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Gastbeitrag: Kleine Wohnungen für großes Potenzial

Das traute Eigenheim oder die Mietwohnung für die klassische Durchschnittsfamilie prägen noch heute das Bild vom konventionellen Wohnen. Doch angesichts gesellschaftlicher Veränderungen entspricht diese Vorstellung immer häufiger nicht mehr der Realität. Die Menschen werden immer mobiler, die Haushaltsgrößen sinken, es gibt immer mehr Ein-Personen-Haushalte oder Fernpendler. Gleichzeitig wachsen die Städte unablässig, Wohnraum ist und bleibt in den Metropolen Mangelware.

Barkha Mehmedagic

Das ruft alternative Wohnformen auf den Plan – und eine steigende Nachfrage nach alternativen Wohnangeboten: Micro-Living ist hierfür eine Lösung. Die kleinen, temporär vermieteten Apartments versprechen ein hohes Maß an Flexibilität. Nicht nur Studierende wissen dieses Angebot zu schätzen. Mikro-Apartments stehen auch bei Berufstätigen hoch im Kurs. Das birgt Chancen für Investoren.

Wohnen auf Zeit und mit Service
Die Größe von Mikro-Apartments variiert zwischen 15 und 35 Quadratmetern Fläche, auch die Serviceleitungen unterscheiden sich je nach Angebot. Mikro-Apartment ist nicht gleich Mikro-Apartment: Die Bandbreite reicht von eher hotelähnlichen bis hin zu wohnungstypischen Konzepten.

So steht bei sogenannten Serviced Apartments eher der gewerbliche Charakter im Vordergrund. Die Mietdauer reicht von wenigen Tagen bis hin zu maximal sechs Monaten. Serviced oder Furnished Accomodation nennt sich die wohnungstypische Alternative. Theoretisch ist die Mietdauer unbegrenzt, in der Praxis werden Serviced Accomodations in der Regel für einige Monate bis hin zu wenigen Jahren angemietet. Die Übergänge zwischen beiden Konzepten sind fließend. Beiden Formen gemeinsam ist jedoch das hohe Maß an Flexibilität, dass sie ihren Mieterinnen und Mietern versprechen.

Die Zielgruppe wächst
Für Mikro-Apartments spricht ihre vielfältige Mieterstruktur. Ursprünglich richtete sich das Angebot an Studierende, auch heute zählen sie noch zu einer starken Zielgruppe: Laut dem aktuellen Marktreport der Initiative Micro-Living (IML) machen Studierende mit 42% den größten Anteil der Mieter aus. Insgesamt stieg die Zahl der Studierenden in Deutschland auf zuletzt 2,95 Millionen. Obwohl die Zahl der neu eingeschrieben Studierenden leicht rückläufig ist, kann sich das studentische Wohnen in Mikro-Apartments auf eine wachsende Nachfrage einstellen: Deutschland ist international ein überaus beliebter und etablierter Hochschulstandort. Bei Studierenden wird es nicht zu einem Strömungsabriss kommen.

Doch die Unterteilung in Micro-Living mit eher gewerblichem oder wohnungstypischem Charakter offenbart, dass das Segment mehr zu bieten hat als Apartments für Studierende: junge Berufseinsteiger, berufstätige Pendler, Monteure oder alleinstehende Senioren – für all diese Gruppen gibt es das passende Konzept. Besonders Young Professionals schätzen die Flexibilität, die ihnen Mikro-Apartments ermöglichen. Die Arbeitswelt gestaltet sich immer komplexer und wohnortsunabhängig. Standortübergreifende Projektarbeit kann ein treibender Faktor für die steigende Nachfrage nach höherwertigen Micro-Living-Konzepten sein. Angesichts der sich ändernden Mieterstruktur, unterliegt das gesamte Angebot einem Wandel hin zu höherwertigen Konzepten.

Investoren setzen vermehrt auf Micro-Living
Das Mikro-Apartments am Markt stark performen, schlägt sich in dem Rekordtransaktionsvolumen 2021 in Höhe von 1,3 Mrd. Euro nieder – ein Plus von 111% im Vergleich zum Vorjahr. Besonders moderne Neubauprojekte, die sich an den geltenden Nachhaltigkeitsstandards orientieren, waren stark nachgefragt. Auf dem traditionellen Wohnungsmarkt sind die Renditechancen für Investoren nur noch begrenzt: In den Top-7-Städten lag die Nettospitzenrendite Anfang des Jahres laut CBRE bei nur 2,2%. Investoren müssen nach alternativen Anlagemöglichkeiten Ausschau halten: Auf der Suche nach renditestärkeren Investments sind Mikro-Apartments gerne gesehen. Zu Beginn des Jahres durften sich Investoren im Micro-Living-Segment in den Top-7-Städten auf Renditen von 3,4% einstellen.

