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„Die Kunden, die sich dem Private Wealth Management einer Bank anvertrauen, suchen kein Family Office und umgekehrt“

„Sei höflich zu allen, aber freundschaftlich mit wenigen; und diese wenigen sollen sich bewähren, ehe du ihnen Vertrauen schenkst“ (George Washington). Family Offices, Kunstinvestments, Asset Management, Trusted Advisor, Studiengänge und mehr – Markus Hill* sprach für IPE D.A.CH mit Dr. Maximilian A. Werkmüller, LL.M., Professor für Finance und Family Office Management an der Allensbach Hochschule, über das Berufsbild des Family Officers und die besonderen Herausforderungen und Trends in diesem Segment. Neben der Abgrenzung des speziellen Bereiches Family Office zum klassischen Private Wealth Management werden auch Themen wie „Single Family Office versus Multi Family Office“, Digitalisierung, Asset Allocation, Rechtsberatung sowie die Bedeutung familiengeführter Unternehmen angesprochen.

Dr. Maximilian A. Werkmüller, LL.M.

IPE D.A.CH: Wie ist es zu der Idee für den Family Office Management-Studiengang gekommen?
Werkmüller: Ich war ja seit dem Jahr 2000 an der EBS Finanzakademie als Dozent für die Fächer Stiftungs- und Steuerrecht sowie steueroptimierte Vermögensnachfolge tätig. Man konnte schon früh erkennen, dass die Themen der ganzheitlichen Vermögensplanung jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt bei den Postgraduierten, d.h. bei den sich berufsbegleitend Fortbildenden, hoch im Kurs stand. Spätestens seit der Subprime-Krise im Jahr 2008 und den daran sich anschließenden Jahren war deutlich erkennbar, dass das Interesse von Studierenden am klassischen Banking nachgelassen hatte und insbesondere das Thema Family Office zunehmend in den Fokus des Interesses rückte. Die Idee, daraus ein Lehrfach zu machen und es im Rahmen eines Masterstudienganges anzubieten, ist allerdings erst gemeinsam mit der Allensbach Hochschule entstanden. Insoweit nehmen wir schon für uns in Anspruch, als Pionier auf einem Feld tätig zu sein, welches sich erst nach und nach für Studentinnen und Studenten in der akademischen Erstausbildung erschließt. Es ist unbestritten, dass sich inzwischen der Family Officer im Rahmen der anerkannten beratenden Berufsbilder etabliert hat. Auch die Zahl der Multi und Single Family Offices steigt seit Jahren kontinuierlich an. Daraus ergeben sich auch für Berufseinsteiger interessante Jobperspektiven. Wir sind ein wenig stolz darauf, dass wir als Allensbach Hochschule einen wertvollen Beitrag dafür leisten können, junge Menschen für dieses Berufsbild zu interessieren und mit Blick auf den Berufseinstieg zu motivieren.

IPE D.A.CH: Welcher Bereich in dem Studiengang stößt derzeit auf verstärktes Interesse?
Werkmüller: Das Thema Familie Office Management ist sehr facettenreich und bietet daher gute Möglichkeiten, eigene Schwerpunkte zu setzen. Da die meisten meiner Studentinnen und Studenten aus der klassischen betriebswirtschaftlichen Lehre kommen, stehen immer noch die kapitalmarktorientierten Themen im Vordergrund. Zahlreiche Bachelor- und Masterarbeiten widmen sich diesem Themenbereich. Ich betrachte es aber als zuständiger Lehrkörper als meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dieser Scope erweitert wird und sich auf diejenigen Bereiche erstreckt, die nicht so stark im Fokus der wissenschaftlichen Forschung stehen. Hierzu gehören insbesondere die illiquiden Vermögensklassen, wie zum Beispiel Immobilien, Private Equity oder aber auch Investitionen in Kunstgegenstände und in den Kunstmarkt. Insbesondere unsere letzte Veröffentlichung zum Thema Kunst und Kunstinvestments im Rahmen der Gesamtallokation hat ein starkes Interesse in den sozialen Netzwerken hervorgerufen. Wir konnten hierzu auch eine hervorragende Masterarbeit beisteuern, in welcher sich einer unserer Studenten mit der Frage befasst hatte, ob und in welchem Umfang die Grundsätze der Portfoliotheorie auf Investments in Kunstwerke anwendbar sind. Gerade für Family Offices sind solche Fragestellungen und insbesondere die Antworten darauf von hohem Wert. Zahlreiche vermögende Familien haben seit Generationen zumindest einen Teil ihres Vermögens in Kunstwerke investiert. Die Performancemessung solcher Sammlungen ist ein wissenschaftlich bislang noch nicht abschließend diskutiertes Thema.

