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„Meistens entsteht Vertrauen bei Family Offices erst, wenn man sich über eine längere Zeit immer einmal wieder trifft“

„Wir können die Zukunft nicht voraussagen, aber wir können Sie gestalten“ (Peter Drucker). Family Office Jahrestagung, Vermögensstrategie und Finanzplanung – Markus Hill* sprach für IPE D.A.CH mit Dr. Henning Schröer, FIDUBONUM, über Themen wie „Zeitenwende“, Asset Allocation, Knowhow-Transfer und Networking im Bereich Family Offices. Darüber hinaus wird in dem Gespräch ein kurzer Ausblick auf zwei weitere Themenbereiche – Immobilien und Family Governance - bei Veranstaltungen in Bensberg und am Finanzplatz Frankfurt im November gegeben.

Dr. Henning Schröer

Markus Hill

IPE D.A.CH: Herr Schröer, ich freue mich, Sie wiederzusehen und unser Gespräch von neulich fortzusetzen. Sie hatten darin von Ihrer Leidenschaft, vermögende Familien in Umbruchsituationen zu unterstützen, sehr anschaulich berichtet. Inwieweit werden die gegenwärtigen geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen von den vermögenden Familien als solche Umbruchsituationen empfunden?
Schröer: Das ist natürlich sehr persönlichkeitsabhängig. Nach meinem – zugegebenermaßen nicht repräsentativen – Eindruck sind aber vor allem diejenigen Familien verunsichert, die schon vorher das Gefühl hatten, strategisch oder strukturell nicht optimal aufgestellt zu sein. Wer bei seiner Vermögensallokation den etwas raueren Wind, der ihm jetzt entgegenbläst, berücksichtigt hat, sieht meist weniger Anpassungsbedarf. Und wenn ich Strukturen aufgebaut habe, bei denen ich mich darauf verlassen kann, dass Leute mit den richtigen Kompetenzen das Schiff durch die kommenden Stürme steuern, empfinde ich die derzeitige Gemengelage auch nicht als so bedrohlich.

IPE D.A.CH: Die „Zeitenwende“ zog sich auch wie ein roter Faden durch die Jahrestagung Family Office, die Sie bereits zum 6. Mal zusammen mit Prof. Swen Bäuml und dem Veranstalter von Fürstenberg durchgeführt haben. Ich durfte dabei sein und war beeindruckt von der großen Anzahl begeisterter Teilnehmer, dem sehr interessanten Programm und der tollen Location auf dem Petersberg bei Bonn.
Schröer: Ja, die Veranstaltung hat sich wirklich zum größten und vielleicht auch wichtigsten Treffen für Family Officer entwickelt, was uns stolz macht. Ihren Anspruch, die Family Officer in der ungeheuren Breite ihrer Tätigkeiten alljährlich auf den neusten Stand zu bringen und gleichzeitig noch die ein oder andere Anregung zu geben, die man an anderer Stelle nicht bekommt, scheint sie ganz gut zu erfüllen. Gleichzeitig schafft sie für die vielen Family Officer, die jedes Jahr wiederkommen, den Raum für die Intensivierung der Vernetzung untereinander. Meistens entsteht Vertrauen bei Family Offices erst, wenn man sich über eine längere Zeit immer einmal wieder trifft.

IPE D.A.CH: Können Sie noch etwas zu den Themen der diesjährigen Veranstaltung sagen?
Schröer: Wir haben wie jedes Jahr unsere vier großen Themenbereiche – Gesamtvermögensstrategie, Immobilien, sonstige Assetklassen und Family Office-Themen – durch zehn Vorträge bzw. Gesprächsrunden abgedeckt. Das ging von den aktuellen Steuerentwicklungen und Vorträgen zu Nachhaltigkeit und Philanthropie über eine Gesprächsrunde zu Immobilien und über Vorträge zu Direktbeteiligungen und Weininvestments bis hin zu Einblicken in die Family Offices von Maschmeyer und Schwarz sowie Vorträgen zu den persönlichen Herausforderungen für den Family Officer in unruhigen Zeiten und dem Nutzen einer Finanzplanung für Family Offices.

