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Kommentar: Wohnimmobilien bleiben erste Wahl

Allen Unkenrufen zum Trotz sehen wir aktuell fünf Gründe, warum Wohnimmobilien weiterhin einen ganz wichtigen Stellenwert in der Allokation haben sollten.

Michael F. Legnaro

Experten erwarten stark steigende Immobilienpreise
Internationale Experten erwarten global betrachtet eine Steigerung von 9% p.a. über die nächsten zehn Jahre. In Deutschland werden Steigerungsraten von 7,2% gesehen. Als Gründe für diese Entwicklung in ihren Ländern nannten die Fachleute auf der Nachfrageseite bessere Lebensstandards und höhere Einkommen, ein voranschreitendes Wachstum der Bevölkerung sowie veränderte Präferenzen bezüglich Wohnraums- und Auslandsinvestitionen. Zu den Angebotsfaktoren zählten laut Umfrage Platzbeschränkungen, begrenzte Produktionskapazitäten sowie Renovierungskosten.

Auch die aktuellen Daten zum Immobilienmarkt nach Abschluss des zweiten Quartals zeigen in diese Richtung. Der Preisrückgang – eher eine Konsolidierung auf hohem Niveau nach den dynamischen Raten der letzten zwei Jahre – verlangsamt sich und flacht ab. Zudem werden Immobilien im Wohnbereich jetzt wieder vermehrt nach der Energiebilanz eingepreist. Daraus abgeleitet trifft der Preisrückgang Wohneinheiten mit einem Sanierungsstau wesentlich härter. Neubauimmobilien hingegen bleiben preiskonstant.

Zurückhaltung der Investoren dürfte nachlassen und den Markt wieder mit Kapital versorgen
Noch sieht man keine Belebung des Transaktionsmarktes. Die institutionellen Investoren haben in den letzten Jahren ihre Immobilienquote ausgebaut – leider häufig mit „falschen“ Immobilien. Hinzu kommt, dass durch den Zinsanstieg die „Hebelung“ des Investments nicht mehr gelingt.

Auch die Lage einiger Projektentwickler, der Immobilienunternehmen und die eingeleiteten Insolvenzverfahren bzw. Bilanzkorrekturen vermiesen die Stimmung. Ein genauerer Blick auf die Problemfälle zeigt aber, dass hierfür hauptsächlich der Abschreibungsbedarf auf „Altimmobilien“, Büroprojekte bzw. Bestands- und Einzelhandelsimmobilien verantwortlich sind. Diese Differenzierung wird zu einer Neuadjustierung innerhalb der Immobilienquote führen müssen, die Zeit braucht. Es müssen neue zukunftsträchtige Investments und Käufer für „Fehlinvestitionen“ gefunden werden. Dabei stehen – wie immer in unruhigen Zeiten – das Risikomanagement und die Banken nicht immer hilfreich zur Seite.

Auf der anderen Seite fehlen auch neue Projekte. Viele Entwickler haben aufgrund der Gesamtlage Projektentwicklungen gestoppt oder sogar komplett gestrichen. Zudem sind die Baugenehmigungen sind im ersten Halbjahr deutlich zurückgegangen.

Daher ist zu erwarten, dass sich aufgrund der fundamentalen Daten künftig Wohnimmobilien und/oder Sozialimmobilien als Favoriten erweisen werden.

Der aktuelle Preisrückgang bei den Bestandsimmobilien wird sich zwangsläufig auflösen
Da die Bautätigkeit weiterhin rückläufig ist und die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot größer wird – aktuell sprechen wir bereits von 700.000 fehlenden Wohneinheiten – werden sich die Interessenten bei der Wohnungssuche mehr auf bestehende Objekte konzentrieren müssen.

Für Bestandsimmobilien in solidem Zustand wird der Preisrückgang somit zeitnah ein Ende finden. Bei einer Stabilisierung der Zinslandschaft werden auch wieder steigende Preise zu sehen sein. Anders sieht es bei unsanierten Wohneinheiten aus. Der Preisverfall bei schlecht sanierten Gebäuden wird sich dagegen fortsetzen.

