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US-Small Caps als Rezessionsthermometer

Robert C. Lanphier von William Blair erläutert im Gespräch mit IPE D.A.CH die Besonderheiten des Investierens in kleinere börsennotierte Unternehmen in den USA und Nachhaltigkeit im finanziellen Sinn.

„In den 24 Monaten vor einer Rezession haben seit 1980 Large Caps im S&P 500 bessere Renditen erzielt als Small Caps im Russell 2000 – und das ausnahmslos“, teilt Robert C. Lanphier eine seiner Beobachtungen zum US-Small und MidCap Markt, dem er sich selbst seit Jahrzehnten widmet.

Das wirklich Faszinierende sei aber, so Lanphier, dass sich dieser Trend komplett drehe, sobald eine Rezession einsetzt. „Fast zeitgleich fangen Small Caps an, bessere Renditen als Large Caps zu erzielen, und das über die folgenden drei Jahre.“

Natürlich wissen weder er noch Analysten genau, wann in den USA die nächste Rezession einsetze, aber es gebe Zeichen, wonach sich der Markt im nächsten halben Jahr drehen könnte.

In jedem Fall seien qualitativ hochwertige US-Small und Mid Caps vor allem in Spezialsegmenten eine gute Beimischung für Portfolien europäischer Investoren, betont Lanphier.

Auf der Suche nach Qualität und finanzieller Nachhaltigkeit sehe sich William Blair vor allem Firmen an, die in einer Nische tätig sind, wo sie selbst den Preis mitbestimmen können – was gerade mit steigender Inflation immer wichtiger werde.

Der langjährige Investmentmanager nennt etwa ein Unternehmen, das Komponenten für den Hausbau zu günstigeren Preisen durch den Massenkauf von Materialien anfertigt oder die große Nachfrage bei einer Mid-Cap-Firma nach Gerätschaften für die Polizei, seien es Taser oder Kameras. Solche Unternehmenssegmente seien US-spezifisch und damit ein guter Diversifikationsfaktor in einem europäischen Portfolio.

Lanphier gibt zu bedenken, dass ein US-Small Cap nur im US-Vergleich als klein zu bezeichnen sei und per Definition eine Marktkapitalisierung zwischen 250 Mio. US-Dollar und 2 Mrd. US-Dollar aufweist.

Regionale Bankenkrise als Einstiegschance
Wichtig sei die Suche nach Qualität und finanziell unabhängigen Unternehmen. „Firmen von hoher Qualität brauchen kein Geld von regionalen Banken, sie haben die nötigen Puffer und sind nicht auf die Außenwelt angewiesen.“ Das helfe auch im derzeitigen Zins- und Kapitalmarktumfeld.

Allerdings weiche derzeit bei Small und Mid Caps die „Bewertung deutlich vom tatsächlichen Wert“ ab, so Lanphier. Schuld daran sei die regionale Bankenkrise. Damit ergebe sich ein guter Einstiegszeitpunkt in qualitativ hochwertige Titel. „Einen solchen Preisunterschied von Small Caps im Vergleich zu Large Caps haben wir seit der Internetblase 1999/2000 nicht mehr gesehen“, so Lanphier.

Noch nicht abschätzen kann Lanphier, wie sich der sogenannte „Inflation Reduction Act“ längerfristig auf den Markt auswirken wird. „Der Ansatz ist gut aber es ist auch ein Marketing Tool der Regierung“, gibt der Manager zu bedenken. Die Maßnahme, mit der US-Unternehmen u.a. in der Entwicklung grüner Technologien unterstützt werden soll, wurde jüngst von Günther Schiendl, CIO einer der größten österreichischen Pensionskassen, als mutiger politischer Schritt gelobt. Von der EU weht der Maßnahme jedoch Kritik entgegen, weil sie als wettbewerbsverzerrende Förderung angesehen wird.

William Blair selbst, die bereits 2011 UNPRI unterzeichnet haben, sehen sich ESG vor allem immer auch im Licht möglicher finanzieller Auswirkungen auf ein Unternehmen an.