Vor zwei Jahren hat die EU die Weichen für eine Erweiterung des CO2-Emissionshandels gestellt. Neben dem bisherigen System EU-ETS 1, das Energiewirtschaft, Luft- und Seeverkehr sowie energieintensives Gewerbe umfasst, soll ab 2027 ein zweites System (EU-ETS 2) greifen. Es wird die Emissionsrechte für Gebäude, Straßenverkehr und weitere Sektoren handelbar machen.
Das hat große Auswirkungen auf die Preise konventioneller Energieträger. Die Anbieter fossiler Brennstoffe wie Gas, Heizöl und Benzin werden verpflichtet, Emissionszertifikate zu kaufen. Dies wird aller Voraussicht nach zu höheren CO2-Preisen führen und damit die Energiepreise für Verbraucher verteuern. Und zwar weitaus mehr als die seit 2020 in Deutschland erhobene CO2-Abgabe. Dieser bislang staatlich vorgegebene Preis, der aktuell bei 55 Euro pro Tonne CO2 liegt, soll ab 2027 frei am Markt handelbar sein und könnte laut Experteneinschätzungen auf ca. 200 bis 300 Euro steigen.
Das Prinzip ist klar: Die 27 EU-Mitgliedstaaten wollen gemäß ihrem „Green Deal“ bis 2050 klimaneutral werden. Wer auf diesem Weg Emissionen vermeidet, wird belohnt. Wer weiterhin viel CO2 emittiert, wird mit einer höheren Abgabe bestraft. Des Weiteren soll die Zahl der Zertifikate peu à peu reduziert werden. Aufgrund dieser Verknappung steigen die Preise für Zertifikate. Gleichzeitig nimmt der Druck, auf grüne Energien umzusteigen, zu.
Die EU will den Umstieg durch verschiedene Maßnahmen abfedern. Die anfallenden Erlöse aus dem Zertifikatehandel müssen die Mitgliedsstaaten in Klimaschutzmaßnahmen beziehungsweise in den sozialen Ausgleich der Klimawende stecken.
Auch die neue Bundesregierung steht hinter den Plänen einer mittels CO2-Preis gesteuerten Klimawende. Das hat sie auch im Koalitionsvertrag fixiert (Koalitionsvertrag, Zeile 755f.). Bereits die Ampel-Regierung hatte ein Klimageld geplant, das Haushalte mit hohen Energieausgaben entlasten sollte. Aufgrund des Koalitionsbruchs wurde es nicht umgesetzt. Die neue Bundesregierung erwähnt das Klimageld nicht im Koalitionsvertrag und legt ihren Fokus auf günstigere Strompreise (Zeile 1077ff). Dies könnte, flankiert mit Fördermitteln, ebenfalls einen Umstieg auf Erneuerbare Energien signifikant beflügeln.
Investoren sollten sich intensiver mit Erneuerbaren-Energien-Fonds befassen
Institutionelle Investoren sollten diese politischen Hintergründe und die anstehenden Transformationen im Blick haben und bereits heute überlegen, verstärkt in Erneuerbare Energien zu investieren. Hierfür bieten sich Fonds an, die in Solar- und Windparks sowie in Batteriespeicher investieren.
Im Übrigen schätzen die allerwenigsten Verbraucher, nämlich lediglich fünf Prozent, die Mehrkosten, die sich aus der neuen CO2-Preispolitik ergeben, realistisch ein. Das geht aus einer Umfrage des schwedischen Clean-Energy-Unternehmens Aira hervor. 23% der Befragten erwarten einen Preis von unter 500 Euro pro Tonne, ein Drittel von bis zu 800 Euro; 20% trauten sich keine Preiseinschätzung zu. Das korreliert mit einem weiteren Ergebnis der Untersuchung: Demnach haben zwar die meisten Deutschen vom CO2-Preis gehört, verfügen aber über kein Detailwissen, während 23% der Befragten überhaupt nicht wissen, was sich hinter der Abgabe verbirgt.
