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Gastbeitrag: Junior-Debt-Investitionen in Erneuerbare Energien – eine Strategie, die sich auszahlt

Extreme Wetterereignisse, stark schwankende Energiepreise, die Abhängigkeit von Energieimporten, neue regulatorische Anforderungen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens – all dies sind Faktoren, die langfristig orientierte Anleger dazu veranlassen, sich auf die Bewältigung der Klimakrise zu konzentrieren. Der Ausbau von erneuerbaren Energien auf globaler Ebene erweist sich dabei als eine wichtige Strategie. Vor allem in Europa ist es entscheidend, die dezentrale Energieerzeugung weiter zu fördern und Abhängigkeiten zu einzelnen Staaten oder fossilen Energiequellen zu reduzieren. Windparks und Photovoltaikanlagen sind dafür besonders geeignet.

Torsten Heidemann

Drastische Erhöhung der Investitionen
Um die Energiewende erfolgreich zu meistern und zudem den zukünftig steigenden Energiebedarf zu decken, sind massive Investitionen erforderlich. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass der Markt für saubere Energietechnologien bis 2030 ein jährliches Investitionsvolumen von rund 650 Mrd. US-Dollar erreichen wird, was mehr als dem Dreifachen des derzeitigen Niveaus entspricht. Es liegt auf der Hand, dass solche Kapitalspritzen nicht allein von öffentlichen Institutionen garantiert werden können und dass Investitionen des Privatsektors eine grundlegende Rolle spielen. In der Zwischenzeit hat sich die Anlageklasse der erneuerbaren Energien fest in den Portfolios der Anleger verankert.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in erneuerbare Energien zu investieren, z. B. durch Direktinvestitionen, Kredit- oder Aktienfonds oder Investitionen in börsennotierte Unternehmen, die in diesem Segment tätig sind. Bevor ein Investor Verpflichtungen gegenüber externen Vermögensverwaltern eingeht, ist es wichtig, nicht nur die Investitionsobjekte zu betrachten, sondern auch die Kapitalstruktur. Dies mag selbstverständlich klingen, ist aber für das Risiko-Rendite-Profil und die Erwartungen von größter Bedeutung. Vereinfacht ausgedrückt kann die Kapitalstruktur in Fremd- und Eigenkapital unterteilt werden.

Bei den Eigenkapitalfonds, die in Erneuerbare Energien investieren, ist ein hoher Liquiditätszufluss zu beobachten, da viele Vermögensverwalter große Zusagen einwerben konnten und Fonds geschlossen haben, die manchmal sogar das Zielvolumen überschritten. Dies kann zu einem hohen Anlagedruck bei den Investoren führen, was einen Liquiditätsüberschuss erzeugt. Dieser Überschuss an Liquidität trifft auf eine begrenzte Anzahl interessanter Projekte, was häufig zu einem Bieterwettbewerb um die attraktivsten Projekte führt. Der Bieterwettbewerb hat zwei wesentliche Konsequenzen. Zum einen wirkt er sich auf die erwarteten Renditen aus und zum anderen auf die Geschwindigkeit, mit der das von den Investoren zugesagte Kapital eingesetzt wird.

Die Schlüsselrolle von Junior Debt
Auf der Fremdkapitalseite ergibt sich ein anderes Bild, insbesondere wenn man vorrangige und nachrangige Kredite vergleicht. Traditionelle vorrangige Kredite (Senior Debt) werden in der Regel von Geschäftsbanken, staatlichen und supranationalen Banken, wie z. B. der Europäischen Investitionsbank, bereitgestellt. Diese Institutionen sorgen für einen hohen Liquiditätszufluss auf dem Markt und unterstützen damit Projektenwickler, welche die Energiewende vorantreiben. Aufgrund dieses hohen Liquiditätsangebots liegen die Renditeerwartungen zwar auf einem niedrigen Niveau, wobei die Cashflows aber zuverlässig und häufig abgesichert sind.

