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Kommentar: Die Agrar-Herausforderung – wo eine nachhaltige Transformation Potential bietet

Der Aufbau von Agrarsystemen zur Ernährung der schnell wachsenden Weltbevölkerung, die bis 2050 schätzungsweise zehn Milliarden Menschen erreichen wird, ist eine der dringendsten Nachhaltigkeitsherausforderungen für die Menschheit. Die derzeit vorherrschenden globalen Landwirtschafts- und Lebensmittelproduktionsmodelle bergen aufgrund der zunehmenden ökologischen Belastungen, einschließlich des Klimawandels, für die Landwirtschaft zunehmende Herausforderungen und damit auch Risiken für die Investitionsrendite. Am Markt zeigen sich aussichtsreiche Lösungsansätze, um Agrarsysteme sowie die Nahrungsmittelproduktion nachhaltiger zu gestalten.

Mohsin Ahmad

Die Welt nachhaltig ernähren
Die Agrarwirtschaft ist ein zentrales Thema für die heutige Nachhaltigkeitsdiskussion. Das derzeitig vorherrschende Agrarmodell, welches bereits seit der Grünen Revolution in den 1960er Jahren zum Einsatz kommt, ist nicht mehr zeitgemäß. Der Ansatz setzt auf eine geringe Artenvielfalt, bedingt einen hohen Einsatz von Chemikalien, Energie und Kapital. Damit sind sowohl die Landwirtschaft als auch die Nahrungsmittelproduktion derzeit für fast 25% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Sollte eine zeitnahe Kehrtwende ausbleiben, wird bis 2050 ein Emissionsanstieg um mehr als 30 Prozent prognostiziert. Außerdem bewirkt die großflächige Nahrungsmittelproduktion eine Verschlechterung der Bodenqualität. Der Einsatz von Chemikalien, die Abholzung von Wäldern, die übermäßige Entnahme von Grundwasser, der Verlust der Artenvielfalt sowie die Verschmutzung von Gewässern durch den Abfluss von Düngemitteln, Pestiziden und Herbiziden bedingen weitere Kollateralschäden.

Heute ist bereits ein Drittel des Erdreichs weltweit geschädigt. Ohne einen signifikanten Kurswechsel werden bis 2050 90% des weltweiten Erdreichs stark beeinträchtigt sein. Zudem wird von Experten eine weitere Ausweitung der Anbaufläche für Acker- und Weideland in den nächsten drei Jahrzehnten um 600 Millionen Hektar prognostiziert. Folglich werden weitere Wälder und natürliche Ökosysteme vernichtet werden. Anhand dieser Fakten wird deutlich, dass sich unabhängig von einer ökologischen, wirtschaftlichen oder sozialen Sichtweise, die weltweite Ernährung ändern muss. Angepasste Agrar- und Nahrungsmittelsysteme können die Lebensbedingungen sowie die Gesundheit der Menschen verbessern, gesündere Ökosysteme schaffen und zugleich der drohenden Gefahr der globalen Erwärmung begegnen.

Die landwirtschaftliche Herausforderung
Die Herausforderung besteht zukünftig darin, eine Weltbevölkerung zu ernähren, die bis zum Jahr 2050 auf zehn Milliarden Menschen anwachsen wird. Damit einhergeht eine Nahrungsmittelnachfrage, die rund 50% über der heutigen Produktion liegt. Doch es gibt Gründe für Optimismus. Denn es zeichnet sich ein zunehmend globaler Wandel hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ab. Dieser bringt auch einige attraktive Anlagemöglichkeiten mit sich, da neue Technologien und Geschäftsmodelle an Fahrt gewinnen. Dabei sehen wir vier wesentliche Investitionsbereiche, die den Wandel in der Nahrungsmittelproduktion vorantreiben.

Gesundheit des Bodens
Der erste Bereich ist die regenerative und biologische Landwirtschaft, die auf die Verbesserung der Bodenqualität abzielt. Die organische Bodensubstanz, die aus pflanzlichen und tierischen Abfällen in verschiedenen Stadien der Zersetzung besteht, spielt eine entscheidende Rolle für das Erdreich. Eine Erhöhung der organischen Bodensubstanz um 1% ermöglicht dem Boden, 20.000 Liter Wasser pro Hektar mehr zu speichern. Als leistungsfähiger Speicher für Kohlendioxid spielt die organische Bodensubstanz zudem eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf und folglich für die Abschwächung des Klimawandels. Die Investitionsmöglichkeit liegt in den Kohlenstoffgutschriften, die durch ein besseres Bodenmanagement generiert werden können. Aktuell beobachten wir neue Geschäftsmodelle, die den Kohlenstoffgehalt im Boden mit verschiedenen Technologien überwachen und messen.

