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„Anlagen in Kryptoassets sind mittlerweile auch ein institutionelles Thema“

Martin Schmidt von Postera Capital gilt als ausgewiesener Experte im Segment der Kryptoassets. In seinem Vortrag anlässlich des 166. Hedgeworks befasste er sich mit der Frage, inwieweit institutionelle Investoren das Thema bereits aufgenommen haben und inwiefern die Anlageklasse bereits genutzt wird.

Martin Schmidt

Hedgework: Nach dem Hype um den Jahreswechsel 2017/18 stürzten die Kurse von Bitcoin und Co. ab, viele Anleger sagten deren Ende voraus. 2019 haben sich die Kurse jedoch wieder deutlich erholt. Was hat sich seitdem geändert?
Schmidt: Nach dem großen Hype wurde es in der Öffentlichkeit erst mal recht ruhig um das Thema Blockchain und Kryptoassets. Die Branche selbst hat sich aber stetig weiterentwickelt: Entwickler, Start-ups und auch ein paar große Unternehmen haben im letzten Jahr gute Arbeit geleistet. Diese in Branchenkreisen „Krypto-Winter“ genannte Zeit wurde genutzt, um Projekte und Produkte weiterzuentwickeln. Die Kursentwicklung in einem so jungen Markt, wie in dem für Kryptoassets, ist immer ein Stück weit spekulativ, es gibt Über- und Untertreibungen. Die jüngsten Kursanstiege reflektieren jedoch auch die Fortschritte, die die gesamte Krypto-Branche im letzten Jahr gemacht hat.

Hedgework: Was sind Beispiele für die von Ihnen genannten Fortschritte im Kryptosegment?
Schmidt: Zunächst mal gab es Fortschritte bei den Kryptoassets selbst. Im Bitcoin-Umfeld beispielsweise wurde das sogenannte Lightning-Netzwerk, das schnelle und günstige Zahlungen ermöglicht, maßgeblich weiterentwickelt. Sehr wichtig war auch, dass renommierte Vermögensverwalter wie Fidelity ganz konkrete Pläne vorgestellt haben, um ihren Kunden den Kauf und die Verwahrung von Kryptoassets wie Bitcoin oder Ether zu ermöglichen. In Deutschland ist beispielsweise die Börse Stuttgart sehr aktiv. Weitere Anbieter wie das Start-Up Coindex stehen in den Startlöchern, hier geht es um eine indexbasierte Anlage in ein gestreutes Kryptoportfolio für Privatanleger.

Hedgework: Auch bei Kryptoassets bestimmt sich der Kurs aus Angebot und Nachfrage. Die Kursanstiege zeigen, dass die Nachfrage gestiegen sein muss. Woher kommt die Nachfrage?
Schmidt: Derzeit sehen wir eine steigende Nachfrage insbesondere beim Bitcoin, dem „Leit-Asset“ des Krypto-Universums. Dies hat verschiedene Gründe: Einerseits hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Kryptoassets auch nach dem Hype Ende 2017 nicht plötzlich wieder verschwinden. Für viele Anleger, die erstmals in Kryptoassets investieren, ist Bitcoin das erste logische Investment in diesem Bereich. Dies gilt insbesondere für institutionelle Anleger. Fördernd wirkt aber auch die Unsicherheit der aktuellen Geldpolitik. Viele Anleger bewerten die Strategien der Zentralbanken kritisch und suchen Möglichkeiten, Mittel abseits der traditionellen Märkte zu investieren. Bitcoin profitiert hiervon als alternative Möglichkeit der Wertspeicherung und wird quasi als Hedge gegen eine nicht nachhaltige Geldpolitik genutzt. Darüber hinaus entwickeln sich auch die Anwendungs-Szenarien.

Hedgework: Was meinen Sie damit?
Schmidt: Der Einsatz von Smart Contracts in vielen Bereichen der Wirtschaft basiert zum Beispiel auf der Ethereum-Blockchain. Jeder Einsatz solcher Smart Contracts erhöht die Nachfrage nach dem Ether-Token, das wirkt unterstützend für den Kurs. Auch Anwendungen auf Basis der Stellar-Blockchain oder innerhalb des Ripple-Bankenkonsortiums sind positiv für die Kurse der entsprechenden Token.

Hedgework: Ist das inzwischen auch ein institutionelles Thema?
Schmidt: Ja, wir spüren ein deutlich steigendes Interesse. Wesentlich dafür ist, dass sich die Branche professionalisiert hat. Mittlerweile gibt es Produkte, die institutionellen Ansprüchen gerecht werden. Allerdings sollten Investoren genau hinschauen, denn die Investment-Infrastruktur hat oftmals noch nicht den Reifegrad, den Investoren aus anderen Anlageklassen kennen. Leider ist es auch so, dass viele Banken und Vermögensverwalter noch zögern, einen Krypto-AIF zu empfehlen, obwohl regulatorisch und technisch nichts dagegenspricht. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig.

Hedgework: Regulierung ist ein gutes Stichwort. Gibt es hier Rückenwind von den Aufsichtsbehörden?
Schmidt: Auf der einen Seite ist es positiv, dass sich BaFin, Bundesbank, ESMA und andere mittlerweile intensiv mit Kryptoassets beschäftigen. Hier bewegt sich etwas, das war lange Zeit anders. Auch vom Gesetzgeber gibt es endlich Bewegung, die Bundesregierung hat erste gesetzliche Regelungen angekündigt, um die Ausgabe von Wertpapieren auf Basis der Blockchain-Technologie zu erleichtern. Allerdings wird in den meisten Fällen versucht, die Anwendung der Blockchain-Technologie in alte „Denkmuster“ zu packen. Dann sind viele Kompromisse nötig, um eine dezentrale, auf verschlüsselten, verteilten Datenpaketen basierende Technologie in Prozesse zu packen, die zentral ausgerichtet sind und starke „Aufpasser“ benötigen. Aber gut ist auf jeden Fall, dass die Diskussion in Gang gekommen ist.

Hedgework: In Deutschland bietet Postera Capital seit 2018 den Postera Fund – Crypto I an, den ersten regulierten Krypto-Fonds für (semi-)professionelle Anleger. Wie hat sich der Fonds in dem sehr volatilen Umfeld geschlagen?
Schmidt: Der Fonds hat sich seitdem im Marktvergleich positiv entwickelt. Der Start des Fonds inmitten des größten Bärenmarktes der Kryptogeschichte war sehr herausfordernd, in den ersten Monaten stand die Risikoreduktion im Fokus. Seit Frühjahr 2019 ist es jedoch die Nutzung der Chancen am aktuellen Aufschwung des Kryptomarktes. Das aktive Fondsmanagement mit Steuerung der Cashquote und die Auswahl der investierten Token hat zu einer niedrigeren Volatilität und somit zu einer besseren risikoadjustierten Rendite als im Vergleichsmarkt geführt. Daher sind wir mit dem Start zufrieden. Wir mussten ja viel Pionierarbeit leisten, von der Diskussion mit der Regulierungsbehörden, über das Setup mit der Token-Verwahrung, bis hin zur Anlagestrategie.

Hedgework: Welche Rolle könnten Kryptoassets in einem professionellen Portfolio spielen?
Schmidt: Aus unserer Sicht sollten Kryptoassets mittlerweile fester Bestandteil einer professionellen Portfolioallokation sein. In Deutschland ist das noch nicht Standard, international wird das jedoch zunehmend so gesehen. Wegen ihrer hohen Volatilität werden Kryptoassets im Regelfall zwar nur als Beimischung in Frage kommen. Aufgrund ihrer geringen Korrelation zu anderen Assetklassen, ihrer Liquidität und der Renditechancen sind sie jedoch eine ernst zu nehmende alternative Anlageform. Wir plädieren für eine langfristige Perspektive auf Kryptoassets. Natürlich können Anleger die hohe Volatilität auch für kurzfristige Spekulationen nutzen. Aus unserer Sicht sind Kryptoassets jedoch gerade für einen längerfristigen Anlagehorizont interessant, da man in eine Zukunftstechnologie investiert. Wenn man von der langfristigen Wertentwicklung überzeugt ist, kann man mit der kurzfristigen Volatilität gut leben.

Hedgework: Herr Schmidt, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Joachim Althof

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*) Martin Schmidt ist Partner der Postera Capital GmbH, eines Beratungs- und Beteiligungsunternehmens im Bereich Blockchain und Kryptoassets mit Sitz in Düsseldorf.

Postera Capital ist eine Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Düsseldorf, die auf Investmentmöglichkeiten in Kryptoassets spezialisiert ist. Dabei liegt der Fokus auf der Finanzanalyse und der Bewertung von Kryptoassets für professionelle Investoren. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung von Anlagestrategien und strukturierten Investmentprozessen im Bereich Kryptoassets.