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„Aufgrund der Wohnungsknappheit in den USA können die Mieter derzeit nicht sehr preissensibel sein“

IPE D.A.CH-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Martin Stoß, Geschäftsführer BVT Holding und verantwortlich für das US-Geschäft, über die aktuellen Einflüsse auf den US-Immobilienmarkt und was gerade Wohnimmobilien in den USA auch im aktuellen Umfeld stark macht. Die BVT Unternehmensgruppe baut sogenannte Class-A-Wohnanlagen an verschiedenen Standorten in den USA und verkauft diese nach Fertigstellung und Vermietung an institutionelle Anleger wie Pensionsfonds oder Family Offices.

Martin Stoß

IPE D.A.CH: Wie lässt sich der US-amerikanische Mietmarkt derzeit grundsätzlich charakterisieren?
Stoß: Grundsätzlich ist zu sagen, dass die USA demographisch weiterwachsen, was zu einem erhöhten Bedarf an Mietwohnungen führt. Gleichzeitig verkaufen derzeit bei den hohen Immobilienpreisen viele Best-Ager ihr Eigenheim und ziehen in eine Class-A Apartmentanlage, Jüngere können sich aufgrund der gestiegenen Finanzierungskosten derzeit kein Eigenheim leisten und mieten ebenfalls stattdessen. Das alles zusammen stützt die langfristige Mietnachfrage. Die rund 1,3 Mio. Einheiten, die pro Jahr neu gebaut werden, decken aber gerade einmal das Bevölkerungswachstum ab. Schätzungen gehen aber von bis zu 6 Mio. fehlenden Wohnungen im Jahr 2030 aus. Da gilt es viel zu bauen!

IPE D.A.CH: Und wie wählen Sie die Investitionsstandorte aus?
Stoß: Makrogeografisch fokussiert sich die Residential-Serie auf metropolennahe, exzellent angebundenen US-Standorten mit guten demografischen und wirtschaftlichen Perspektiven, etwa in den Großräumen Boston, Washington, D.C., Atlanta, Orlando und den Staaten des Sunbelts– und damit auf ein Segment, das sich einer hohen Nachfrage erfreut. Bei der Mikro-Standortwahl nimmt das Senior Management der BVT jedes Grundstück vor Ankauf, die Mikro- und Makrolage, sowie Vergleichsobjekte in Augenschein. Unsere Mitarbeiter in den USA erstellen, basierend auf der langjährigen Erfahrung und der eigenen Expertise im US-Markt, eine objektbezogenen Marktstudie. Hier fließen auch die aktuellen Marktdaten der führenden Immobiliendatenbanken ein. Unsere Mitarbeiter und zusätzliche externe Spezialisten überprüfen unter anderem die Mietansätze, die Vermietungsquoten sowie den Qualitätsstandart von Vergleichsobjekten.

IPE D.A.CH: Gefühlt spricht die ganze Anlegerwelt über Inflation und steigende Zinsen. Welchen Einfluss hat das auf Ihr Geschäft?
Stoß: Schön- oder wegzureden sind die steigenden Finanzierungskosten sicherlich nicht, wohl aber in den Kontext einzuordnen. Da wir mit der Residential-Serie frühzeitig in Projektentwicklungen von Class-A-Wohnimmobilien investieren und die Anlagen nach erfolgter Vorvermietung innerhalb einer kurzen Haltedauer weiterveräußern, stellen die steigenden Zinsen für das Konzept auf der Herstellungs- und auf der Vermietungsseite ein kalkulierbares Risiko dar, zumal wir maximal 60% Fremdkapital einsetzen. Die Zinsentwicklung begünstigt die Residential-Serie bei der Mietnachfrage, als dass viele Eigenheimbesitzer und potenzielle Wohneigentumskäufer sich ihr Haus oder ihre Wohnung bei den gestiegenen Finanzierungskosten schlichtweg nicht mehr leisten können und so eher mieten statt kaufen. Um die Zinsen kalkulierbar zu machen, arbeiten wir selbst im Underwriting mit konservativen Annahmen hinsichtlich der zukünftigen Zinsentwicklung, basierend auf aktuellen Interest Forward Kurven, halten grundsätzlich angemessene Zinsreserven im Development Budget vor bzw. sichern das Zinsrisiko über Zinssicherungsinstrumente ab.