IPE D.A.CH: Wie grenzen Sie das Segment Family Offices zum Segment Private Wealth Management ab?
Werkmüller: Auch zu dieser hatten wir unlängst einen Blogbeitrag veröffentlicht. Die Abgrenzung liegt insbesondere in der unterschiedlichen Perspektive, die ein Familie Officer und ein Private Wealth Manager einnehmen. Während ein Family Office als vertrauensvoller Ratgeber („trusted advisor“) ausschließlich die Interessen seiner Prinzipale vertritt und über seine eigene Vergütung hinaus keine eigenen Vermögensinteressen verfolgt, darf ein Wealth Manager, der beispielsweise bei einer Bank angestellt ist, ohne weitere Probleme dem Kunden auch eigene Hausprodukte verkaufen. Er muss in dieser Eigenschaft nicht zwingend als „trusted advisor“ auftreten, sondern darf und muss auch völlig legitim die profitorientierten Interessen seines Arbeitgebers verfolgen. Dies meine ich an dieser Stelle bewusst nicht abwertend. Es ist eben nur ein vollkommen anderer Ansatzpunkt. Die Kunden, die sich dem Private Wealth Management einer Bank anvertrauen, suchen kein Family Office und umgekehrt.

IPE D.A.CH: Gibt es aktuell Trends im Family Office-Bereich, die sie wahrnehmen?
Werkmüller: Um diese Frage zu beantworten, muss man zwischen den Single und den Multi Family Offices unterscheiden. Das Thema Impact Investing ist bei den Single Family Offices erkennbar auf dem Vormarsch. Ein weiterer Trend, der maßgeblich durch die Covid-19-Pandemie hervorgerufen beziehungsweise verstärkt wurde ist die Digitalisierung der Dienstleistungen. Während Multi Family Offices hier aufgrund des bestehenden Wettbewerbs traditionell besser aufgestellt waren und teilweise noch immer sind, haben die Single Family Offices hier oft akuten Nachholbedarf, je nachdem in welchem Entwicklungsstadium sich das Office befindet. Mit Blick auf Investitionsstandorte kann man feststellen, dass inzwischen auch der Kontinent Afrika in den Fokus der Family Offices getreten ist. Immer öfter investieren Familien einen Teil ihres Vermögens in den ostafrikanischen Staaten. Dies tun sie nicht nur, um eine angemessene Rendite zu erwirtschaften, sondern auch, um eben ein wirkungsvolles Investment zur Verbesserung der Infrastruktur vor Ort zu leisten. Ansonsten stehen Private Equity Investments immer noch im Fokus der Offices, unabhängig davon, ob es sich um Single oder Multi Family Offices handelt. Das Thema „NextGen“ beschäftigt derzeit zahlreiche Familien, die ein eigenes Office errichtet haben. Die Ursache hierfür liegt in dem Umstand, dass bei vielen Unternehmerfamilien der Generationswechsel vollzogen wurde und die jüngere Generation natürlich andere Ansprüche an die Leistungen des Office stellt als die Generation der Übergeber und/oder Firmengründer. Zahlreiche Dienstleister haben sich auf diese veränderte Nachfrage bereits eingestellt und bieten teilweise speziell auf diesen Nachfragebedarf abgestellte Auskopplungen ihrer Leistungen an.

IPE D.A.CH: Welche Themen beschäftigten Sie aktuell neben Ihrer Tätigkeit in der Hochschule?
Werkmüller: Im Hauptberuf bin ich immer Rechtsanwalt gewesen. Und dort komme ich aus der „erbrechtlichen Ecke“, d.h., die Themen Erben, Schenken und Stiften, und dies möglichst in steueroptimierter Form, war und ist bis heute mein eigentliches Betätigungsfeld. In dieser Spezialistenfunktion war ich schon immer auch in die Strukturfragen großer Familienvermögen eingebunden. Von dort aus habe ich mein Family Office Profil entwickeln dürfen. Abgesehen von meiner Lehrtätigkeit an der Allensbach Hochschule und meiner Tätigkeit als Consultant bei Peter May arbeite ich als selbständiger Rechtsanwalt bei einer Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei und habe auch ein Büro bei einer Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft in Zürich, von welchem aus ich meine internationalen Mandanten betreue. Als Gründer und Gesellschafter eines LegalTech-Unternehmens beobachte ich den Markt der digitalen Rechtsdienstleistungen sehr genau. Hier wird sich in den nächsten Monaten einiges bewegen. Auch hier hat die Covid-19-Pandemie Anlass gegeben, seit Jahren oder seit Jahrzehnten gepflegte Geschäftsmodelle kritisch zu überprüfen.

IPE D.A.CH: Die Welt besteht nicht nur aus Family Offices – was lesen Sie zurzeit über den Tellerrand hinaus?
Werkmüller: Das ist eine sehr schwierige Frage. Gerade, wenn man im Familie Office-Geschäft tätig ist, liest man sehr häufig über den Tellerrand hinaus, beziehungsweise muss man dies tun, um Trends möglichst frühzeitig erkennen und entsprechende Dienstleistungen darauf abstimmen zu können. Aber das Leben besteht natürlich nicht nur aus Family Offices – auch meines selbstverständlich nicht. Insgesamt kann man feststellen, dass insbesondere die familiengeführten Unternehmen eigentlich vergleichsweise gut durch diese Pandemie kommen. Natürlich gibt es Branchen, die über Gebühr unter den gegenwärtigen Umständen leiden, zum Beispiel die Brauereien. Grundsätzlich aber haben sich die inhaberzentrierten Geschäftsmodelle auch in diesen Zeiten als krisenfest und praktikabel erwiesen. Man wird sicherlich nach Ende dieser Pandemie hinreichend Gelegenheit haben, eine Nachlese darüber zu halten, was alles hätte früher besser oder anders gemacht werden können. In besonderem Maße dürfte dies für das Handeln der staatlichen Organträger gelten. Wichtig ist aber, dass die Veränderungen überhaupt stattfinden und dies ist, wenn ich es so formulieren darf, doch ein fast angenehmer Nebeneffekt der insgesamt sehr schwierigen Umstände, in denen wir uns alle derzeit befinden. Wie wird die Welt nach Covid-19 aussehen? Ich gehe fest davon aus, dass wir nicht mehr „1:1“ zum alten Leben zurückkehren werden, welches wir bis zum März 2020 geführt haben. Angefangen von einer deutlich gesteigerten Sensitivität für Belange des Klima- und Umweltschutzes bis hin zur völligen Neuprogrammierung von digitalen Dienstleistungen wird die Welt nach Ende dieser Pandemie eine vollkommen andere sein. Möglicherweise leben wir alle bewusster und achten mehr auf unser Umfeld, bei allem was wir tun. Ferner gehe ich fest davon aus, dass wir auch künftig an Videokonferenzen festhalten werden. Im Grunde genommen ist es keine schlechte Möglichkeit, größere Distanzen zu überwinden und sich sehr effizient auszutauschen. Natürlich taugt das Format nicht für jedes, insbesondere nicht für schwierige Themen; für die normalen Geschäftsabläufe ist es aber auch künftig vermutlich nicht mehr wegzudenken. Es spart ja auch Kosten. Ich wage deshalb mal einen verhalten positiven Ausblick auf den Herbst des Jahres 2021 und freue mich auf Sommerurlaub im Jahr 2022.

IPE D.A.CH: Vielen Dank für das Gespräch.

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*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main.
Kontakt: info@markus-hill.de; Website: www.markus-hill.de

Rechtsanwalt Dr. Maximilian A. Werkmüller, LL.M., ist Professor für Finance und Family Office Management an der Allensbach Hochschule in Konstanz. Er betreut insbesondere mittelständische Familienunternehmen und -unternehmer in allen Fragen des „Private Finance“ und ist Autor und Leiter zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen und Seminare zu den von ihm betreuten Fachgebieten.

Allensbach Hochschule: www.allensbach-hochschule.de