IPE D.A.CH: Über die Finanzplanung haben Sie gesprochen. Können Sie noch einmal darlegen, wozu die Finanzplanung bei großen Familienvermögen bzw. Family Offices dient und inwiefern sie sich hier von dem herkömmlichen Financial Planning unterscheidet?
Schröer: Das übliche Financial Planning hat Einzelpersonen im Blick und möchte für sie sicherstellen, dass Einnahmen, Ansprüche und Vermögenswerte die erwarteten Ausgaben, Verpflichtungen und Schulden auf Lebenssicht zumindest abdecken. Die Finanzplanung für ein großes Familienvermögen geht darüber weit hinaus: Sie bezieht sich auf ein meistens in mehreren Gesellschaften gehaltenes und in unterschiedlichen Assetklassen investiertes Vermögen einer ganzen Familie. Die Vermögensstruktur, die sich die Familie gibt, soll meist mehreren Zielen dienen. Ob diese Ziele unter Berücksichtigung aller Kosten, inklusive der Personal- und Gemeinkosten, sowie aller Steuern tatsächlich dauerhaft erreicht werden können, soll durch das von mir entwickelte Finanzplanungstool fiducheck herausgefunden werden. Oft ist das Ergebnis ernüchternd. Viele Family Offices verwenden viel Energie darauf, durch ein ausgefeiltes Reporting im Nachhinein festzustellen, ob die Ziele erreicht worden sind. Dabei blenden sie meist nicht direkt allokierte Kosten und Steuern aus. Das Finanzplanungstool überprüft im Vorwege, ob die Ziele bei Zugrundelegung vernünftiger Annahmen überhaupt erreichbar sind, so dass man die Vermögensallokation frühzeitig entsprechend anpassen kann.

IPE D.A.CH: Welche Ziele sind es, deren Erreichbarkeit fiducheck kontrolliert?
Schröer: Das können zunächst Renditeziele für das Gesamtvermögen oder einzelne Assetklassen sein. Wenn die Familie z.B. in ihrer Familienverfassung festgelegt hat, dass sich das Vermögen jährlich real positiv entwickeln soll, kann man mit fiducheck ermitteln, ob vor dem Hintergrund der eigenen Rendite-Annahmen für jeden Vermögenswert, der fortgeschriebenen Kosten und der Steuern tatsächlich eine die angenommene Inflation übersteigende Rendite zu erwarten ist. Nicht selten werden in der Familie aber auch bestimmte Fremdkapital- oder Fremdwährungsquoten festgelegt, die aus Gründen der Risikobegrenzung nicht überschritten werden sollen. Auch hier kann fiducheck durch die Aggregation von ganz vielen wenig komplexen Annahmen die höchst komplexe Fragestellung beantworten, ob diese Quoten in den nächsten zehn Jahren überschritten zu werden drohen. Eine Herausforderung für viele Familien ist auch die Einigung auf einen Mechanismus zur ermessensfreien Festlegung der Ausschüttung an die Gesellschafter, der weder zu hohe noch zu niedrige Ausschüttungssummen generieren soll. Auch hier kann das Finanzplanungstool sehr schön prognostizieren, wie hoch die Ausschüttungen in den nächsten Jahren bei verschiedenen Ausschüttungskonzepten wohl sein würden. Darüber hinaus gibt es noch einige weitere wichtige Dinge, die ziemlich verlässlich geplant oder kalkuliert werden können: Die Wertentwicklung des Familienvermögens während der nächsten zehn Jahre und daraus abgeleitet mögliche drohende Erbschaftsteuerzahlungen, die Resilienz des Vermögens in einem Crash oder die Identifikation von sog. Stranded Assets. Das können z.B. Immobilien sein, die angesichts der notwendig werdenden Investitionen und den realistischerweise möglichen Mieterhöhungen dauerhaft keinen positiven Rendite- oder Wertbeitrag liefern.