IPE D.A.CH: Und wie sieht es auf der Verkaufsseite aus? Bremsen die hohen Zinsen die Kaufinteressenten aus?
Stoß: Der Markt für neue Class-A-Apartmentanlegen mit stabilen Cashflows ist bei unter Anlagedruck leidenden Investoren nach wie vor hoch. Mit den Projektentwicklungen „Narcoossee Cove“, „Maitland“, „Lake Linganore“ und „Tempo“ haben wir im Jahr 2021 insgesamt vier Apartmentanlagen mit insgesamt 1.282 Apartments für rund 500 Mio. US-Dollar verkauft. Bei einer durchschnittlichen Haltedauer von 38 Monaten lag die erzielte durchschnittliche Verzinsung für die Investoren dabei bei respektablen 21% p. a., wobei Ergebnisse der Vergangenheit natürlich kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse sein können. Bei unseren aktuellen Verkäufen sehen wir aufgrund der Zinserhöhungen der FED – wie nicht anders zu erwartet - in der Tat rückläufige Multiplikatoren, die aber immer noch deutlich über unseren prognostizierten Verkaufsszenarien liegen. Wie gesagt, das Interesse an qualitativ hochwertigen und gut gelegenen Wohnanlagen ist nach wie vor hoch.

IPE D.A.CH: Die FED erhöht weiter die Zinsen, um die Rekord-Inflation in den Griff zu bekommen. Wie beeinflusst die hohe Inflation die Residential-Projektentwicklungen?
Stoß: Natürlich bringt die Inflation eine gewisse Preissteigerung mit sich. Kostentreiber bei den aktuellen Bautätigkeiten sind aber eher die Preise der Baumaterialien und die Lieferkettenproblematik. Der Holzpreis hat sich aber zum Glück nach seinen spekulativen Preiseskapaden im Februar/März dieses Jahres mittlerweile wieder auf ein normales Niveau eingependelt. Natürlich sichern wir uns im Vorfeld jeder Projektentwicklung auch bei den Preisen ab und kalkulieren mit entsprechenden Risikopuffern eher konservativ. Aktuell befinden sich neun Projekte in verschiedenen Fertigstellungsgraden im Bau, die sich, dank auch unserer konservativen Kalkulation, voll im Kostenplan befinden.

IPE D.A.CH: Die Inflation trifft aber nicht nur Sie als Developer, sondern auch Ihre potenziellen und aktuellen Mieter. Die steigenden Lebenshaltungskosten müssten doch das Mietbudget verringern?
Stoß: Aufgrund der Wohnungsknappheit in den USA können die Mieter derzeit nicht sehr preissensibel sein. Außerdem verfügen die potenziellen Mieter in den Class-A-Wohnanlagen über ein überdurchschnittliches Einkommen, so dass ihnen die Inflation nicht so zu schaffen macht, wie Mietern mit geringerem Einkommen. Ebenfalls kann gesagt werden, dass diese Einkommensgruppe in den vergangenen 3 Jahren auch die höchsten Einkommenszuwächse verzeichnen konnte. Das belegen die Zahlen. In den letzten 10-12 Monaten haben wir in den Vermietungsobjekten Preissteigerungen von rund 10% gesehen. In einem Objekt in Orlando kam es von Januar bis Juli sogar zu einer Steigerung von 16%. Und diese Preise können und werden bezahlt, wie die hohen Vorvermietungsquoten belegen.

IPE D.A.CH: Sie setzen bei der Residential Serie auf Class-A-Multi-Family Projektentwicklungen, die nach nur geringer Haltedauer weiterveräußert werden. Ist die Investition in Projektentwicklung nicht riskanter als die Investition in Bestandsobjekte?
Stoß: Wir sehen eher auf das Chance-/Risikoverhältnis. Wer früh in den Projektentwicklungsprozess einsteigt, kann auch stärker von der Wertschöpfungskette profitieren. Dabei setzten wir selbstverständlich auf ein ausgefeiltes Risikomanagement-System, so dass der Anleger lediglich in den planbaren und in der Realisierung in einen im großen Maße abgesicherten Bereich investiert. Expertise und Planung bzw. Research sind bei Projektentwicklungen die Schlüssel zum Erfolg. Dabei gilt es die richtigen Standorte zu finden und mit starken Partnern gemeinsam das Projekt zu realisieren. Mit den meisten unserer Partner arbeiten wir seit Jahren erfolgreich zusammen. Die Partner bringen übrigens selbst Eigenkapital mit in die Entwicklungen ein, so dass sie genau wie wir an der schnellen Realisierung und einem gewinnbringenden Verkauf der Anlagen interessiert sind.

