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Gastbeitrag: Fünf Schritte zur Renditeoptimierung von Erneuerbare-Energien-Investments

Nicht erst seit den Überschwemmungen im Sommer sind die Folgen des Klimawandels auch in Deutschland virulent. Tatsächlich ist der Umbau der Energieerzeugung in vollem Gange. Zugleich haben sich Erneuerbare als eigene Assetklasse vor allem für institutionelle Investoren, zunehmend aber auch für Privatanleger etabliert – flankiert von einer Klimapolitik, die auf nationaler und europäischer Ebene die drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen anstrebt: Bis 2050 will die EU klimaneutral sein; das deutsche Klimaschutzgesetz ruft für Deutschland bereits das Jahr 2045 als Ziel aus.

Heiko Szczodrowski

Mit zunehmendem Reifegrad wachsen jedoch auch die Herausforderungen: Subventionen werden abgebaut und marktwirtschaftliche Preismechanismen für die Stromvermarktung gestärkt – in Deutschland beispielsweise durch die Umstellung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von einer pauschal festgelegten Einspeisevergütung auf ein Ausschreibungsverfahren, bei dem die Vergütungshöhe durch Preisauktionen bestimmt wird, beziehungsweise die Pflicht zur Direktvermarktung des erzeugten Stroms. Da die Stromgestehungskosten sowohl bei Windenergie als auch bei Photovoltaik in den vergangenen Jahren auf teilweise wettbewerbsfähige Niveaus gesunken sind, ist eine sukzessive Umstellung auf marktwirtschaftliche Mechanismen folgerichtig.

Nicht nur aufgrund des Green Deals der Europäischen Kommission und der anhaltenden Niedrigzinspolitik drängt immer mehr institutionelles Kapital in erneuerbare Energien und übt somit weiteren Druck auf die Margen aus – sei es bei den Ankaufspreisen der Projekte oder den in den Auktionsverfahren ermittelten Strompreisen. Für institutionelle Investoren ist es deshalb entscheidend, das Renditepotenzial einer Investition in Erneuerbare-Energien-Anlagen möglichst voll auszuschöpfen. Fünf Faktoren, die zur Renditeoptimierung eines Renewable-Investments beitragen können.

Erstens: Mit Augenmaß im Ankauf
Grobe Schnitzer im Ankauf können durch kein noch so gutes Asset Management aufgefangen werden. Im immer kompetitiveren Umfeld ist dies eine echte Herausforderung. Um den immer schnelleren Verkaufsprozessen gerecht zu werden, empfehlen sich für die wesentlichen Berater bereits feste Panels, um bei einem attraktiven Asset in eine direkte Beauftragung zu gehen und die Zeit für eine Ausschreibung zu sparen. Danach gilt es, möglichst schnell die internen und externen Ressourcen ans Laufen zu bekommen, um hier als performanter Erwerber wahrgenommen zu werden. Eine schnelle Identifikation von „yellow and red flags“ sind maßgeblich entscheidend, um eine sinnvolle Transaktion zu verhandeln oder bei nicht lösbaren Herausforderungen – auch wenn es schmerzt – im Sinne eines positiven Track-Records auszusteigen.

Zweitens: Portfolio im Blick behalten – die richtige Balance aus staatlicher Förderung, PPA und Spotmärkten
Stromerzeugern aus Erneuerbaren stehen mehrere Vermarktungsinstrumente zur Verfügung. Erstens die Netzeinspeisung gegen eine staatlich garantierte Einspeisevergütung, die aber in Deutschland mit dem Auslaufen der festen EEG-Förderung zugunsten einer verpflichtenden Direktvermarktung nicht mehr in ursprünglicher Reinform vorhanden ist. Zweitens der Abschluss fester Lieferverträge (Power-Purchase-Agreements, PPAs) mit Großabnehmern wie Industriebetrieben, Versorgern, Rechenzentren und ähnlichen. Drittens schließlich die Netzeinspeisung zum aktuellen Strompreis an den Spotmärkten, der jedoch aufgrund der fluktuierenden Erzeugung volatil ist und in der Regel negativ mit der Menge des insgesamt erzeugten Stroms korreliert.

In Summe kommt es für ein Gesamtportfolio auf die richtige Balance zwischen Einspeisevergütungen, Spotmarktransaktionen und PPAs, also einem Mix aus diesen Instrumenten an, um den optimalen Rendite-Risiko-Mix abzubilden.

Drittens: Kompetentes und aktives Asset-Management
Heutzutage werden längere Betriebszeiträume eingeplant. Umso wichtiger ist eine lückenlose Wartung. Um Wind oder Sonne möglichst jede Kilowattstunde abzuringen und somit das Stromerzeugungspotenzial voll auszuschöpfen, genügt es deshalb nicht, erst tätig zu werden, wenn irgendwo ein Problem auftaucht, oder sich blind auf Hersteller und Betriebsführer zu verlassen. Ein kompetentes, aktives und vorausschauend handelndes technisches Asset-Management ist daher notwendig, um Ausfallzeiten auf ein Minimum zu begrenzen und mögliches Optimierungspotenzial frühzeitig erkennen und heben zu können.

Das Asset Management beschränkt sich jedoch nicht nur auf die technischen Fragen. Auch in der Vertragsgestaltung mit Herstellern, Betriebsführern, Stromabnehmern, Direktvermarktern oder sonstigen Stakeholdern lassen sich immer wieder über das gesamte Portfolio hinweg Optimierungspotenziale heben. Eine tiefe Marktexpertise bei der Strukturierung und der langfristigen Steuerung der Projekte ist daher essenziell, um im Markt bestehen zu können.