Kontrollierte Landwirtschaft
Weitere Anlagemöglichkeiten sehen wir in der kontrollierten Landwirtschaft. In städtischen Gebieten werden bereits heute Indoor- oder vertikale Farmen oder auch in größerem Maßstab moderne Gewächshäuser betrieben. Hier sehen wir insbesondere in den entwickelten Volkswirtschaften eine anziehende Dynamik. Start-ups und Unternehmen in den USA und Europa, die sich auf eine kontrollierte Landwirtschaft fokussieren, entwickeln bereits erste zukunftsweisende Modelle. Diese konzentrieren sich auf die Ernährungsversorgung einer schnell wachsenden Stadtbevölkerung. Dabei kommen künstliche Intelligenz sowie andere fortschrittliche Technologien zum Einsatz. Eine kontrollierte Landwirtschaft wird unerlässlich sein, um das zukünftige Städtewachstum sowie die zunehmende Urbanisierung der Welt nachhaltig aufzustellen. Auch im Hinblick zunehmender extremer Wetterereignisse bringt die kontrollierte Landwirtschaft Vorteile mit sich. Ein besserer Schutz senkt das damit einhergehende Ernteausfallrisiko.

Der Kampf gegen die Verschwendung
Als dritten wesentlichen Investitionsbereich innerhalb der nachhaltigen Landwirtschaft sehen wir die wachsende Vermeidung von Ausschüssen in den Lebensmittellieferketten. Fast ein Drittel aller produzierten Lebensmittel geht heute als Abfall verloren. Der Wasser-, Land-, Energie-, Arbeits- und Kapitalaufwand für die Produktion und anschließende Entsorgung dieser Lebensmittelabfälle belastet das Nahrungsmittelsystem und erhöht die Treibhausgasemissionen. Nahrungsmittel gehen in der gesamten Lebensmittelversorgungskette verloren. Dies umfasst bereits den Anbau, die Lagerung, die Verarbeitung sowie den Vertrieb bis hin zu den Lebensmitteln, die von den Einzelhändlern und Haushalten entsorgt werden. ReFED, eine NGO, die sich zum Ziel gesetzt hat, der Lebensmittelverschwendung ein Ende zu setzen, schätzt, dass eine 20-prozentige Verringerung der amerikanischen Lebensmittelverschwendung in den nächsten zehn Jahren dem Wegfall von vier Millionen Autos entsprechen würde. Zu den vielversprechenden Innovationen und Lösungen in diesem Bereich gehören Plattformen. Hier werden Landwirte mit vorher festgelegten Lebensmittelkäufern zusammengebracht. Damit wird der Entsorgung von Nahrungsmitteln vorgebeugt, die beispielsweise aus reiner Marketing-Perspektive weniger vorzeigbar sind. Diese Lebensmittel werden für andere wertschöpfende Produkte, wie Säfte oder ähnliche Güter, genutzt.

Fleisch auf Pflanzenbasis
Das Wachstum einer neuen Fleischindustrie auf pflanzlicher Basis, ist ein weiteres Beispiel für den Übergang zu nachhaltigen, ressourcenschonenden Lebensmitteln. Die Viehzucht ist enorm treibhausintensiv. Pflanzliche Ersatz-Produkte bieten aus Nachhaltigkeitssicht daher bedeutende Ansätze. Unternehmen in diesem Bereich zeigen bereits heute neben nachhaltigen Lösungen für die weltweiten Agrar- und Lebensmittelproduktionssysteme auch attraktive Wachstumsaussichten auf.

Ausblick
Viele der innovativen Lösungen befinden sich noch in einem frühen Stadium, verfügen aber bereits heute über ein enormes langfristiges Marktpotenzial. Folglich bieten sie Investoren aussichtsreiche Anlagemöglichkeiten mit nachhaltigem Ausblick für die Menschheit.

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*) Mohsin Ahmad, Fondsmanager des Regnan Global Equity Impact Solutions Fund