächlich ist im Bürosektor ein gewisser Einbruch der Flächennachfrage zu erwarten – Stichwort Desk Sharing. Angesichts der aktuell geringen Leerstandsquote sollte dies zunächst keine massiven Preiskorrekturen zur Folge haben. Der Puffer durch die vorhandene Leerstandsquote könnte jedoch durch die hohen Fertigungszahlen von Büroimmobilien im Jahr 2021 aufgezehrt werden, weshalb sich langfristig durchaus ein anderes Bild ergeben könnte.

Letztendlich wird für die Entwicklung der Immobilienmärkte und der Immobilienfonds entscheidend sein, wie sich die Corona-Krise am Ende auf die Gesamtwirtschaft auswirkt und welche Gegenmaßnahmen die Politik ergreift. Ein schwerer Konjunktureinbruch, der Unternehmen und Konsumenten gleichermaßen träfe, bliebe nicht ohne Folgen für die Immobilienmärkte. Dennoch - und nicht zu Unrecht - gelten Immobilien den Investoren mit wenigen Ausnahmen weiterhin als sicherer Hafen. Schließlich bieten diese als Sachwerte gerade in Krisenzeiten ein höheres Maß an Stabilität als viele andere Assetklassen. Daher werden Immobilien-Fonds aus der Corona Krise gestärkt hervorgehen.

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*) Robert Guzialowski, Leiter Real Assets Deutschland im Bereich Asset Servicing von Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG