Foundation | Welcome

Menu


„Es gibt in Liechtenstein sehr viele Family Offices und Stiftungen, die sich seit Jahrzehnten mit der Verwaltung und Strukturierung der verschiedensten Assetklassen auf allen Kontinenten beschäftigen“

Finanzplatz Liechtenstein – Asset Management, Fondsauflage und der Liechtenstein Weg. Markus Hill* sprach für IPE D.A.CH mit David Gamper, LAFV Liechtensteinischer Anlagefondsverband, über Themen wie Diversifikation, Digitalisierung, ESG, Family Offices, Kryptoassets, CAT Bonds, Immobilien und Mezzanine-Finanzierungen. Interessant waren zusätzlich die Informationen zu Innovationskraft und Rating des Standortes, abgerundet wurde das Gespräch durch einen interessanten Hinweis zu Liechtenstein, Ernährung und Wandern.

David Gamper

IPE D.A.CH: In welchen Assetklassen werden in Liechtenstein derzeit besonders viele Fonds aufgelegt?
Gamper: Im Gegensatz zu den Domizilen Luxemburg und Irland, wo die großen Asset Manager dominieren, ist der Fondsplatz Liechtenstein auf Private Label Fonds spezialisiert. Das gesamte Ökosystem ist darauf ausgerichtet und auch beim Verband ist es das Hauptthema. Ganz typisch dafür ist, dass es keine besonderen Schwerpunkte gibt, sondern die Assetklassen sehr breit gestreut sind. Es ist eben ein Standort für Boutiquenfonds. Eines ist allerdings sehr auffällig, es werden viele nachhaltige Fonds aufgelegt. Immer mehr Fondsinitiatoren legen Wert darauf, dass Ihre Produkte als sogenannte hellgrüne (Art. 8 Offenlegungsverordnung) oder dunkelgrüne Produkte (Art. 9 Offenlegungsverordnung) eingestuft werden. Es wird immer deutlicher erkennbar, dass Nachhaltigkeit keine Nische mehr ist, sondern Mainstream. Das ist gut für die heimische Fondsbranche, denn Liechtenstein ist aus meiner Sicht in Bezug auf Nachhaltigkeit schon relativ weit fortgeschritten.

IPE D.A.CH: Wodurch erklären Sie sich diese breite Diversifizierung bei den Assetklassen?
Gamper: Ausgangspunkt für die breite Diversifizierung bei den Assetklassen ist das breitgefächerte Know-how. Es gibt in Liechtenstein sehr viele Family Offices und Stiftungen, die sich seit Jahrzehnten mit der Verwaltung und Strukturierung der verschiedensten Assetklassen auf allen Kontinenten beschäftigen. Dieses Wissen ist natürlich auch in den anderen Finanzsektoren und bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) vorhanden. Dazu kommt, dass man sich auch mit neuen Assetklassen beschäftigt, wenn das vom Kunden gewünscht wird. Das gilt sowohl für die Marktteilnehmer als auch für den Regulator. Gerade individuelle Lösungen sind eine Stärke des Finanzplatzes. Als Beispiel seien hier nur die Kryptoassets genannt. Immerhin wurde der erste Fonds dieser Art vor über drei Jahren in Liechtenstein gegründet und es gibt schon ein sehr gut ausgebildetes Ökosystem für diese Fondskategorie. Es gibt auch bereits Fondsanteile auf Tokenbasis. Auch bei anderen Assetklassen, die eher Randthemen sind, aber oft eine niedrige Korrelation zu den traditionellen Anlageprodukten haben, sind viele Fondsinitiatoren erstaunt, mit welchem Fachwissen an gewisse Themen herangegangen wird, weil die Erfahrung bereits vorhanden ist.
Ein markantes Merkmal Liechtensteins ist generell die liberale Grundeinstellung. Auch bei der FMA ist man im Gegensatz zu der restriktiven Einstellung anderer Länder offen für Neues, aber verbunden mit der notwendigen Sorgfalt. Ein Fondsinitiator hat es einmal folgendermaßen ausgedrückt: ‚Liechtenstein als Fondsstandort ist aus unserer Sicht sehr innovationsfreudig, gleichzeitig aber sehr solide aufgestellt. Diese Kombination haben wir gesucht.‘
Die Kombination aus Innovation, Erfahrung und liberaler Einstellung führt dazu, dass hier auch Fondsprojekte umgesetzt werden, die nicht alltäglich sind. Dazu gehören unter anderem Kryptoassets und Trendfolgestrategien auf Kryptoassets, CAT Bonds, Physische Edelmetalle sowie Mezzanine-Finanzierungen. Letztere stellen eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital dar und dienen als Eigenkapitalersatz für Immobilienentwickler. Setzt dieser neben seinem Eigenkapital auch Mezzanin-Kapital ein, so kann er seinen Eigenkapitaleinsatz reduzieren und mit den freiwerdenden Mitteln weitere Projekte finanzieren.

IPE D.A.CH: Welche anderen Themen beschäftigen den Verband derzeit?
Gamper: Eine möglichst kurze ‚Time to Market‘ ist eine zunehmende Anforderung von Fondsinitiatoren und gleichzeitig eine der größten Stärken des Fondsdomizils Liechtenstein. Kürzlich hat mir ein Fondsinitiator mitgeteilt, bei ihm hätte der ganze Prozess vom Erstkontakt bei der Fondsgesellschaft, bis zum zugelassenen Fonds, einen Monat gedauert. Das ist schon extrem schnell, da hat die Fondsgesellschaft mit Höchstgeschwindigkeit gearbeitet, was sicher nicht immer möglich ist. Aber nichtsdestotrotz ist die ‚Time to Market‘ in Liechtenstein für einen regulierten Fonds sogar kürzer als bei unregulierten Fonds in anderen Jurisdiktionen. Allerdings arbeiten wir auch laufend an der Optimierung der Prozesse.
Als Verband informieren wir über den Finanz- und Fondsplatz Liechtenstein. Für den Herbst planen wir mit den Bankenverband und dem Verein unabhängiger Vermögensverwalter Roundtable Gespräche in Düsseldorf und München. Neben den Möglichkeiten am Finanzplatz informieren wir immer wieder darüber, dass Liechtenstein europäisches Recht und somit auch Fondsrecht übernimmt, bezüglich Steuerkonformität und Transparenz seit 2015 die gleiche Einstufung wie Deutschland hat und die FMA Liechtenstein Vollmitglied in den europäischen Aufsichtsbehörden ist. Fakten, die oftmals noch nicht bekannt sind. Nächstes Jahr ist dann, sofern es die Lage zulässt, ein größeres Event in Frankfurt geplant. Immer aktuell ist das Thema Steuern. So haben wir kürzlich ein Steuerinformationsblatt für deutsche, österreichische und Schweizer Anleger in liechtensteinische Fonds erstellen lassen.
Wir investieren auch in die Weiterbildung im Fondssektor. Die Schwerpunkte liegen derzeit im Bereich von Nachhaltigkeit und Compliance. Neben der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung war die Einhaltung internationaler Sanktionen Thema der letzten Workshops. Gerade der letzte Punkt ist im Fondsbereich viel tiefgründiger als es auf den ersten Blick zu sein scheint.
Wir sind gerade in der Startphase eines Digitalisierungsprojektes, um die Datenlieferung und Datenaufbereitung für unsere Fonds zu optimieren. Einer der Gründe ist die steigende Nachfrage von Datenprovidern, da das Interesse an liechtensteinischen Fonds zunimmt. In Liechtenstein haben wir die einmalige Situation, dass der Interessenverband per gesetzlichem Auftrag, das offizielle Publikationsorgan ist. Somit findet man alle relevanten Informationen über die hier ansässigen Fonds auf der Webseite des LAFV.

IPE D.A.CH: Jenseits der Fondsbranche - gibt es andere Felder, bei denen sich in Liechtenstein viele interessante Dinge entwickeln?
Gamper: Einer der aktivsten Bereiche ist wohl die Blockchain Technologie. Liechtenstein hat ja als erstes Land umfassende gesetzliche Regelungen und damit Rechtssicherheit geschaffen. Das zieht Unternehmen und Dienstleister an, die sich mit dem Thema beschäftigen. Die Stabstelle für Finanzplatzinnovation (SFI) der Regierung organisiert regelmäßig das Blockchain & Innovation Circle (BIC). In den derzeit virtuellen Vorträgen werden nicht nur neueste Entwicklungen vorgestellt, sondern auch Themen wie Steuerliche Behandlung, Sorgfaltspflichten und Rechtsvorschriften. Die Uni Liechtenstein organisiert die Veranstaltungsreihe Blockchain in Finance und bietet einen Zertifikatsstudiengang Blockchain und FinTech an. Ganz aktuell hat die internationale Ratingagentur S&P Global in ihrem Research Update vom 31. Mai 2021 das liechtensteinische Länderrating mit der Bestnote Triple-A mit stabilem Ausblick bestätigt. Liechtenstein gehört damit zu einem erlauchten Kreis von nur 11 AAA Ländern. Einer der Hauptgründe dafür ist die gute Lage der öffentlichen Haushalte, die keine Schulden haben. Auch im Krisenjahr 2020 wurde die Landesrechnung positiv abgeschlossen.
Und wer noch nicht weiß, was er im Sommer unternehmen soll, der könnte das Fürstentum kennenlernen. Ich empfehle den 2019 zum 300-Jahr-Jubiläum eröffneten Liechtenstein-Weg. Wanderbegeisterte können innerhalb von wenigen Tagen ein ganzes Land durchwandern und kennenlernen. Der 75 Kilometer lange Weg führt durch alle 11 Gemeinden des Landes, vorbei an Weinbergen, Naturschutzgebieten, alten Dorfkernen, vielen Sehenswürdigkeiten und sogar an meinem Haus. Seit diesem Jahr werden auch die Themen ‚Regionalität‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ am Weg erlebbar gemacht. Verschiedene Hofläden und Erlebnisäcker laden am Weg zum Entdecken der regionalen Vielfalt ein. In Vaduz lernt man zum Beispiel beim Ernährungsfeld, wie viel tatsächlich benötigte Fläche zur Ernährung eines Menschen nötig ist, beim Kräutergarten in Mauren kann der Besucher 100 verschiedene Heil- und Gewürzkräuter entdecken und am Eschnerberg einen feinen einheimischen Wein genießen.

IPE D.A.CH: Vielen Dank für das Gespräch.

---
*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main. Kontakt: info(at)markus-hill.de; Website: www.markus-hill.de