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„Wandelanleihen sind im aktuellen Umfeld äußerst attraktiv“

Die Verzinsung von Staatanleihen ist weltweit mittlerweile seit rund 40 Jahren per Saldo stetig gefallen, im Beispiel Deutschland sogar in den negativen Bereich. Was bleibt institutionellen Anleger als „Renditequelle“? IPE D.A.CH-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Werner Krämer, Managing Director und Macro-Economic Analyst bei Lazard Asset Management in Frankfurt, über Ausweichmöglichkeiten und Perspektiven.

Werner Krämer

IPE D.A.CH: Herr Krämer, die Kaufprogramme der EZB haben die Zinsen bei Bundesanleihen mittlerweile über fast alle Laufzeiten in den negativen Bereich gedrückt. Wo sehen Sie den „fairen“ Zins angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen?
Krämer: Der Rückgang über die letzten Jahrzehnte – immerhin sprechen wir Anfang der 1980er-Jahre in den USA beispielsweise von Zinsen bei den 10-Jährigen Staatanleihen von 15% – war zunächst einmal durch Wachstumsdynamik und Inflationserwartungen gerechtfertigt. Seit längerer Zeit sehen wir allerdings massive Eingriffe der Zentralbanken, die die Zinsen künstlich nach unten gedrückt haben. Ein angemessener Zins könnte angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen im 10-Jahres-Bereich vielleicht bei 1,5-2% liegen, strukturell betrachtet aber auch mittelfristig sicher nicht höher.

IPE D.A.CH: Keine Inflation durch den zyklischen Aufschwung nach der Pandemie?
Krämer: Es wird sicher kurzfristig einige Basiseffekte geben, nicht zuletzt auch durch die temporär abgesenkte und wiedererhöhte Mehrwertsteuer. Nachhaltig wird die aber das Konstrukt nicht verändern, dafür fehlen gerade in Europa die Wachstumsdynamik und auch das dauerhafte Produktionswachstum.

IPE D.A.CH: Staatsanleihen bleiben in der Eurozone also eine Assetklasse ohne (Zins-)Perspektive?
Krämer: Was die Verzinsung angeht ganz sicher. Viel besser sieht es übrigens auch nicht bei den Unternehmensanleihen aus. Wer als Investor kann, schichtet seine Fixed Income Investments daher um.

IPE D.A.CH: Nicht immer bleibt das ohne Risiko, Stichwort Greensill Bank. Fällt so etwas dann unter die Kollateralschäden des Niedrig- bzw. Negativzinsumfeldes?
Krämer: Das ist sehr treffend formuliert. Schauen Sie nur auf die Kommunen, Städte und Stiftungen, die alle Geld bei dem Institut geparkt hatten, um den Negativzinsen zu entgehen bzw. noch einige Basispunkte für Ihre Liquiditätsanlagen zu bekommen. Das Ergebnis ist leider ein bitterer Totalverlust.

IPE D.A.CH: Was bzw. wo sind die interessanten Alternativen?
Krämer: Wenn ich die Flows bei unseren Strategien anschaue, sind zum Beispiel Dänische Pfandbriefe bzw. skandinavische Anleihen insgesamt eine gute Alternative. Wir haben hier vor rund drei Jahren eine Strategie auf den Markt gebracht, die große Beliebtheit bei institutionellen Investoren genießt. Die in dänischen Pfandbriefen verbrieften Hypothekendarlehen sind unisono mit einem Kündigungsrecht für den Kreditnehmer ausgestattet und liefern daher eine 1-2% höhere Verzinsung als eine normale Hypothek. Im aktuellen Markt ein toller Pick-up für Investoren, zumal der dänische Pfandbriefmarkt einer der liquidesten Rentenmärkte der Welt ist. Bislang ist noch nie ein Pfandbrief in Default gegangen, so dass das Credit-Risiko zu vernachlässigen ist.

IPE D.A.CH: Sie sprachen auch von skandinavischen Anleihen als Opportunität?
Krämer: Im dänischen Pfandbriefmarkt haben drei Emittenten einen Marktanteil von über 80%. Viele Investoren wollen dieses Klumpenrisiko trotz der Attraktivität des Marktes nicht eingehen und sich zudem nicht allein auf das „Underlying“ des dänischen Immobilienmarktes verlassen. Daher investieren sie in die skandinavischen Credit-Märkte in der Breite. Auch hier sind dänischen Pfandbriefe prominent vertreten, aber sie bekommen als Investor eine viel breitere Diversifikation. Auch ESG ist natürlich ein großes Thema, die skandinavischen Länder sind hier einfach globaler Vorreiter.