Viertens: Refinanzierung optimieren und Exit im Auge behalten
Auch bei Erneuerbare-Energien-Investments wollen oder können die wenigsten Investoren auf eine Fremdfinanzierung verzichten. Häufig werden Projekte mit bereits abgeschlossenen Finanzierungen angeboten. Mit Finanzierungsexpertise können hier auch Potenziale schlummern, seien es Nachfinanzierungen, vorgezogene Neueindeckungen oder Anpassungen bei den Laufzeiten. Dies gilt es stets mit Bedacht und Blick auf das Gesamtportfolio zu prüfen und abzuwägen.

Neben den klassisch vertretenen Banken gibt es einen wachsenden Markt alternativer Fremdkapitalgeber für Erneuerbare, beispielsweise Kreditfonds, Versicherungen oder Versorgungseinrichtungen. Als guter Asset-Manager werden diese Finanzierungsquellen stets mit in Betracht gezogen und im Einklang mit der jeweiligen Investmentstrategie realisiert.

Zugleich sollte auch stets ein möglicher Exit im Auge behalten werden. Passen meine Annahmen noch? Wird gerade eine Prämie für meine im Bestand befindlichen Anlagen bezahlt? Gibt es Potenziale, die ein Dritter besser heben kann? Dies sind einige wichtige Fragen, die sich ein Asset-Manager immer stellen und dann auch die Chance ergreifen sollte. Denn der beste Track-Record sind realisierte Erfolge.

Fünftens: Neue Technologien und Repowering im Auge behalten
Wie bei allen langlebigen Wirtschaftsgütern ist es wichtig, die Weiterentwicklung der Technologien im Auge zu behalten. Mittlerweile gibt es schwimmende Photovoltaikanlagen, bei denen brachliegende Wasserflächen effizient für die Energiewende genutzt werden. Mit etwas geringerer Reife, aber stark im Kommen sind schwimmende Windkraftanlagen auf hoher See. Hier gibt es diverse Techniken, um an windreichen Standorten mit einer Wassertiefe, die eine feste Verankerung im Boden nicht zulässt, für eine „grüne“ Energieproduktion zu nutzen. Vielversprechende Pilotprojekte gibt es im Bereich der Agri-Photovoltaik, also der Kombination aus landwirtschaftlicher Nutzung und Photovoltaikanlagen auf ein- und derselben Fläche.

Generell gilt es, ab einer gewissen Reife der Technologie schnell den eigenen Risikohorizont zu erweitern. Dabei darf ein ESG-Check und insbesondere eine Prüfung des Aspekts „do no significant harm“ (DNSH) auf keinen Fall fehlen.

Große Potenziale schlummern im Ersetzen älterer Windenergieanlagen durch neue, größere und modernere Einheiten – dem sogenannten Repowering. Zwei Jahrzehnte nach dem Start des EEG gewinnt dieses Thema sukzessive an Bedeutung, denn bei immer mehr Anlagen läuft die auf 20 Jahre festgesetzte, garantierte Einspeisevergütung nun aus. Technisch veraltete Anlagen sind unter veränderten Einspeisetarifen unter Umständen oftmals nicht mehr rentabel. Zudem blockieren diese Alträder zum Teil die besten Standorte für sehr viel leistungsfähigere Anlagen. Abriss und Neubau sind deshalb oftmals das Gebot der Stunde.

Allerdings kann das Potenzial des Repowerings in Deutschland noch nicht effektiv und in großem Stil gehoben werden, da schleppende Genehmigungsverfahren ihm im Wege stehen oder ihn ganz abwürgen. Hier ist die neue Bundesregierung gefragt, wenn sie es ernst meint mit Klimaschutz und Energiewende. Mit Repowering würden bestehende Windenergiepotenziale freigesetzt, ohne dass knapper werdende neue Standorte gesucht werden müssten. Tut sich nichts, droht Altanlagen der ersatzlose Abriss. Wann sich Repowering in großem Stil lohnt, hängt nicht zuletzt von der neuen Bundesregierung ab.

Fazit: Früher in die Wertschöpfungskette einsteigen
Diese Chancen bieten sich jedoch nur Asset-Managern mit Erfahrung und positivem Track-Record. Ein früherer Einstieg in die Wertschöpfungskette erhöht das Renditepotenzial, doch dabei ist ein klarer Blick auf die damit einhergehenden Risiken wichtig. Hier gilt es, mit einem effizienten Risikomanagement sowie Expertise der handelnden Spezialisten hinreichend nah am Geschehen zu sein, ohne den Projektentwicklungspartner von seinen Kernkompetenzen und der Erreichung der Ziele abzuhalten oder davon, für den Investor ein Renditeplus zu generieren.

Erneuerbare-Energien-Anlagen stellen auch unter veränderten Bedingungen weiterhin eine attraktive Assetklasse dar – und das ist auch notwendig, denn ohne die Mobilisierung privaten Kapitals werden die ambitionierten Klimaziele nicht zu erreichen sein. Die Professionalität des Asset-Managers und die Größe seines Portfolios sind Kriterien, die dazu beitragen können, diese Faktoren in die Tat umzusetzen und keine Marktentwicklung zu verpassen.

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*) Heiko Szczodrowski, Global Head of Product Management Institutional Clients, Commerz Real