Damit bietet das Segment Investoren höhere Renditen als im klassischen Wohnbereich. Ein weiteres Plus: der Wandel Richtung höherwertige Konzepte und die hohe Flexibilität verringern das Ausfallrisiko. Rund zwei Drittel der Betreiber setzen auf All-in-Mieten: Je nach Zielgruppe schwanken die Mieten laut IML Marktreport zwischen 258 Euro und 1.140 Euro. Das spricht für eine große Vielfalt innerhalb der Assetklasse. Im Schnitt liegen die Mieten pro Apartment bei 543 Euro.

Fünf Kriterien gilt es zu beachten
Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Micro-Living-Investment sind demnach gegeben. Doch ein Blick auf die Details ist unerlässlich. Eine Investition ist kein Selbstläufer. Folgende fünf Kriterien sind das Fundament für ein erfolgreiches Investment.

Zuerst müssen Investoren klar definieren, auf welche Zielgruppe sie setzen: Steht die gewerbliche oder die wohnungsähnliche Nutzung im Vordergrund? Danach richtet sich das Angebot an Service-Leistungen. Fitnessbereich, Lounge, In-House-Verwaltung und abrufbarer Reinigungsservice dürfen bei der gewerblichen Nutzung nicht fehlen.

Zweiter wichtiger Faktor für ein erfolgreiches Investment ist die Standort- und Lageanalyse. Mikro-Apartments funktionieren nur an Orten, die auf die Bedürfnisse des Zielpublikums abgestimmt sind: Eine erstklassige Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist besonders für Studierende von Bedeutung, ebenso wir die Nähe zur Universität. Dienstreisende sind dagegen weniger auf den ÖPNV angewiesen als vielmehr auf einen direkten Anschluss an die Autobahn oder den Flughafen sowie die Nähe zur Messe oder zum Geschäftszentrum.

An dritter Stelle müssen sich Investoren auf ein bestimmtes Modell einigen: Setzt man auf ein Betreibermodell oder nimmt man sich selbst der Verantwortung an? Bei dieser Frage darf man den Aufwand, der durch Vermietung und Betrieb anfällt, nicht unterschätzen. Auf der anderen Seite steht dann das Betreiberrisiko.

Diversifikation gilt auch beim Blick auf die Mieter. Es ist wichtig, Flächen mit unterschiedlichem Charakter zu schaffen, sodass sich unterschiedliche Mieter wohlfühlen. Dabei gilt es, einen aufeinander abgestimmten Mietermix zu finden: Die Kombination darf weder zu homogen noch zu heterogen ausfallen. Die Apartmentgrößen sind ebenfalls ein Hebel für den richtigen Mix. Eine Mischung aus kleinen Einheiten mit 20 Quadratmetern bis hin zu mittleren Einheiten und Doppelapartments mit 50 Quadratmetern bietet sich an.

An fünfter Stelle steht die Digitalisierung. Auf Grund der hohen Fluktuation ist der verwaltungstechnische Aufwand größer als im klassischen Wohnsegment. Deshalb müssen die Prozesse im Back-Office weitestgehend digitalisiert ablaufen – ein wichtiger Faktor, denn die häufigen Neuvermietungen mit kurzen Zeiträumen erlauben keine Verzögerungen im Ablauf. Um die Kommunikation mit den Mietern zu erleichtern, nutzen einige Anbieter eigens entwickelte Apps. Das spart Zeit und erhöht die Flexibilität.

Fazit: Eine Assetklasse mit großem Potenzial
Mit dem vielfältigen Angebot zwischen gewerblicher und wohnwirtschaftlicher Nutzung bieten Mikro-Apartments Investoren eine Bandbreite an Möglichkeiten. Im Vergleich zum klassischen Wohnen birgt die Assetklasse noch auskömmlichere Renditechancen. Micro-Living wandelt sich von einem vorrangig auf Studierende ausgelegten Segment zu einem Angebot für eine solventere Mietergruppe. Doch angesichts der vielfältigen Möglichkeiten, die Mikroapartments bieten, müssen Investoren jedes Modell auf Herz und Nieren überprüfen. Wer weiß, worauf bei Standort-, Wettbewerbs- und Zielgruppenanalyse zu achten ist, für den sind Mikro-Apartments eine Assetklasse mit großem Potenzial. Dies gilt übrigens auch für die soziale Komponente im ESG-Kontext: Schließlich werden hiermit besondere Wohnkonzepte für spezielle Lebensabschnitte und Situationen bereitgestellt, beispielsweise für das Wohnen im Alter oder während des Studiums oder zum Einstieg in das Arbeitsleben, die Lebensqualität durch einen Community Gedanken gefördert und der angespannte konventionelle Wohnungsmarkt wird somit entlastet.

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*) Barkha Mehmedagic, Institutional Sales & Group Treasury bei der Commerz Real AG