Zwischenfazit: Die Neubauzahlen werden auf absehbare Zeit hinter dem Bedarf zurückbleiben – und stabilisieren dadurch die Preise für Bestandsimmobilien. Insgesamt kommt es auf dem Mietmarkt zu einem starken Verdrängungswettbewerb für verfügbaren Wohnraum. Dies könnte für sozialen Sprengstoff sorgen.

Die Gesamtentwicklung auf dem deutschen Wohnungs-markt wird die Mietpreisentwicklung befeuern
Die Mieten in Deutschland werden in den nächsten Jahren nahezu zwangsläufig weiter steigen. Jede nicht gebaute Wohnung verschärft den Druck auf den Mietmarkt.

Hinzu kommt, dass die aktuellen gesetzlichen Regelungen (Mietpreisbremse) zu einer Zweiteilung am Mietmarkt führen. Die Bestandsmieter sind gut geschützt, die Neumieter treffen die Mietpreissteigerungen voll.

Bei Neuverträgen gab und gibt es, je nach Lage, Sprünge im Vergleich zum Vorjahr von bis zu 20%. Leere Neubauwohnungen oder freie vollsanierte Wohneinheiten gibt es faktisch keine, auch nicht in Lagen, die früher weniger gefragt waren.

Traue keiner Statistik: Insgesamt wird die Mietpreisstatistik verfälscht, da die hohen Preisanstiege der Neuverträge, insbesondere für Neubauten, nur mit einer geringen Quote in die Zahlen einfließen.

Deutschland bleibt ein Land der Mieter
Die Wohneigentumsquote ist im EU-Vergleich besonders niedrig. In Deutschland leben nur ca. 45% der Haushalte im selbst genutzten Wohneigentum. Der Durchschnitt in Europa liegt bei fast 70%. Damit hat der Mietmarkt in Deutschland eine wesentlich höhere Bedeutung.

Ende der 1990er- und in den 2000er-Jahren hat die Politik die Eigentumsbildung stark gefördert – in der Spitze mit über 10 Mrd. Euro in den 2000er Jahren. Heute liegt das Fördervolumen unter 1 Mrd. Euro. Das heißt, die Politik hat die Eigentumsförderung aus den Augen verloren. Selbst die niedrigen Zinsen für Baukredite in den 2010er Jahren hat daran wenig verändert. Höhere Erwerbsnebenkosten – wie die Grunderwerbssteuer, die steuerliche Belastung von Wohneigentum über die Grundsteuer, die Nichtabzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen sowie die höheren Eigenkapitalanforderungen und strengeren Beleihungsgrenzen bei Baukrediten haben dagegengewirkt.

Besonders niedrig ist die Wohneigentumsquote in den deutschen Großstädten: Während auf dem Land oder kleineren Städten die Quote bei über 50% liegt, ist sie in den Großstädten bei ca. 25%.

Diese Entwicklung wird sich auch in den nächsten Jahren nicht verändern. Die hohen Baukosten, die gestiegenen Zinsen, die zu erwartenden höheren Belastungen durch die Umstellung der Grundsteuerberechnung und die weiterhin bedauernswerterweise hohe Risko-Aversion der Banken erschweren den Eigentumserwerb. Daher ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen und Mietshäusern auch im Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwicklung deutlich steigen wird.

Für Investoren bedeutet diese Gemengelage, dass bei gleichen Preisen und Zinsen auch die Rendite von vermieteten Wohnimmobilien wieder oberhalb des Fixed-Income-Returns liegen wird. Der Effekt könnte sich sogar noch verstärken, wenn die Pläne der Bauministerien bezüglich der Neuregelung bei den Abschreibungen verabschiedet wird.

Für uns heißt das Fazit daher: Auch in den nächsten Jahren bleibt ein Wohnimmobilieninvestment – insbesondere über Projektentwicklungen/Neubauten – erste Wahl.

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*) Michael F. Legnaro, Geschäftsführer AGORA ADVICE GmbH