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Gastbeitrag: Private Credit in Schwellenländern – eine noch weitgehend unerschlossene Anlageklasse

Private-Credit-Investments in Schwellenländern sind ein junges Phänomen. Als Assetklasse haben sie sich erst während der letzten sieben Jahre herausgebildet. Trotzdem lohnt ein Blick weiter zurück, um die Entwicklung dieses Segments besser nachvollziehen zu können. 2008, nach der Finanzkrise, wandten sich viele Anleger aus den Industrieländern alternativen Anlagestrategien zu, um die Rendite ihrer Portfolios zu steigern. Andere wiederum erweiterten ihre geografische Reichweite um Assets aus Schwellenländern und konzentrierten sich dabei vor allem auf liquide Strategien für die Public Markets.

Mihai Florian

Illya Zyskind

Daneben gab es allerdings noch einen anderen, alternativen Ansatz, den die meisten Anleger zum damaligen Zeitpunkt außer Acht ließen. Die Vergabe von großen Krediten in Hartwährung an große, gut aufgestellte Unternehmen in Schwellenländern war damals neu und ist bis heute noch weitgehend unerschlossen. Neben ihrer relativen Effizienz bieten private Kredite mehrere Vorteile in Bezug auf Kapitalbeschaffung, Renditeprofil, Risikokontrolle und Kapitalrückfluss.

Marktlücke
Strukturelle Veränderungen im Bankensektor seit 2008 haben dazu geführt, dass Banken heute strengeren regulatorischen und kapitalbezogenen Auflagen unterworfen sind. Die Folge war ein Rückgang der Finanzierung von Unternehmen – und das schuf eine Chance für Private-Credit-Manager.

Kreditnehmer in Schwellenländern verfügen nur über sehr begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten: Zum einen haben lokale Banken nicht denselben Zugang zu Liquidität wie in Industrieländern, weshalb sie in ihrer Kreditvergabe eingeschränkt sind. Zum anderen sind auch die Kapitalmärkte in Schwellenländern in der Regel nicht groß und liquide genug, um Unternehmen eine ausreichende Finanzierung zu ermöglichen. Das bedeutet, dass Private-Credit-Investoren ihr Kapital zu günstigen Konditionen an erstklassige Kreditnehmer verleihen können. In reiferen Märkten ist dies aufgrund des hohen Wettbewerbs sowie der Größe und Liquidität der Kapitalmärkte nicht in gleichem Maße möglich.

Bessere Konditionen
Diese Fülle an Anlagemöglichkeiten im Bereich der privaten Kredite in Schwellenländern hat den Weg für Strategien geebnet, die sich auf Kredite an hochwertige Unternehmen mit geringer Verschuldung und verlängerter Finanzierung unter sehr soliden Bedingungen konzentrieren.

Dabei ermöglichen private Kredite im Vergleich zu Private Equity einen schnelleren Kapitaleinsatz. Kredite erfordern in der Regel weniger umfängliche Due-Diligence und Verhandlungen, so dass Anleger schneller Kapital bereitstellen können. Auch die Anlagedauer ist kürzer – oft etwa drei Jahre gegenüber sieben bis zehn Jahren bei Private Equity. Amortisierende Kreditstrukturen ermöglichen es zudem, Kapital innerhalb der Laufzeit eines Fonds wiederzuverwenden.

Verträge mit Schwellenländer-Unternehmen, die für ausländische Investoren infrage kommen, werden in der Regel nach internationalem Recht – meist englischem oder New Yorker Recht – abgeschlossen. Der Schutz der Gläubiger durch entsprechende Vertragsklauseln und die Beschränkungen für Schuldner sind daher für Investoren günstiger als bei Finanzierungen für vergleichbare Unternehmen in Industrieländern. Aus Gläubigersicht unterscheiden sich die Konditionen bei der Kreditvergabe in Industrieländern und in Schwellenländern deshalb deutlich. Anders formuliert: Um Renditen zu erzielen, wie sie in Schwellenländern möglich sind, müssen Gläubiger bei der Kreditvergabe in Industrieländern eine deutlich schlechtere Bonität und schlechtere Vertragsbedingungen akzeptieren.

Attraktives Rendite- und Risikoprofil
Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Private Credit und Private Equity, insbesondere mit Blick auf Schwellenländer, liegt in der Art der Kapitalrendite. Die Performance von Privatkrediten basiert auf vertraglichen Rückzahlungsverpflichtungen und nicht auf marktabhängigen Exit-Bewertungen oder Multiplikatoren. Der Erfolg hängt nicht von einem schnellen Geschäftswachstum ab, sondern vielmehr von der Fähigkeit des Kreditnehmers, feste Zahlungsbedingungen einzuhalten. Dies steht im Gegensatz zu Private Equity, wo die Performance häufig anfällig für Bewertungsschwankungen, regulatorische Änderungen und Steueranpassungen ist, die Renditen schmälern können.

Attraktiv ist zudem der stetige Einkommensstrom durch regelmäßige Zinszahlungen, im Gegensatz zu Private Equity oder Risikokapital in der Frühphase, die selten Zwischencashflows generieren. Auf diese Weise vermeiden Privatkredite den J-Kurven-Effekt. Darüber hinaus bieten variabel verzinsliche Strukturen Schutz vor Zinsunsicherheiten, während moderate Verschuldungsgrade, in der Regel zwischen dem Zwei- und Vierfachen, den Kreditnehmern helfen, auch bei Zinserhöhungen widerstandsfähig zu bleiben.

Aus Risikosicht bieten private Kredite ein besser kontrollierbares Engagement. Kredite nehmen in der Kapitalstruktur eine vorrangige Position ein, sodass Kreditgeber im Falle eines Ausfalls vorrangige Ansprüche auf Vermögenswerte haben. Sicherheiten sind oft umfassend, decken mehrere Anlageklassen ab und können selektiv durchgesetzt werden – etwa durch den Verkauf einer Immobilie, die vom Hauptgeschäft eines Unternehmens unabhängig ist. Die Vergabe der Kredite in Hartwährungen verringert das Risiko einer Abwertung der lokalen Währung des jeweiligen Schwellenlandes, was etwa die Renditen von Private Equity deutlich unter Druck bringen kann.

Diversifizierung innerhalb der Assetklasse
Unter dem Aspekt der Diversifizierung lohnt es sich aus unserer Sicht, bestehende Investitionen und die infrage kommenden Anlageprojekte gleichmäßig auf Regionen wie Lateinamerika und CEEMEA (Mittel- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika) aufzuteilen. Wir gehen davon aus, dass sich Chancen und Risiken global weiter verschieben werden. Relativ gesehen kann Lateinamerika bisher als „Gewinner“ gelten. Unternehmen in den Ländern der Region CEEMEA dürften dagegen stärker von fiskalischen Anreizen motiviert werden, was die negativen Auswirkungen des globalen Zollkriegs abmildern sollte.

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*) Mihai Florian und Illya Zyskind, Senior Portfolio Manager für Schwellenländeranleihen bei RBC BlueBay Asset Management