IPE D.A.CH: Das klingt wirklich spannend. Aber wie sollen alle diese Fragen auf zehn Jahre in die Zukunft hinaus sicher prognostiziert werden können?
Schröer: Das ist nicht der Anspruch, den fiducheck stellt. Die Zahlen werden in der Wirklichkeit sicher nicht exakt so eintreten wie prognostiziert. Es geht darum, die Zukunft nicht unbedingt richtig, aber realistisch abzubilden. Das fällt wegen der Komplexität größerer Vermögen schwer. Indem man aber Renditen, Ausschüttungen, Kosten, Kostenentwicklungen, Mietsteigerungen, Leerstände, Investitionsbedarf, Gehaltsentwicklungen und vieles mehr ganz kleinteilig vernünftig schätzt und dann Bottom-up aggregiert, ist das sich daraus ergebende komplexe Gesamtzahlenwerk mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf den aggregierten Vermögensebenen sehr realistisch. Dass sich dann einzelne Annahmen als falsch oder auch nur falsch getimt herausstellen oder gar ein schwarzer Schwan um die Ecke kommt, ist gut möglich. Aber wegen dieses Risikos gar nicht zu kontrollieren, ob die getroffenen Dispositionen selbst bei plangemäßem Verlauf überhaupt in der Lage sind, die angestrebten Ziele zu erreichen, halte ich für ziemlich fahrlässig. Die meisten Family Offices nehmen für sich in Anspruch, hinsichtlich der Professionalität bei der Verwaltung des Restvermögens der Familie nicht hinter derjenigen des Familienunternehmens zurückzustehen. Während aber auf Unternehmensebene trotz gleicher Prognoserisiken die Finanzplanung absoluter Standard ist, kommt sie beim sonstigen Familienvermögen selten vor. Mir erscheint es jedoch wenig professionell, eine SAA allein aufgrund von Rendite- und Risikoerwartungen zusammenzustellen, ohne sich um die Auswirkungen der vom Vermögensträger selbst erwarteten Zins-, Inflations- und Kostenänderungen, Mittelzu- und -abflüsse, Steuereffekte etc. zu kümmern.

IPE D.A.CH: Die Idee ist also – falls erforderlich –, die SAA so lange anzupassen, bis Ihr Finanzplanungstool unter den individuellen persönlichen Annahmen des Vermögensträgers oder Family Officers bestätigt, dass die gesamten inhaber- und vermögensstrategischen Ziele erreicht werden können?
Schröer: Genau – oder alternativ so ehrlich zu sein, die Ziele entsprechend zurückzunehmen. Das ist in meinen Augen ziemlich wichtig: Wenn ich als Verantwortlicher den Familienmitgliedern Ziele in Aussicht stelle, die selbst bei Eintritt meiner eigenen Erwartungen nicht erreichbar sind, laufe ich Gefahr, das Vertrauen der Familie zu verlieren. Dieses Risiko würde ich lieber nicht eingehen.

IPE D.A.CH: Damit adressieren Sie wahrscheinlich bei vielen Vermögensinhabern einen wichtigen Punkt. Welche Themen stehen bei Ihnen sonst gerade an?
Schröer: In den Beratungen mit den Familien ist das natürlich sehr individuell. Ich bin in den nächsten Tagen aber auch wieder auf zwei Veranstaltungen: Am 2. und 3. November interviewe ich auf dem 1. Family Office Real Estate Day auf Schloss Bensberg Frau Dr. Marie-Theres Rämer zu den aktuellen immobilienspezifischen steuerlichen Entwicklungen, die für Family Offices relevant sind. Am 6. und 7. November bin ich auf dem Private Wealth Excellence Forum in Frankfurt und trage dort zu einem mir sehr am Herzen liegenden Thema vor, nämlich der effizienten Ausgestaltung von Family Offices auch für kleinere Vermögen.

IPE D.A.CH: Was werden Sie da erzählen?
Schröer: Ich werde darstellen, anhand welcher Kriterien man entscheiden kann, welche Leistungen eines Family Office intern erbracht und welche zugekauft werden sollten. Daraus lassen sich dann unterschiedliche hybride oder virtuelle Strukturen für das Family Office ableiten. Anhand welcher Kriterien man die verschiedenen Dienstleister auswählen sollte, werde ich auch darlegen. Am Ende wird sich zeigen, dass der Gedanke an ein Family Office nicht unbedingt ein freies Vermögen in der Größenordnung eines dreistelligen Millionenbetrags voraussetzt.

IPE D.A.CH: Das klingt interessant. Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg auf den beiden Veranstaltungen. Vielen Dank für das Gespräch.

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*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main. Kontakt: info@markus-hill.de; Website: www.markus-hill.de

Dr. Henning Schröer hat für die Familie Merz in Frankfurt ein Family Office aufgebaut und über 10 Jahre geleitet. Mit fidubonum (www.fidubonum.de) berät er vermögende Familien in Strategie- und Strukturfragen, wozu auch die Beratung beim Aufbau passgenauer Family Office-Strukturen gehört.