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Studie Pflegeimmobilienmarkt: Demografie und Altersabgänge treiben den Bedarf

Der demografische Wandel und der alternde Immobilienbestand lassen die Nachfrage nach modernen Pflegeheimen steigen. Der hohe Nachfragedruck trifft jedoch auf ein Umfeld aus einer Vielzahl komplexer Bedingungen.

Der Markt für Pflegeimmobilien gilt einer kontinuierlich steigenden Zahl von Investoren als attraktiver Wachstumsmarkt. Seit mehr als zehn Jahren sind sowohl die Entwicklungs- als auch die Transaktionsvolumina im Aufwärtstrend, laut Zahlen von CBRE allein zwischen 2015 und 2020 von etwa 830 Mio. Euro auf mehr als 2,4 Mrd. Euro. In der Folge hat sich diese Assetklasse immer weiter differenziert und professionalisiert.

Im Lichte des ökonomischen Zuwachses auf der einen und des immer weiter voranschreitenden demografischen Wandels auf der anderen Seite sind in den vergangenen Jahren immer wieder Prognosen darüber angestellt worden, wie groß der Bedarf in zehn, 20 oder 30 Jahren sein dürfte. So geht beispielsweise eine Analyse des Deutschen Krankenhaus Instituts (DKI) von 2019 davon aus, dass im Jahre 2030 fast 1,1 Millionen Menschen stationär pflegebedürftig sein dürften. Dem Statistischen Bundesamt zufolge traf dies am Jahresende 2019 auf etwa 820.000 Menschen zu – die Steigerung läge also im Zeitraum von etwas mehr als zehn Jahren bei ungefähr 31%.

Der generelle Anstieg des Bedarfs ist also schon lange bekannt. Was bisherigen Auswertungen jedoch in aller Regel fehlte, war eine wissenschaftlich fundierte, statistische Rückkopplung mit dem pflegespezifischen Immobilienbestand und den sich daraus ergebenden Handlungserfordernissen. Entscheidende Fragen hinsichtlich der Marktentwicklung und zielgerichteten Strategien blieben unbeantwortet: Wie entwickelt sich der demografisch fundierte Bedarf, wie leistungsfähig sind die deutschen Immobilien? Wann werden Ersatzbauten für ältere Bestandsgebäude nötig? Wie beeinflussen gesellschaftliche Trends die Potenziale auf dem Pflegemarkt? Und wie groß ist der Bedarf nach Neubau unter diesen Umständen tatsächlich?

Um diese Erkenntnislücke zu schließen, hat bulwiengesa im Auftrag von Cureus sowohl die öffentlich verfügbaren Statistiken zur Bedarfsprognose und der demografischen Entwicklung als auch den tatsächlichen aktuellen Bestand an Pflegeimmobilien sowie insbesondere die Neubauaktivität analysiert.

Die Alterung der Gesellschaft beschleunigt sich
Erste grundlegende Erkenntnis: Der demografische Wandel, der jahrelang vor allem als Zukunftsszenario relevant war, ist längst im Gange und messbar. Insbesondere einige Regionen in den ostdeutschen Bundesländern erleben einen kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang und verzeichnen dementsprechend einen überdurchschnittlichen Altersdurchschnitt. Hier besteht perspektivisch eine besonders große Herausforderung, den Bedarf zu decken, da sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Rahmenbedingungen komplexer sind als in Regionen mit Bevölkerungszuwachs.

Abb. 1: Einwohner ab 65 Jahren im Verhältnis zu Einwohnern zwischen 20 und 64 Jahren – 2019 und Prognose 2040 im Vergleich


Einer schrumpfenden Arbeitsbevölkerung steht ein wachsender Bedarf nach stationärer Pflege gegenüber, der sich durch den Rückgang der durchschnittlichen Haushaltsgröße und eine gleichsam regional feststellbare Abnahme des Anteils häuslicher beziehungsweise familiärer Pflege weiter erhöht. In einigen Bundesländern korrespondiert dies mit einer bereits heute hohen Pflegequote in den entsprechenden Alterskohorten, etwa in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Abb. 2: Pflegequote nach Alter und Bundesländern


Für Deutschland ist insgesamt festzustellen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen sowohl prozentual, also im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, als auch in absoluten Zahlen bis 2040 deutlich steigen wird. Die Altersgruppe ab 85 Jahren, die im Bundesdurchschnitt zu mehr als 50% auf eine pflegerische Betreuung angewiesen ist, wird bis dahin um etwa 2,0 Prozentpunkte auf rund 3,08 Millionen wachsen, die Gruppe ab 65 Jahren sogar um 5,0 Prozentpunkte auf rund 23,5 Millionen. Im Saldo wird die Bevölkerung in den relevanten Kohorten gegenüber 2020 um rund 5,24 Millionen Personen zunehmen – im Jahr 2040 werden somit 19% der in Deutschland Lebenden 65 Jahre oder älter sein.

Abb. 3: Altersstruktur


Abb. 4: Bevölkerung ab 65 Jahren


Gleichzeitig steigt auch unter den Älteren der Anteil der in der Regel in größerem Maße pflegebedürftigen Personen im Alter von mindestens 85 Jahren. Jede sechste Person im Rentenalter wird in Deutschland 2040 hochbetagt und mit hoher Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig sein. Bereits aus dieser Entwicklung lässt sich ablesen, dass Pflegeheime künftig in größerem Umfang als heutzutage benötigt werden. Etwaige Versorgungsmängel sollten Politik und Wirtschaft daher sowohl aus sozialen als auch aus wirtschaftlichen Erwägungen dringend beseitigen.

