München steht symptomatisch für die deutschen Top-Städte
Exemplarisch zeigt sich diese Entwicklung in München, traditionell einer der stabilsten und teuersten Bürostandorte Europas. Die Leerstandsquote ist im ersten Quartal 2025 auf 7,9% gestiegen – das höchste Niveau seit mehr als zehn Jahren. Doch dieser Wert ist differenziert zu betrachten: Während in der Altstadt nur 1,6% der Flächen leer stehen, liegt die Quote innerhalb des Mittleren Rings bei unter 4%. Auffällig hoch ist sie vor allem bei älteren, nicht ESG-konformen Objekten in peripheren Lagen.
Gleichzeitig geht die Bautätigkeit spürbar zurück. Die Zahl der Fertigstellungen liegt auf einem historischen Tiefstand. Insgesamt befinden sich rund 516.000 qm im Bau, doch die Projektpipeline zeigt bereits ab 2027 eine deutliche Delle. Sobald sich Konjunktur und Geschäftsklima verbessern, dürfte der Wettbewerb um moderne Flächen in attraktiven Lagen deutlich zunehmen.
Denn institutionelle Fondsmanager fokussieren sich derzeit in Deutschland noch vorrangig auf Wohnimmobilien, gefolgt von Logistikobjekten und Einzelhandelsimmobilien mit Nahversorgungsfunktion. Das war der Tenor einer Diskussionsrunde auf der Jahrestagung Immobilienfonds des Sachverständigenverbands BIIS im Juni. Damit aber ist absehbar, dass sich das Neubauangebot im Bürobereich auch perspektivisch weiter verknappen dürfte.
Politische Investitionen als Impulsgeber
Parallel dazu wirken politische Programme mit strukturellem Einfluss. Die Bundesregierung hat umfangreiche Investitionspakete verabschiedet, darunter milliardenschwere Programme zur Erneuerung von Infrastruktur, Energie und Digitalisierung für die Länder. Diese Maßnahmen schaffen mittel- bis langfristig neuen Flächenbedarf – nicht nur im öffentlichen Sektor, sondern auch in projektsteuernden und beratenden Bereichen. Regionen wie München, mit ihrer industriellen und technologischen Dichte, sind hier besonders exponiert.
Auch wenn sich diese Dynamik noch nicht in den aktuellen Vermietungszahlen abbildet, sind die Effekte auf mittlere Sicht absehbar: zusätzliche Nachfrage, mehr Beschäftigung in wissensintensiven Branchen, neue Standortanforderungen. Wer frühzeitig auf die richtigen Lagen und Objekte setzt, sichert sich strategische Vorteile.
ESG-Vorgaben verändern die Angebotsseite grundlegend
Die zweite Kraft auf der Angebotsseite ist regulatorischer Natur. Die überarbeitete EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) verpflichtet die Mitgliedstaaten, die energetisch schlechtesten 16% der Nichtwohngebäude bis 2030 zu sanieren – bis 2033 sollen es bereits 26% sein. In Deutschland betrifft dies insbesondere Bürogebäude aus den 1960er- bis 1990er-Jahren. Ohne umfassende Ertüchtigung verlieren sie perspektivisch ihre Vermietbarkeit.
Gleichzeitig gewinnen ESG-konforme Gebäude an Marktwert: Nachhaltig zertifizierte Objekte in gefragten Lagen erzielen teils zweistellige Mietaufschläge gegenüber unsanierten Wettbewerbern. Diese „Green Premiums“ setzen sich zunehmend auch in der Preisbildung durch, während nicht zertifizierte Immobilien Abschläge („Brown Discounts“) hinnehmen müssen – ein Trend, der sich mit jeder regulatorischen Verschärfung weiter verstärkt.
Einstiegspunkt für strategisch denkende Investoren
In diesem Kontext ergibt sich ein bemerkenswertes Rendite-Risiko-Profil für institutionelle Investoren: Die Spitzenmiete in München stieg im ersten Quartal 2025 auf 54,00 Euro/qm, ein Jahresplus von 6%. In der Altstadt wurden sogar Mieten von 60,00 Euro/qm und mehr erzielt. Die Spitzenrendite liegt aktuell bei 4,3% – stabil und wettbewerbsfähig im Vergleich zum Rentenmarkt.
Die Preisniveaus sind im Zuge der Marktkorrektur bereits deutlich gesunken, die Auswahl an investierbaren Produkten ist hoch und erste Transaktionen signalisieren eine vorsichtige Rückkehr der Marktakteure. Wer jetzt in zertifizierte Objekte investiert – sei es im Bestand oder im Neubau –, kann von attraktiven Einstiegskonditionen, ESG-Boni und weiter zunehmender Nachfrage profitieren.
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*) Sarah Červinka, Managing Partner, Knight Frank München
Kommentar: Paradoxe Büromärkte – die Flächenknappheit von morgen ist vorprogrammiert

Sarah Červinka