IPE D.A.CH: Gehen wir einen Schritt weiter, gehen wir global! Was kann der Markt hier aktuell bieten?
Krämer: Ein durchaus interessantes Chance-Risiko-Verhältnis. Schauen wir nur in die USA – die 10y-Treasuries bieten eine Rendite von rund 1,75%. Bereinigt um die Währungsabsicherung von rund 90 Basispunkten bleibt hier noch fast 1% Netto-Rendite. Es bleibt natürlich das Zinsanstiegsrisiko, die Zinsen können gerade in den USA noch weiter steigen. Wenn ich damit umgehen kann, ist dies aber dennoch ein interessanter Portfoliobaustein. Genauso wie die Märkte in Australien und Neuseeland, so dass Sie in einem globalen Rentenportfolio währungsgesichert ebenfalls 1-2% Rendite einkaufen können. Entsprechend sehen wir uns im Rahmen unserer globalen Rentenstrategie in solchen Märkten um. Die Nachfrage auf Seiten institutioneller Investoren ist hier groß.

IPE D.A.CH: Wie stark ist das Bedürfnis institutioneller Anleger nach Währungsabsicherung in solchen Strategien?
Krämer: Währungsrisiken werden von Anlegern weiterhin sehr gerne abgesichert, um nicht zu viele „Unbekannte“ im Portfolio zu haben. Man merkt allerdings gerade bei institutionellen Adressen, dass das Vertrauen in den Euro gesunken ist. Sind wir ehrlich, der Euro ist nicht mehr die D-Mark. Historisch war es so, dass man als D-Mark-Investor immer wieder mit der Abwertung von Fremdwährungen zu kämpfen hatte. Den Euro würde ich dagegen als nur „stabil“ gegen Fremdwährungen bezeichnen. Hier kann man sich schon die Frage stellen, wie viel Absicherung – je nach Kosten natürlich – Sinn macht. Anders sieht es natürlich bei Schweizer Investoren mit der Stärke des heimischen Franken aus.

IPE D.A.CH: Zuletzt sehr beliebt wurden wieder Wandelanleihen, teilen Sie die Euphorie?
Krämer: Absolut ja! Wandelanleihen sind im aktuellen Umfeld äußerst attraktiv. Im Zinsmarkt ist, wie schon diskutiert, ja kaum mehr etwas zu verdienen, also muss ich eigentlich mehr Aktienexposure aufbauen. Da treffe ich dann aber auch auf einen Markt, der auf Rekordhoch steht. Insofern kann ich mit Wandelanleihen, die am steigenden Aktienmarkt partizipieren und bei Korrekturen einen Schutz nach unten bieten, optimales Marktexposure darstellen. Der Anteil von Wandelanleihen in institutionellen Portfolios ist in den letzten Jahren massiv gestiegen.

IPE D.A.CH: Gibt es aus der Finanzmarktkrise 2008/2009 noch Vorbehalte gegenüber Convertibles, als der Markt quasi komplett zusammenbrach?
Krämer: Der Stress im März/April 2020 war hier sicher der Lackmus-Test für die Convertibles-Märkte. Es hat sich klar gezeigt, dass sich der Wandelanleihenmarkt seit 2008/2009 komplett geändert hat. Die Hedgefonds haben sich seitdem fast komplett aus dem Markt zurückgezogen. So sind die Märkte fast unberührt durch den Frühling 2020 gekommen. Wir hatten bei Global Convertibles eine bessere Liquidität als bei Euro Corporates. Entsprechend hoch sind seitdem die Zuflüsse in diesen Markt.

IPE D.A.CH: Kann aber der Primärmarkt der Nachfrage von Investorenseite folgen?
Krämer: 2020 war in der Tat das zweitstärkste Jahr bei den Emissionen im Markt der Convertibles. Allerdings muss man ganz klar sagen, das Wachstum kommt insbesondere aus dem US-Markt. Bei den Branchen ist der Markt als diversifiziert zu bezeichnen, hat allerdings durchaus einen Bias in Richtung Technologie- bzw. Wachstumswerte. Einer der großen Emittenten in der jüngeren Vergangenheit ist beispielsweise Tesla.

IPE D.A.CH: Sind Emerging Market Bonds aktuell eine gute Ergänzung in institutionelle Global Fixed Income Portfolios?
Krämer: Positiv ist natürlich, dass auf den Anleihen noch ein Spread steht. In Euro gehedged sind das 400-500 Basispunkte gegenüber deutschen Staatsanleihen. Wie alle Rentenmärkte der Welt sind die Renditen natürlich so niedrig wie noch nie. Konkret würde ich im Bereich EMD einen Schwerpunkt auf Hartwährungsanleihen legen. Als Einzelklasse stechen Unternehmensanleihen hervor, die gegenüber Corporates vergleichbarer Qualität aus Industrieländern einen deutlichen Spread bei der Rendite bieten.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke!