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Gastbeitrag: Infrastrukturquote eröffnet Pensionseinrichtungen neue Spielräume für Investitionen in Europa

Mit der seit Februar geltenden eigenen Infrastrukturquote innerhalb der Anlageverordnung (AnlV) können deutsche Pensionskassen und Versorgungswerke bis zu fünf Prozent ihres Sicherungsvermögens gezielt in Infrastrukturprojekte investieren. Diese Reform schafft nicht nur mehr Flexibilität, sondern eröffnet langfristiges Potenzial für Investitionen in zentrale Zukunftsfelder in Deutschland und Europa. Aber können Pensionseinrichtungen als institutionelle Investoren wirklich eine strategische Rolle bei der Stärkung von Europas Infrastruktur einnehmen?

Oscar Barneveld

Daniel Schepp

Die Erkenntnis, dass Europa selbst stärker für seine wirtschaftliche und technologische Basis sorgen muss, gewinnt angesichts geopolitischer Spannungen immer mehr an Bedeutung. Während dieser Gedanke für Verbraucher vor allem im Kontext von Freizeit, Energie oder Technik sichtbar wird, stellt er institutionelle Investoren vor größere Herausforderungen. Pensionsportfolios sind traditionell global ausgerichtet und langfristig diversifiziert – ein Ansatz, der weiterhin seine Gültigkeit hat, aber gedanklich erweitert werden muss. In dieser Hinsicht war die Flexibilisierung der recht starren Regelung für Kapitalanlagen in der AnlV dringend nötig.

Die neue Infrastrukturquote signalisiert, dass lokale Investitionen gezielt gestärkt werden sollen, um Abhängigkeiten zu reduzieren und Europa selbstständiger aufzustellen. Bisher waren viele Investoren durch die Begrenzung der Beteiligungskapitalquote eingeschränkt. Nun aber fällt die sogenannte Quotenkonkurrenz weg. Zuvor waren Investitionen in Infrastrukturprojekte nicht eigenständig geregelt und sind bei anderen Quoten miterfasst worden. Jetzt werden andere Quoten entlastet und der Anlagemix kann breiter werden. Die bundesweite Lösung erleichtert die Investitionen in erneuerbare Energien, digitale Netze und die Verkehrsinfrastruktur. Sie bieten in der Regel langfristige und stabile Erträge und sind in weiten Teilen unabhängig von Konjunkturzyklen.

Die Marktentwicklung zeigt, dass Allokationen europäischer Pensionsinvestoren in Infrastruktur oder weitere Assetklassen der Private Markets in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen sind. Die großen Themen sind hier mit Sicherheit Infrastruktur, Immobilien und Private Equity, aber auch Private Debt. Bei Infrastruktur haben institutionelle Investoren aktuell sehr stabile, inflationskorrigierte Cashflows. Zudem gibt es einen hohen Bedarf in Deutschland und Europa beim Netzausbau, Wasser und Energie. Immobilieninvestitionen haben ihren Schwerpunkt in den Bereichen Wohnen und Logistik und bei energienahen Immobilien, wie z.B. Rechenzentren. Bei Private Equity und Privat Debt sind die Renditen deutlich höher als in den Public Markets, und der Kapitalbedarf in Europa für Digitalisierung und Industrialisierung ist groß.

Kapital fließt dorthin, wo es entstanden ist
Mit einer stärkeren Fokussierung auf europäische Anlagen entstehen zusätzliche Vorteile: Kapital fließt in die Regionen, in denen es erwirtschaftet wird, und stärkt damit auch die Verbindung zu den Beitragszahlenden. Gleichzeitig sinkt das Risiko externer Schocks. Lokale Investitionen reduzieren die Abhängigkeit von Märkten, in denen sich politische Rahmenbedingungen schnell verändern können.

Mit den erweiterten Möglichkeiten steigt jedoch auch die Komplexität. Pensionseinrichtungen brauchen eine langfristige und sichere Rendite und müssen alle Risiken über sämtliche Anlagen jeglicher Assetklasse hinweg ständig überwachen, um die Übersicht und die Kontrolle zu behalten. Das funktioniert nur über integriertes Risiko- und Peformance-Reporting sowie ein konstantes Monitoring auf einer konsolidierten Basis. Nur dann können alle Anlagen standardmäßig integriert, bewertet und reported werden.

Einen echten Unterschied machen sogenannte „Look-Through“ Analysen für Zielfonds und ETFs, aber auch Ex-Post-Risikofaktoren wie Tracking Error oder Value-at-Risk sollten betrachtet und integriert werden. Für institutionelle Investoren gehört es zum Alltag, dass zum Beispiel Zielfonds die Basis bilden, aber von Infrastruktur- oder Immobilienfonds ergänzt werden. Bei dem Immobilien-Fonds ist dann das Vehikel zum Beispiel in Luxemburg aufgelegt, aber die Investitionen liegen in den USA, in UK oder der Schweiz. Liegt das Risiko dann in Luxemburg oder in den USA? Und welches Währungsrisiko ist entscheidend? Der Aufwand für diese Kenntnis und den Überblick ist immens und kann von den institutionellen Investoren häufig nicht geleistet werden. Hier bieten spezialisierten Asset-Servicing-Partner wichtige Unterstützung und Expertise. Der Zugang zu konsolidierten Reports, internationalen Vergleichsdaten und Best Practices ermöglicht es Investoren, lokale Anforderungen mit globalen Standards zu verbinden. Die Daten- und Servicequalität ist dabei für alle Seiten ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Der Schwerpunkt institutioneller Allokationen wird auch künftig auf Deutschland und Kontinentaleuropa liegen, auch wenn die USA nicht außen vor bleiben sollten und weiterhin ein wichtiger Satellit für Liquidität, Tech-Exposure und Diversifikation sind. Aber Länder wie die Niederlande oder das Vereinigte Königreich zeigen, wie regionale Stärke und internationale Streuung erfolgreich kombiniert werden können. Diese Modelle bieten wertvolle Orientierungspunkte für deutsche Einrichtungen, die in einem immer komplexeren Marktumfeld zukunftsfähig bleiben wollen, dabei global denken, und nun ihre Investitionen in Europa verstärken können.

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*) Oscar Barneveld, Produktmanager Pension Services und Daniel Schepp, Deputy Head of Business Development & Sales, Marketing & Communications, Business Engineering. beide CACEIS Bank in Deutschland