Bei besicherten Junior Debt sieht der Markt anders aus. Derzeit gibt es nur wenige Junior-Debt-Finanzierer und damit weniger Konkurrenz im Vergleich zu Senior Debt oder Eigenkapital. Sie haben eine vorteilhafte Marktposition, da das knappe Angebot auf eine steigende Nachfrage trifft. Neben den großen Investmentfonds gibt es auch viele kleine und mittelgroße Projektentwickler, die in ihren jeweiligen Regionen gut etabliert und vernetzt sind. Sie haben oft zu viele Projekte, die sie theoretisch parallel bauen könnten, wozu ihnen aber das entsprechend benötigte Eigenkapital fehlt. Gleichzeitig sind Senior-Debt-Finanzierer aufgrund ihrer relativ strengen Kreditvergabestandards häufig auf einen für Projektentwickler zu niedrigen Verschuldungsgrad beschränkt, wodurch eine Finanzierungslücke entsteht. Nicht selten zwingen diese Kapitalbeschränkungen die Projektentwickler dazu, ihre Projekte noch vor Baubeginn zu verkaufen, wodurch ihnen die potenziellen Gewinnspannen aus dieser Phase entgehen. Junior Debt hingegen ermöglicht den Entwickler Eigentümer ihrer Projekte zu bleiben, wodurch sie von der möglichen Wertsteigerung während der Bau- und Betriebsphase profitieren. Dieser Vorteil von Junior gegenüber Senior Debt führt zu einer hohen Nachfrage nach Ersterem, welche das aktuelle Angebot übersteigt. Gleichzeitig bietet Junior Debt aktienähnliche Renditen zwischen 7,0% und 9,0% pro Jahr, bei besserer Besicherung im Vergleich zu Eigenkapital und erhalten nachrangige Sicherheiten im Vergleich zu Senior Debt.

Für den Ausbau der erneuerbaren Energien wirkt Junior Debt zudem als echter Katalysator, da Projektentwickler mit dem vorhandenen Eigenkapital mehr Projekte gleichzeitig realisieren können.

Der Schlüssel zum Erfolg eines Junior-Debt-Investmentmanagers liegt in seinem Netzwerk, etwa dem Zugang zu lokalen Partnern weltweit, und in der Diversität des Teams. Denn bei der Finanzierung müssen sowohl technische Aspekte als auch rechtliche Besonderheiten des jeweiligen Landes sowie die Kapitalstruktur berücksichtigt werden.

Ein typischer Anwendungsfall wäre die Bereitstellung von Junior Debt als Zwischenfinanzierungslösung, z. B. für einen deutschen Windpark-Projektentwickler zur Überbrückung der Bauzeit. Während dieses kurzen Zeitraums ist der Projektentwickler auch bereit, einen Kupon von 7,0% bis 9,0% pro Jahr zu bezahlen. Denn Junior Debt ermöglicht ihm die gleichzeitige Entwicklung mehrerer Windparks mit weniger Eigenkapital pro Projekt, sodass er sein Portfolio an Windparks früher verkaufen und gleichzeitig seine Eigenkapitalrendite erheblich steigern kann. Dies ist eine Win-win-Situation für den Projektentwickler, der mehr Projekte parallel realisieren kann, und den Junior-Debt-Investmentmanager, der mehr Projekte finanzieren und attraktive Renditen für seine Investoren erzielen kann.

Fazit
Besicherte nachrangige Kredite im Bereich der erneuerbaren Energien stellen eine attraktive Nische innerhalb des Finanzierungsuniversums dar. Sie ermöglichen es, eigenkapitalähnliche Renditen zu erwirtschaften, die jedoch vor den Eigenkapitalinvestitionen rangieren, und bieten regelmäßige sowie stabile fremdkapitaltypische Ausschüttungen. In einem Umfeld, in dem der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht nur gefördert, sondern auch gefordert wird, ist dies eine attraktive Anlagemöglichkeit. Insbesondere im Hinblick auf die Diversifizierung bestehender Portfolios.

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*) Torsten Heidemann, Head of Infrastructure & Energy, Berenberg