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Kommentar: Betreiberrisiken nicht nur in Zeiten von Corona gekonnt managen

Die Corona-Krise hat die Hotelbranche mit Wucht erwischt. Hotels gehören derzeit deshalb zu den am stärksten betroffenen Nutzungsarten im Immobiliensektor. Dabei macht das Virus keinen Unterschied zwischen Backpacker-Hostel oder Fünf-Sterne-Luxushotel.

Christoph Flügel

Doch in existenziellen Krisensituationen zeigt sich, welche Geschäftsmodelle nachhaltig sind und wer in der Lage ist, innovative Lösungen zu finden und umzusetzen. Die Covid-19-Krise wird vor allem bereits angelaufene Entwicklungen in der Hotellerie beschleunigen. Richtig verstanden und genutzt bieten sich gerade dadurch interessante Investitionschancen.

Hotels gehören zum Bereich der Betreiberimmobilien, in dem die Objektrendite stark vom jeweiligen Pächter des Hotels sowie von der Ausgestaltung des Pachtvertrags abhängt. Das damit verbundene Betreiberrisiko schreckt so manchen potenziellen Anleger ab. Denn die Rendite generiert sich aus der Höhe der Pachtzahlung und die ist zumindest zum Teil mit dem Erfolg des Hotelpächters verknüpft. Neben den üblichen Anlagekriterien wie Lage oder Bauqualität kommt bei Hotelimmobilieninvestments auch die Suche nach dem optimalen Betreiber hinzu.

Viele Investoren halten dieses Betreiberrisiko für nicht oder nur schwer kalkulierbar. Doch das Gegenteil ist der Fall: Durch die Auswahl der Immobilie und deren Lage sowie des Betreibers und der Ausgestaltung des Pachtvertrags haben Investoren es selbst in der Hand, anhand dieser selbstbestimmenden Faktoren das jeweilige Betreiberrisiko zu beeinflussen. Mit der entsprechenden Markterfahrung lassen sich so die Risiken steuern und minimieren.

The Perfect Fit: Die Betreiberqualität und das Hotelkonzept werden noch wichtiger
Die Anlageklasse der Hotels weist einige Besonderheiten auf, die Investoren berücksichtigen müssen. Neben der wirtschaftlichen Standortanalyse stellt die Auswahl des Betreibers und des geeigneten Konzepts einen wesentlichen Erfolgsfaktor für das Investment dar. Doch wie identifiziere ich einen geeigneten Betreiber? Haben sich Gäste früher an Klassifikationssystemen wie Hotelsternen orientiert, informieren sich heutige Gäste über Bewertungen auf Booking.com, Trivago und Co. Zukünftig wird der Austausch über soziale Medien einen herausragenden Einfluss bekommen und das Buchungsverhalten maßgeblich beeinflussen.

Auch die Rolle und Bedeutung der internationalen Hotelbrands wird nicht mehr hingenommen, sondern hinterfragt werden. Technologie und digitale Vernetzung kommt für den Hotelbetrieb eine überragende Bedeutung zu. Wer hier nicht gut aufgestellt ist, wird keinen dauerhaften Erfolg haben. Aufgaben und Funktionen des Hotelpersonals verändern sich entsprechend: individuelle Ansprachen anstatt standardisierter Kommunikation. Wem es zukünftig gelingt, Gäste nicht nur zufriedenzustellen, sondern zu inspirieren und zu begeistern, wird Krisen erfolgreicher bestehen, da er unter anderem nicht auf kostspielige Vermittlung durch Dritte wie etwa Online-Travel-Agencies (OTA) angewiesen ist.

