Foundation | Welcome

Menu


Pandemie treibt Nachfrage nach Rechenzentren an

Der Bedarf an Datenspeicherung und Datenverarbeitung ist durch die vielfältigen Veränderungen, die wir im Zuge der Covid-19-Pandemie sowohl in Privathaushalten als auch in Unternehmen gesehen haben, weiter angetrieben worden. Der zunehmende Datenverkehr erfordert eine entsprechende Infrastruktur in Form von Rechenzentren. Sie sind in jüngster Zeit zunehmend in den Fokus institutioneller Investoren gerückt, die sowohl auf Kapitalwachstum als auch auf Ertragsströme aus sind und zugleich ein Investment mit Diversifikationseffekt suchen.

Indraneel Karlekar

Rechenzentren sind zu einem wichtigen Rädchen in der Infrastruktur der europäischen Wirtschaft geworden, was einerseits das Interesse der Anleger erhöht hat und andererseits die Unternehmen in diesem Bereich vor die Aufgabe gestellt hat, weiteres Kapital für die Erhaltung und den Ausbau der Infrastruktur anzuziehen.

Die Anbieter von Rechenzentrumsflächen für Unternehmen, sogenannte Colocation-Anbieter, sind zum Beispiel klassische Eigentümer von Rechenzentren und arbeiten intensiv daran, ihre Geschäftsmodelle zu institutionalisieren und die Mietverträge zu standardisieren, um ihr Geschäft besser skalieren zu können. Dadurch wiederum werden sie künftig in der Lage sein, attraktivere Renditen zu erwirtschaften und sich damit ein Investment Grade-Rating zu erarbeiten, ohne dass sie dafür zwingend Eigentümer der Immobilien sein müssen. Im Ergebnis wird dies zu einem Anstieg der Sale-and-Lease-Back-Transationen führen, die wiederum Chancen für Investoren bieten können.

Die professionellen Anleger jedenfalls scheinen die Möglichkeiten, die Rechenzentren ihnen bieten, erkannt zu haben. So sind laut der Data Center Advisory Group von Cushman & Wakefield in den letzten zehn Jahren mehr als 100 Mrd. US-Dollar in Rechenzentren geflossen.

Die FLAP-Märkte bieten gute Chancen
Wie bei vielen anderen Immobiliengattungen ist auch bei Rechenzentren der Standort ein Schlüsselfaktor. An vielen Standorten kämpfen die bereits erwähnten Colocation-Betreiber sowie die großen Cloud-Anbieter Google, Amazon und Microsoft (die sogenannten Hyperscaler) um ihren Platz. Dies ist in Europa vor allem an den Standorten mit der höchsten Konnektivität der Fall, namentlich in Frankfurt, London, Amsterdam und Paris. Diese sogenannten FLAP-Märkte sind zur Heimat eines stetig wachsenden Netzwerks von Rechenzentren geworden. Von den Glasfaserkabeln, die Europa mit der Welt verbinden, liegen die wichtigsten zwischen New York und London und führen von dort weiter zu den Standorten auf den europäischen Kontinent.

Weil die FLAP-Märkte am besten angebunden sind, können sie die geringsten Latenzzeiten und die höchsten Internetgeschwindigkeiten bieten. Für viele Anwendungen sind dies entscheidende Faktoren, sodass an den genannten Standorten die Nachfrage der Unternehmen nach Rechenzentrumskapazitäten am größten ist. Ganz vorn liegt London, das, gemessen an der in Betrieb genommenen Kapazität der Rechenzentren, angegeben in Megawatt, über 711 Megawatt oder 41% der Gesamtkapazität der vier FLAP-Märkte verfügt.

Allerdings haben auch die FLAP-Märkte ihre Herausforderungen. In Frankfurt zum Beispiel herrschen deutlich strengere Umweltauflagen als anderswo und die räumlichen Kapazitäten sind besonders knapp. In Amsterdam, der Stadt mit der höchsten Leerstandsrate, gibt es derweil immer wieder Bedenken, ob es eine ausreichend gute Stromversorgung für die Rechenzentren gibt. Immerhin hat die Regierung in der niederländischen Hauptstadt kürzlich ein Moratorium gegen die Entwicklung von Rechenzentren aufgehoben, und es sind laut CBRE derzeit 30 Projekte in der Pipeline.

