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„Allerdings sind die Multi Family Offices längst nicht alle gleich gut“

Wo treffen sich Family Officers in Deutschland? Welche Themen prägen aktuell die Agenda – von Nachfolgekonflikten über Testamentsvollstreckung bis hin zu Private Markets? Markus Hill* sprach für IPE D.A.CH mit Dr. Henning Schröer, FIDUBONUM, über die Kunst der Moderation in Familien, die Herausforderungen bei der Auswahl von Multi Family Offices und die Frage, wie Produktanbieter mehr Gespür für die Realität und die Interessenlage von Family Offices entwickeln können. Zusätzlich angesprochen wurde auch das Thema Family Offices, Financial Education & Networking (8. Jahrestagung Family Office).

Dr. Henning Schröer

Markus Hill

IPE D.A.CH: Welche Themen beschäftigen Sie derzeit intensiver?
Schröer: Ich habe im Moment mehrere Mandate, in denen ich mit Familien eine Inhaberstrategie erarbeite. Die Konstellationen sind jeweils sehr unterschiedlich: eine Familie ist sehr groß und es geht vorrangig darum, Gemeinsamkeiten zu schaffen und den Familienzusammenhalt zu stärken. Bei einer anderen Familie gibt es mehrere Dinge, die seit Jahren schon schwelen, aber nie richtig angesprochen wurden. Bei einer dritten Familie knistert es gewaltig, nicht zuletzt aufgrund vermeintlicher Ungerechtigkeiten beim Erbe. Obwohl die Fälle sehr unterschiedlich liegen, hilft es eigentlich immer, mit den Beteiligten über ihre Werte und die sich daraus ergebenden Ziele zu sprechen. Das lenkt zunächst von den kleinteiligen Konflikten ab. Trotzdem lassen sich vom Allgemeinen kommend dann doch sehr konkrete Lösungen entwickeln. Es ist spannend – und nicht selten sogar beglückend – zu sehen, wie viel man hier mit guter Moderation erreichen kann.

IPE D.A.CH: Die „8. Jahrestagung Family Office“ steht vor der Tür. Wie sieht in groben Zügen das Programm aus, Themenstränge und Besonderheiten? Worauf freuen Sie sich besonders?
Schröer: Wir haben wie immer bewusst viele Themen aus ganz unterschiedlichen Bereichen ausgewählt, denn die Jahrestagung soll ja vorrangig den Zertifizierten Family Officern eine thematisch breite Fortbildung ermöglichen. Anknüpfend an die vorherige Frage haben wir eine Mediatorin zu Gast, die zunächst abstrakt und dann im Gespräch mit mir anhand einiger Beispielsfälle vorstellt, wie es in zerstrittenen Familien weitergehen kann, wenn ich mit meinem Latein am Ende bin. Wir haben ein paar spezielle Anlagethemen wie Private Markets, Start-up-Investments und Drittsicherheiten. Sehr geschätzt von unseren Gästen sind auch immer Einblicke in andere Family Offices. Da haben wir in diesem Jahr Porsche, Syngroh (Hansgrohe) und Merck am Start. Und auch für große Familien wichtige Themen wie Testamentsvollstreckung und Sicherheitsrisikomanagement stehen auf der Agenda.
Worauf ich mich besonders freue? Die Veranstaltung wird bestimmt wieder toll. Aber ihren ganz besonderen Reiz zieht sie daraus, dass wahrscheinlich nirgendwo sonst in Deutschland so viele Family Officer aufeinandertreffen und sich austauschen. Da ist im Laufe der letzten Jahre ein richtiges Netzwerk entstanden, weil wir ganz viele „Stammgäste“ haben. Das ist nützlich, aber es ist auch einfach menschlich schön, bestimmte Leute jedes Jahr zur Jahrestagung wiederzutreffen.