Langfristige und sichere Verträge
Hotelmiet- oder -pachtverträge sind langfristige Verträge und entsprechen somit dem Investitionshorizont institutioneller Investoren. Sie bieten aber nur dann hinreichende Sicherheit, wenn die abzuschließenden Verträge die Chancen und Risiken adäquat verteilen. Eine hohe Pachtbringt zwar dem Investor kurzfristig eine höhere Rendite, kann aber dem Betreiber – da er keine Rücklagen bilden kann – schon bei kleineren Schwankungen des Ergebnisses in Schwierigkeiten bringen. Neben den marktüblichen saisonalen und konjunkturellen Schwankungen können – wie derzeit gerade erlebt – auch exogene Schocks die Übernachtungszahlen schlimmstenfalls fast komplett auf null zurückfahren. Die Folge ist, dass Hotelpächter Miet- oder Pachtzahlungen nicht leisten können, wenn sie in guten Zeiten keine Reserven aufbauen konnten.

Deshalb ist bei der Festlegung der Miete beziehungsweise Pacht auf einen Abdeckungsfaktor zu achten, der es dem Betreiber ermöglicht, auch bei schwächeren Ergebnissen Miete oder Pacht leisten zu können. Darüber hinaus sollte der Pachtvertrag dem Hotelier den Anreiz bieten, im Sinne des Investors zu wirtschaften, das heißt zu hohe wirtschaftliche sowie finanzielle Risiken zu vermeiden und Rücklagen für wirtschaftlich schwere Zeiten zu bilden. Freilich, in Situationen wie aktuell mit der Corona-Pandemie ist es selbst für die Besten oft schwer, dieses nachhaltige Wirtschaften aufrecht zu erhalten. Aus Investorensicht bleibt aber auch ein solches Risiko durch eine entsprechende Sicherheitenstruktur, zum Beispiel durch auskömmliche Bürgschaften und Versicherungen, beherrschbar.

Wertsteigerung durch aktives Asset- und Portfoliomanagement
Die spezifischen Risiken und Chancen von Hotelimmobilien können durch ein aktives Asset- und Portfoliomanagement gesteuert werden. Auch während der Bestandsphase ist ein enger und regelmäßiger Austausch mit dem Betreiber auf Augenhöhe sowie ein Controlling des Hotelbetriebs erforderlich. Fehlentwicklungen im Betrieb können somit rechtzeitig erkannt und behoben werden.

Aufgabe des Portfoliomanagements ist es, das Betreiberrisiko auf Portfolioebene durch Diversifikation zu steuern. Die Herausforderung dabei ist, dass die Anlagekriterien möglichst wenig miteinander korrelieren. Erfolgt nämlich die Objektstreuung über ein fast deckungsgleiches Risikoprofil, steigen nicht nur die Kosten, sondern auch die Risiken. Investoren sollten deshalb bei der Objektauswahl nach Standorten und Betreibern und Betreiberkonzepten diversifizieren. Um die Abhängigkeit von einzelnen großen Hotelunternehmen zu umgehen, ist es empfehlenswert, auch hierbei an eine Mischung aus internationalen Playern und mehreren kleineren erfolgreichen Unternehmen mit guter Bonität und durchdachten Konzept zu verpachten. Auch bei den Betriebstypen gibt es Unterschiede hinsichtlich der Krisenresistenz. Beispielsweise belegen Untersuchungen, dass Vollhotels aufgrund des höheren Fixkostenanteils eine höhere Sensitivität als schlankere Produkte wie etwa Budgethotels aufweisen.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Betreiberrisiken bei Hotelinvestments steuerbar sind – selbst während einer so schwierigen Zeit wie jetzt mit dem Corona-Virus. Sie stellen für aktiv handelnde Investoren keine Hürde dar. Grundvoraussetzung bleibt wie so oft das spezifische Know-how des Markts. Anleger können sich diese Expertise für das Hotelsegment auch einkaufen, beispielsweise über Berater oder Spezialfonds. Trotzdem sollten sie in diesem Fall Anleger die Eigenschaften und die größten Risiken von Investments in Betreiberimmobilien kennen – auch unabhängig von Covid-19.

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*) Christoph Flügel ist Vorstand der Arbireo Capital AG.