In Paris, dem kleinsten Markt innerhalb des FLAP-Quartetts sind hohe Energiekosten lange ein großes Thema gewesen. Ein neuer Steueranreiz, der die Stromkosten für Rechenzentren um die Hälfte reduziert, solange sie sich an Umweltstandards halten, hat nun ein wachsendes Interesse geweckt. Die Stadt bleibt ein wichtiger Markt.

Für Investoren sind die bestehenden Herausforderungen nicht unbedingt eine schlechte Nachricht. Denn Regulierung und limitiertes Platzangebot haben bei Rechenzentren zu einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage geführt, was den Wert bestehender Rechenzentren grundsätzlich erhöht und sie zu attraktiveren Investitionen macht. Ein bestehendes Rechenzentrum in einem der europäischen Kernmärkte – mit den richtigen Stromverträgen und Zugang zu internationalen Glasfaserleitungen – hat einen deutlichen Vorteil gegenüber Neueinsteigern. Dieses Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage ist in den Vereinigten Staaten oder anderen großen Rechenzentrumsmärkten nicht annähernd so stark wie in Europa.

Wettbewerbsbarrieren schaffen Chancen in der zweiten Reihe
Da die FLAP-Märkte mittlerweile die Rechenzentrumslandschaft in Europa dominieren, ist die Situation für neue Marktteilnehmer nicht einfach. Neben der Suche nach idealen Standorten ist ein hohes Maß an Fachwissen erforderlich, um die Komplexität des Marktes zu verstehen. Rechenzentren müssen sich in der Nähe einer gut zugänglichen Stromversorgung befinden, in der Nähe eines großen Ballungsraumes liegen und erfordern einen erheblichen Umfang an laufenden Investitionen in die Infrastruktur, einschließlich Datenschutz, Technologie-Upgrades und Notstromgeneratoren.

Da in den FLAP-Märkten die Eintrittshürden besonders hoch liegen, entstehen in anderen Märkten in Europa neue Chancen. Interessant sind vor allem Standorte, die ebenfalls mit niedriger Latenz und hoher Bandbreite punkten können. Märkte der zweiten Reihe wie Zürich und Mailand, die über eine relativ erschwingliche Energieversorgung verfügen, ziehen zum Beispiel vermehrt die Aufmerksamkeit der Investoren auf sich. Madrid und Barcelona profitieren von den geografischen und kulturellen Verbindungen nach Südamerika, während Marseille ein wachsender Knotenpunkt für die Konnektivität mit Afrika ist.

Dublin spielt zwar nicht in der gleichen Liga, hat sich aber ebenfalls zu einem Anwärter im Rennen um Rechenzentren entwickelt. Die irische Hauptstadt profitiert von ihrer Lage zwischen den USA und Großbritannien und von niedrigen Unternehmenssteuern. Sie ist insbesondere Sitz von Hyperscalers sowie Standort von Facebook.

Infrastruktur oder Immobilie?
Während einige Investoren Rechenzentren als Infrastruktur-Investition betrachten, sind sie auch in der Betrachtung als traditionelles Immobilieninvestment attraktiv. Rechenzentren bieten Diversifikationsvorteile mit geringen Korrelationen zu traditionellen Anlagen und anderen Immobilientypen. Sie bieten langfristige Erträge aufgrund der Mieterstrukturen, die dazu beitragen, im Laufe der Zeit stabile Erträge zu erzielen. Folgerichtig haben sich Rechenzentren auch in Zeiten einer hohen Volatilität wie in den vergangenen 12 Monaten als äußerst widerstandsfähig erwiesen, da sie weniger anfällig für kurzfristige Wirtschaftszyklen sind und sich über Wachstums- und Rezessionszyklen hinweg stabil behaupten.

Da sich die Branche durch Fusionen und Übernahmen konsolidiert und immer mehr Rechenzentren im Besitz institutioneller Anleger sind, werden diese Immobilien nur noch wertvoller werden. Zugleich bietet diese Immobiliengattung Investoren die Möglichkeit, von dem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage im Markt zu profitieren.

---
*) Indraneel Karlekar, Ph.D., Global Head of Research & Strategy, Principal Real Estate Investors