IPE D.A.CH: Wir hatten zu Beginn des Jahres bei meinem Panel „Finanzplatz Frankfurt am Main meets Family Offices, Asset Allocation & Financial Education“ eine interessante Diskussion über ein Projekt von Ihnen, dass sich mit der Auswahl eines Multi Family Offices beschäftigt. Wie hat sich das Projekt dann im weiteren Prozess entwickelt? Welche Schritte waren erforderlich und welche Erfahrungen ziehen Sie aus solchen Projekten?
Schröer: Ich erlebe es in letzter Zeit häufiger, dass Familien sich explizit gegen ein Single Family Office entscheiden, auch wenn ihre Vermögensgröße ein solches hergäbe, und lieber nach einem passenden Multi Family Office schauen. Das erspart ihnen viel Aufwand und Verantwortung. Allerdings sind die Multi Family Offices längst nicht alle gleich gut. Und auch die besten von ihnen sind in manchen Bereichen stärker als in anderen. Deshalb ist es für eine Familie, die ein Multi Family Office beauftragen will, ganz wichtig, vorab zu klären, welche Leistungen sie sich von ihm in welcher Qualität erhofft. Das sind dann ganz ähnliche Überlegungen, wie man sie bei der Gründung eines Single Family Office anstellen würde. Auch die Investmentphilosophie sollte idealerweise schon vor Beginn der Suche feststehen. Es sollte also z.B. geklärt sein, in welche Assetklassen investiert werden soll, an welche Alpha-Quellen man glaubt, wie das Risiko eingegrenzt werden kann, welcher Grad an Unabhängigkeit für die Familie gewahrt bleiben soll etc. Danach kann man mit einer sehr spitz auf die Bedürfnisse der Familie formulierten Ausschreibungsunterlage an verschiedene Multi Family Offices herantreten und mit ihnen über die für die Familie wirklich wichtigen Punkte reden. Auch dann fällt es oft noch nicht leicht, die jeweilige Qualität von außen zu beurteilen. Aber Erfahrung, der Vergleich der Multi Family Offices im Verfahren miteinander sowie der ein oder andere Erfahrungsbericht aus meinem Netzwerk führen letztlich doch zu einem ziemlich guten Bild. Allerdings muss dann auch noch die persönliche Chemie stimmen. Wenn die Familienverantwortlichen mit dem qualitativ besten Multi Family Office oder ihrem für sie zuständigen Repräsentanten fremdeln, wird das zweitbeste oft das bessere sein. Übrigens kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Wettbewerbssituation eines Ausschreibungsverfahrens auch positiven Einfluss auf die angebotenen Preise hat. Da können die für das Auswahlverfahren aufgewandten Gebühren schon nach wenigen Monaten wieder reinverdient werden.

IPE D.A.CH: Sie waren in Berlin auf einer Veranstaltung, die sich an Produktanbieter wandte und diesen die Besonderheiten von Family Offices vermittelt hat. Worüber genau haben Sie gesprochen?
Schröer: Ich habe schon in meiner Zeit als Family Officer der Familie Merz oft den Eindruck gehabt, dass Vermögensverwalter, Fondsmanager, Projektentwickler und andere Produktanbieter mit ein bisschen mehr Gespür für die spezifische Gemengelage eines Family Officers in ihren Vertriebsbemühungen deutlich erfolgreicher sein könnten. Aber dieses Gespür zu entwickeln, ist natürlich nicht ganz einfach. Dabei wollten wir mit unserer Veranstaltung in Berlin unterstützen. Die große Verschiedenheit von Family Offices wird oft betont. Sie ergibt sich nicht nur aus den unterschiedlichen Aufgabenkreisen und der individuellen Entscheidung über Make-or-Buy. Sie hängt auch von Größe und Reifegrad der Familie und der Evolutionsstufe des Family Offices ab. Eine Rolle spielt ferner, wie intensiv sich die Familie in das operative Geschäft des Family Office involviert und wie stark Entscheidungsprozesse institutionalisiert sind. Der Family Officer kann auch hinsichtlich der Vermögensanlage ganz unterschiedliche Rollen spielen. Setzt er nur Investmentideen um, die ihm sein Prinzipal oder eine detaillierte Anlagestrategie vorgeben, wird er für Opportunitäten nicht ansprechbar sein. Wenn die unternehmerische Freiheit des Family Officers gering ausgeprägt ist, wird er möglicherweise an tollen Anlageideen gar nicht interessiert sein. Dann kann er ein Gatekeeper sein, den es zu umgehen gilt. Ob das tunlich ist, will aber auch wohl überlegt sein. Diese und etliche weitere Punkte zu verstehen, ist wichtig, um zu wissen, mit welchen Produkten man sich an wen aus Family Office oder Familie wenden kann. Nicht jeder dieser Punkte lässt sich von außen eindeutig aufklären, aber wenn man weiß, auf welche Dinge man schauen muss, erschließt sich doch schnell recht viel aus dem Innenleben eines Family Offices. Die Seminarteilnehmer in Berlin waren so angetan davon, dass wir entschieden haben, das Seminar demnächst zu wiederholen und auch als firmeninternes Seminar anzubieten.

IPE D.A.CH: Vielen Dank für das Gespräch.

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*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main.
Kontakt: info(at)markus-hill.de; Website: www.markus-hill.de

Link: 8. Jahrestagung Family Office“ (Programm)