Stationäre Pflege gewinnt an gesellschaftlicher Relevanz
Diese in der Breite steigende Bedeutung der stationären Pflege wirkt sich, so zeigt die Auswertung der aktuellen wie der prognostizierten Bedarfe, insbesondere in den Pflegegraden 3 bis 5 aus. Daraus wiederum lässt sich ableiten, dass im Vergleich zur bisherigen Verteilung mehr Menschen auf professionelle Betreuung angewiesen sein werden. Diese wird sich – gerade vor dem Hintergrund des seit Langem diskutierten hohen Kostendrucks in der Pflegeversicherung und eines flächendeckenden Bedarfs nach Pflegekräften – qualitativ und quantitativ am ehesten in stationären Einrichtungen sichern lassen. Die Gesellschaft verlangt also nicht nur aufgrund der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen nach mehr Pflegeheimen, sondern diese werden darüber hinaus in Zukunft einen tendenziell größeren Anteil der Pflegebedürftigen versorgen müssen.

Abb. 5: Haushaltsstruktur


Abb. 6: Struktur der Seniorenhaushalte


Diese Tendenz verstärkt sich durch einige andere gesellschaftliche Trends zusätzlich. Langfristige Entwicklungen, – wie die Urbanisierung, die Zunahme der beruflichen Mobilität und die Verkleinerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße – führen dazu, dass im Durchschnitt weniger Personen im angestammten Wohnumfeld leben, die sich direkt vor Ort in die tägliche Betreuung der Älteren einbringen könnten. Insbesondere in ländlichen Regionen wandern Jüngere aufgrund der andernorts attraktiveren beruflichen Möglichkeiten vielfach ab, die Potenziale zur familiären Pflege sinken also.

Diesen Verlust kann sicherlich nur ein professionelles Angebot ausgleichen. Und dieses wird – auch daran sollte aus den bereits genannten wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen kein Zweifel bestehen – zumindest graduell häufiger als heute stationär organisiert sein müssen.

Hohe Auslastungsquote verdeutlicht Handlungsbedarf
Aufgrund der hohen Abhängigkeit demografischer Vorausberechnungen von kaum vorhersehbaren Faktoren sind Prognosen in absoluten Zahlen zwar generell schwierig. Als konservatives Szenario kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich die Verteilung der Pflegebedürftigkeit innerhalb der entsprechenden Altersgruppen im Laufe der kommenden 20 Jahre nur in Details verschieben wird.

Differenziert man die aktuelle Zahl der Pflegebedürftigen von 4,1 Millionen und die Quote der stationär Betreuten, zeigt sich, dass aktuell 18,3% der Altersgruppe ab 65 Jahren und bereits 58,7% jener ab 85 Jahren pflegebedürftig sind. Dahinter stehen 3,3 Millionen beziehungsweise 1,4 Millionen Personen, von denen wiederum 758.000 Personen (22,9% der Bevölkerung ab 65 Jahren) und 412.700 Personen (29,4% der Bevölkerung ab 85 Jahren) stationärer Pflege bedürfen.

Abb. 7: Prognose Pflegebedürftige


Dies wiederum erlaubt die Annahme, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2040 auf etwa 5,59 Millionen Menschen wachsen wird und davon 1,4 Millionen stationär betreut werden müssen – ein Plus von 580.000 Menschen beziehungsweise mehr als 70% im Vergleich zu 2019. Besonders deutlich wird die Relevanz dieser Zahl allerdings erst vor dem Hintergrund, dass die bestehenden vollstationären Einrichtungen bereits eine hohe durchschnittliche Auslastungsquote von 92,3% aufweisen. Das bestehende Angebot wird dem realen Bedarf perspektivisch nicht einmal annäherungsweise gerecht.

Marode Bestandsimmobilien verschärfen die Angebotslücke
Ein weiterer Bedarf nach zusätzlichen, also noch zu bauenden Pflegeeinrichtungen ergibt sich zudem aus dem hohen Alter der Bestandsimmobilien. Um die Dimension dieser baulichen Angebotslücke zu erfassen, ist es essenziell zu erwähnen, dass es sich in der Regel um stark regulierte Spezialimmobilien handelt.

Die Umnutzung eines Pflegeheims ist ebenso wie der Umbau eines Gebäudes in eine Pflegeimmobilie wirtschaftlich in der Regel unrentabel. Dass 29% des Bestandes ein Alter von mindestens 40 Jahren aufweisen und ihren Lebenszyklus zum Teil überschritten haben, verschärft das gesamtgesellschaftliche Problem in diesem Bereich daher deutlich: Allein etwa 100.000 Pflegeplätze müssen den Berechnungen zufolge durch Ersatzbauten für aktuell noch genutzte Gebäude entstehen.

Abb. 8: Gegenüberstellung Pflegeplatzbedarf und Fortschreibung Bauaktivität bis 2040 (ausgedrückt in Pflegeplätzen)


Demografie- und modernisierungsbedingt führen die hier umrissenen Prozesse unter dem Strich dazu, dass sich ein Bedarf von bis zu 612.000 neu zu bauenden Pflegeplätzen ergibt, der in den kommenden Jahren dringend angegangen werden muss. Aktuell, das zeigt die Analyse, wächst die Nachfrage schneller als neue Kapazitäten aufgebaut werden können. Es sind daher dringend alternative Konzepte, wie der Systempflegeimmobilienansatz von Cureus nötig, um der drohenden sozialen Schieflage zu begegnen.

Die gesamte Studie mitsamt einer Analyse des Projektentwicklungsmarktes lesen Sie hier: www.cureus.de/marktstudie

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*) Dr. Heike Piasecki, Bereichsleiterin Wohn- und Serviceimmobilien bei bulwiengesa, und Gerald Klinck, CFO bei Cureus