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Kommentar: Plattforminvestments als Booster für Erneuerbare-Energie-Investments

Wegen der Renditekompression bei klassischen Investments in Erneuerbare-Energie-Infrastruktur engagieren sich Investoren vermehrt in früheren Projektphasen. Mit Plattforminvestments beschleunigen sie den Portfolioaufbau, erhöhen die Diversifikation und steigern auch das Renditepotenzial erheblich.

Carsten Haubner

Der nachhaltige Umbau der Wirtschaft verlangt gewaltige Anstrengungen. Um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, muss nach Schätzungen von BloombergNEF bis 2050 weltweit jährlich mindestens eine Billion Dollar in den Ausbau der Erneuerbaren Energien investiert werden.

Investoren haben dieses Potenzial erkannt und drängen seit Jahren in den Markt der Erneuerbaren Energie. Dieser ist deshalb in den letzten Jahren immer kompetitiver geworden. Insbesondere der Zubau an Wind- und Solarenergiekapazitäten hinkt, unter anderem wegen langsamer Genehmigungsverfahren, in ganz Europa der wachsenden Nachfrage hinterher. Deshalb steigen die Preise für baureife oder in Entwicklung befindliche Erneuerbare-Energie-Assets, und die Renditen gehen zurück.

Das beschleunigt eine Entwicklung, die schon seit einiger Zeit zu beobachten ist: Investoren engagieren sich immer häufiger bereits in frühen Phasen des Projektzyklus. Diese versprechen höhere Risikoprämien, die unter anderem in der Übernahme von Entwicklungsrisiken begründet liegen. Insgesamt sind die Renditeerwartungen bei Greenfield-Investments in Erneuerbare-Energie-Infrastruktur deutlich höher als bei fortgeschrittenen oder fertiggestellten Projekten.

Da der Aufwand für die Prüfung eines einzelnen Investments hoch ist, streben institutionelle Investoren verstärkt sogenannte Plattforminvestments an. Dabei beteiligt sich der Investor nicht an einem einzelnen Projekt, sondern an einem kompletten Portfolio von Projekten eines einzelnen Projektentwicklers – oder er beteiligt sich direkt am Projektentwickler. Mit einer einzigen Transaktion erhält er so Zugang zu einer ganzen Palette von Projekten. Deren Prüfung fällt deutlich weniger aufwendig aus, da die unterschiedlichen Projekte eines Entwicklers unter vergleichbaren Standards erworben werden und somit eine ähnliche Qualität aufweisen. Neben wesentlich niedrigeren Transaktionskosten profitiert der Investor damit auch von einem Diversifikationseffekt, da ein Scheitern einer kompletten Entwicklungspipeline deutlich weniger wahrscheinlich ist als das singuläre Scheitern einer einzelnen Projektentwicklung. Zusätzlich entsteht ein Zeitvorteil: Mit nur einer Transaktion erhält der Investor Zugang zu einem breit diversifizierten Projektportfolio, dessen Aufbau mittels Einzeltransaktionen normalerweise Jahre dauern würde.

Auch bei den Entwicklern nimmt das Interesse an Plattformdeals mit Investoren zu. Denn um ihre Projekte zu realisieren, benötigen sie immer mehr Kapital. Der Druck wird durch den Regulator verstärkt, der zunehmend verlangt, dass genehmigte Projekte mit Garantieleistungen unterlegt werden, um eine zeitnahe Umsetzung sicherzustellen. Während ein Projektentwickler aus eigener Kraft daher nur eine begrenzte Anzahl von Projekten gleichzeitig verfolgen kann, kann er mit einem starken Eigenkapitalpartner die Schlagzahl deutlich steigern.

Weitere Vorteile für den Entwickler verdeutlichen, dass Plattforminvestments eine Win-Win-Situation schaffen. So kann der Investor Projekte nach Erreichen der Baureife übernehmen und sich um Fertigstellung und Betrieb kümmern. Für den Entwickler, der seine Hauptkompetenz in der Projektentwicklung sieht, bedeutet das einen gesicherten Abverkauf seines Produkts und damit eine Ressourcenoptimierung. Ein großer und erfahrener Investor kann dem Entwickler zudem Ressourcen, Know-how und Kontakte zur Verfügung stellen, die dessen Wachstum und Profitabilität fördern können. Dazu zählen unter anderem Skaleneffekte beim Einkauf von Komponenten, Kontakte zu Fremdkapitalgebern, die Ausgestaltung von Energievermarktungsstrategien zum Beispiel mittels PPAs oder die Unterstützung bei der Erschließung neuer regionaler Märkte.

Ein Plattforminvestment kann entweder durch eine direkte Eigenkapitalbeteiligung am Entwickler umgesetzt werden oder über Gründung eines Joint Ventures. In beiden Fällen umfasst die Vereinbarung ein bestimmtes Megawatt-Ziel, das sich an der Kapazität des Entwicklers orientiert. Joint Ventures werden grundsätzlich mit unbegrenzter Lebensdauer gegründet, jedoch können nach Ablauf einer Lockup-Frist Möglichkeiten zur Beendigung vereinbart werden.

Für den Investor ist der Nutzen aus einem Plattforminvestment umso größer, je risikoärmer die Plattform ist. Als Partner kommen daher in der Regel nur etablierte Entwickler infrage, die über ein erfahrenes Team verfügen und einen guten Track Record vorweisen können. Idealerweise haben beide Seiten zuvor bereits im Rahmen von Einzelinvestments zusammengearbeitet und sich so kennengelernt.

Meist fordert der Investor einen Mehrheitsanteil an dem Gemeinschaftsunternehmen. Damit stellt er sicher, dass er wichtige strategische Entscheidungen bestimmt. Dabei geht es dem Investor um die Sicherung der Werthaltigkeit seines Investments. Direkten Einfluss auf das operative Geschäft strebt er in der Regel nicht an.

Frühphaseninvestments sind mit Risiken verbunden, die bei der Beteiligung an einem fertig entwickelten Projekt nicht auftreten. So können Einsprüche von Anwohnern und Klagen von Umwelt- und Naturschutzverbänden ein Projekt in der Entwicklungsphase stark verzögern oder sogar verhindern. Auch bei einem Plattforminvestment sind solche Risiken zu berücksichtigen, sie lassen sich aber durch andere Projekte auf der Plattform wirtschaftlich ausgleichen, was bei einem Einzelinvestment nicht möglich ist. Mit einem Plattforminvestment erhält ein Investor Zugang zu einem nach verschiedenen Reifegraden diversifizierten Projektportfolio. Weitere Plattforminvestments, ergänzt durch ausgewählte Einzelengagements in Greenfield-Projekte, können für zusätzliche Diversifizierung etwa nach Regionen, Energiequellen oder Technologien sorgen und die Risiko-Rendite-Struktur des Portfolios weiter verbessern.

Während Investoren in Erneuerbare-Energie-Infrastruktur bei Plattforminvestments mit deutlich zweistelligen Renditen kalkulieren, sind die Renditeerwartungen für baureife oder im Betrieb befindliche Anlagen heutzutage einstellig. Dennoch beinhaltet das optimale Infrastrukturportfolio beides, um ein ausgewogenes Risiko-Ertrags-Profil zu generieren. Die Basis bildet ein Grundstock an risikoarmen Projekten, je nach Risikoneigung ergänzt durch Plattforminvestments und ausgewählte einzelne Frühphasen-Projekte.

Plattforminvestments haben stark an Bedeutung gewonnen, wie an einer Reihe großer Transaktionen zu erkennen ist. Aufgrund der Vorteile, die die Konstruktion beiden Seiten bringt, dürfte es in Zukunft immer mehr solcher Deals geben.

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*) Carsten Haubner, Portfoliomanager Sustainable Infrastructure bei KGAL