Wenn Experten recht behalten und der CO2 -Preis von derzeit 55 Euro pro Tonne ab 2027 auf 200 bis 300 Euro steigt, würden sich für ein Einfamilienhaus mit Gasheizung die Energiekosten pro Jahr um bis zu 1.400 Euro erhöhen. Einzelne Fachleute können sich gar einen Anstieg der Abgabe auf 380 Euro pro Tonne und darüber hinaus vorstellen.
Große Bandbreite an Investitionsmöglichkeiten
Eine der Konsequenzen: Im Gebäudesektor wird sich die Nachfrage nach strombetriebenen Wärmepumpen wahrscheinlich deutlich erhöhen. Ein Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Verfügbarkeit von Ökostrom. Schließlich ist Strom die einzige Energiequelle, die sich klimaneutral durch Wind, Sonne und Wasserkraft erzeugen lässt.
Dabei ist zu bedenken, dass nicht nur Wärmepumpen die Nachfrage nach Solar- und Windstrom steigern. Auch der Umstieg auf E-Mobilität sowie im IT-Sektor der Bedarf an Speicherkapazitäten für Cloud-Computing und KI-Anwendungen erhöhen den Bedarf. Man geht davon aus, dass der jährliche Stromverbrauch in Deutschland von etwa 560 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2021 auf 750 TWh im Jahr 2030 steigt. Trotz dieser Verbrauchssteigerung sollen bis 2030 mindestens 80% des Stroms in Deutschland aus Erneuerbarer Energie stammen.
Davon profitieren Investments in Branchen, die beispielsweise mit Solar- und Windparks, Wasser und Geothermie klimafreundlichen Strom erzeugen. Ferner sind Investments in die Infrastruktur denkbar, wie beispielsweise in neue, leistungsfähige Stromtrassen und Batteriespeicher. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Dienstleistungsunternehmen rund um die grüne Transformation, so etwa Firmen, die einem automatisierten Energiemanagement in Gebäuden den Energieverbrauch von Gebäuden merklich senken können.
Sektor der Erneuerbaren Energien profitiert vielleicht zusätzlich von 500-Mrd. Sonderfonds des Bundes
Einnahmen aus dem ETS-2-Emssioneshandel könnten genutzt werden, um Projekte im Bereich erneuerbare Energien und klimafreundliche Stromgewinnung zu fördern. Ein erhöhtes Auftragsvolumen in diesen Zukunftsbranchen könnte zur Folge haben, dass die Unternehmen für anstehende Expansionen mehr Kapital benötigen und sich ihr Unternehmenswert mittel- und langfristig erhöht. Aber auch Firmen mit aktuell schlechter CO2-Bilanz, die sich künftig zu einer konsequenten Dekarbonisierung verpflichten, können attraktive Investments sein, wenn nach ihrer Transformation ihr Unternehmenswert steigt. Ein wichtiger Treiber der Treibhausgas-Reduktion konventioneller Industriebetriebe werden die geplanten nationalen und EU-weiten Regelungen sein, wie die Erträge aus dem Zertifikate-Handel künftig verwendet werden und in welcher Form Unternehmen davon profitieren.
Möglich ist ferner, dass von dem Sonderfonds in Höhe von 500 Mrd. Euro zur Unterstützung von Infrastruktur, Verteidigung und Klimaschutz Gelder in den Ausbau Erneuerbarer Energien fließen. Immerhin sollen davon mindestens 100 Mrd. Euro in den Klimaschutz gehen.
Es ergibt also Sinn, sich schon heute mit den anstehenden Transformationen zu befassen: Ein stark erhöhter CO2-Preis wird die Energiewende nicht nur im Gebäudesektor, sondern auch beim Individualverkehr verändern und den Umstieg von Verbrenner-Motoren auf Elektromobilität beschleunigen. Professionelle Investoren sollten nicht zu den 23% der Verbraucher zählen, die von CO2-Preisen, ihren Anpassungen und den Auswirkungen nichts gewusst haben.
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*) Holger Pfleger, Geschäftsführer FOM Invest GmbH
Gastbeitrag: Steigender CO2-Preis erhöht Nachfrage nach Investments in Erneuerbare Energien

Holger Pfleger (Bildrechte: FOM Invest)