IPE D.A.CH: Was passiert, wenn es wider Erwarten doch zu Mietpreisabschlägen kommt?
Stoß: Kurzfristige Dellen in dem ansteigenden Trend sollten den Projekterfolg nicht gefährden. Für uns ist die langfristige Entwicklung des Mietmarktes ausschlaggebend. Das ist der entscheidende Hintergrund für den späteren Verkauf an institutionelle Kapitalanleger im Anschluss an Fertigstellung und Vermietung der Projekte. Gleichzeitig ist die sichere Vermietung die zweite Verteidigungslinie der Projektentwicklung. Sie gibt uns die Zeit, auf wirtschaftliche Sondersituationen wie z. B. die Finanzkrise, die Pandemie oder jetzt die hohe Inflation gepaart mit den steigenden Zinsen, zu reagieren. Zudem stellen wir auch jetzt wieder fest: In der Krise bleiben Wohnungen der Safe Haven.

IPE D.A.CH: Auch wenn der Blick in die Zukunft derzeit besonders schwierig ist. Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung des Marktes für Class-A- Multi-Family Developments ein?
Stoß: Der Bau neuer Wohnungen ist wegen der Wohnungsknappheit von hoher Bedeutung für die Politik, die Wirtschaft und die Bevölkerung. Es gibt aktuell eine hohe Nachfrage an guten Projekten am Markt. Diese kann aufgrund der Knappheit von fertig gestellten Projektentwicklungen durch den Covid-19 Projektstau nur schwer befriedigt werden. Hinzu kommt, dass einerseits viele private Hauseigentümer die hohen Hauspreise genutzt haben, um ihre Immobilien zu verkaufen, andererseits auch vermögendere potenzielle Käufer Eigentum aufgrund der gestiegenen Zinsen nicht finanziert bekommen. Beides führt zu einer Erhöhung der Nachfrage bei Class-A Mietwohnungen. Auf der Anlegerseite resultieren aus der hohen Nachfrage deutlich gestiegene Mietpreise, sodass die Voraussetzungen, stabile und attraktive Renditen aus Mietwohn-Investments zu generieren, nach wie vor gegeben sind. Aus meiner persönlichen Erfahrung als langjähriger Portfolio Manager heraus kann ich sagen, dass die Asset-Klasse Multi-Family Development bei den von mir in der Vergangenheit gemanagten US-Immobilienfonds mit gemischten Nutzungsarten die Fondsperformance auf Einzelobjektebene regelmäßig übertroffen hat. Aufgrund der kurzen Mietvertragslaufzeiten von nur einem Jahr beinhaltet Multi-Family - im Gegensatz zu Büroimmobilien bzw. Einzelhandel - auch eine gute Inflationsabsicherung. Kurzfristig mag es hier - wie wahrscheinlich bei allen Assetklassen – zu kleinen Dellen kommen, langfristig sehen wir aber einen deutlichen Nachfrageüberhang und insbesondere im Class-A Sektor einen stabilen, hohen Cash-flow.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese umfassenden Einblicke.

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Martin Stoß verantwortet als einer der Geschäftsführer den Bereich Immobilien USA bei der Münchner BVT Holding Verwaltungs GmbH und befasst sich insbesondere mit der Entwicklung neuer institutioneller Produkte, die über Luxemburg strukturiert werden. Vor dem Wechsel zur BVT war Herr Stoß langjährig bei der PGIM Real Estate Luxemburg S.A. in Luxemburg als auch der PGIM Real Estate Germany AG in München, als Executive Director Portfoliomanagement tätig. Er verantwortete hier die Konzeption und das Management geschlossener Immobilienfonds für institutionelle Anleger auf dem europäischen, asiatischen und US-amerikanischen Markt und war zudem mit den damit verbundenen regulatorischen Prozessen betraut. Die BVT Unternehmensgruppe mit Sitz in München und Atlanta sowie Büros in Berlin, Köln, Boston und Orlando erschließt als bankenunabhängiger Asset Manager seit über 45 Jahren deutschen Privatanlegern und institutionellen Investoren die vielfältigen Chancen internationaler Sachwertinvestitionen. Im Fokus stehen die Bereiche Immobilien USA und Deutschland, die Assetklassen Energie und Infrastruktur sowie Private Equity. Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 7,4 Mrd. Euro und rund 80.000 Anlegern seit Gründung zählt die BVT in Deutschland zu den erfahrensten Anbietern im Bereich der geschlossenen Beteiligungskonzepte. Mit der derigo GmbH & Co. KG verfügt die BVT-Gruppe über eine eigene Kapitalverwaltungsgesellschaft im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB).