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Gastbeitrag: Fachmarktzentren – Comeback mit Ansage

Vor mehr als einem Jahr haben wir an dieser Stelle die Vorteile der Mischnutzung innerstädtischer Warenhäuser diskutiert (Link am Ende des Artikels). Seither haben sich die Ereignisse wieder überschlagen: Zählt eigentlich noch jemand bei den Rettungsversuchen des verbliebenen Kaufhauskonzerns mit? Und wer glaubt noch, dass diesmal der Knoten platzt? Ein Narrativ lässt sich jedoch definitiv widerlegen: Die Kaufhäuser stehen keineswegs stellvertretend für den Niedergang des gesamten stationären Einzelhandels. So zeigen gerade Fachmarktzentren, dass eben nicht jeder alles ausschließlich online bestellen will.

Lucas Wilbers

Totgesagte leben länger, heißt es so schön. Nichts könnte mehr auf die Situation des Einzelhandels zutreffen als dieses geflügelte Wort. Obwohl die viel diskutierten Folgen der Corona-Pandemie dem Onlinehandel weiteren Auftrieb verschafften, erfreuen sich einzelne Segmente des stationären Handels unverändert großer Beliebtheit bei der Kundschaft. Zugegeben, das gilt nicht für alle Teilbereiche: Das klassische Warenhaus in der Fußgängerzone funktioniert nicht mehr uneingeschränkt, wie die mittlerweile dritte Pleite von Galeria Karstadt Kaufhof zeigt. Doch Nahversorger werden allen Unkenrufen zum Trotz nicht flächendeckend von Lieferdiensten abgelöst. Im Gegenteil: Bei Lebensmittel-Lieferdiensten ist die Insolvenzgefahr derzeit weitaus höher als bei Supermarktketten.

Eine interessante Rolle kommt in diesem Umfeld den Fachmarktzentren zu. Sie galten lange Zeit als „Investor’s Darlings“, dank langfristiger Mietverträge mit solventen Ketten, vergleichsweise wenig Management-Aufwand und relativ hohen Renditen. Doch galt ihr Konzept bei einigen Beobachtern als „veraltet“, weil es den Vorstellungen moderner und urbaner Gesellschaften, die bewusst auf das eigene Auto verzichten, zu widersprechen schien. Jetzt zeigt sich, dass dieser Abgesang verfrüht war. Im Gegenteil: Gerade jetzt können sie mit ihrem Warenangebot und Einkaufserlebnis mancherorts genau die Lücke füllen, die das geschlossene Kaufhaus in der Innenstadt hinterlässt.

Denn bei ehrlicher Betrachtung zeigt sich, dass ein Großteil der Verbraucher mitnichten auf das Auto verzichten kann oder möchte. Mit den Fachmarktzentren (die mitunter auch gut an den öffentlichen Nahverkehr sein können) finden sie einen bequem erreichbaren Ort, der Geschäfte des täglichen Bedarfs mit Spezialgeschäften kombiniert. Wegen ihres höheren Flächenbedarfs durch Mieter aus den Segmenten Bau- und Gartenfachmärkten sind sie auf große Flächen mit guter Straßenanbindung und ausreichenden Parkmöglichkeiten angewiesen; Möbel lassen sich schließlich schlecht mit der Straßenbahn transportieren.

Mit großen Supermärkten, Sportartikelgeschäften, Bau- und Gartenmärkten, Restaurants sowie Gesundheitsangeboten zeigen sich viele Fachmärkte heute als heimliche Kundenmagneten mit einer sehr dynamischen Besucherfrequenz. Dies liegt indirekt auch an der Digitalisierung: Anders als beim Onlinehandel sprechen Fachmarktzentren jene Kunden an, die persönliche Beratung bei Bedarf suchen und schätzen, ihre Ware direkt nach dem Kauf erhalten und dafür nicht in die Innenstädte mit hohen Parkgebühren fahren wollen. Strategisch günstig gelegene Fachmarktzentren, oft in dicht besiedelten Ballungsräumen mit hoher Kaufkraft, sind schneller als innerstädtische Boutiquen und Flagship-Stores erreichbar, bieten gratis Parkmöglichkeiten und obendrein noch eine größere Vielfalt und Auswahl an.

Damit sind Fachmarktzentren wieder zurück im Bewusstsein von Investoren – auch wenn sich an ihrem eigentlichen Investment-Case im Grunde kaum etwas geändert hat. Selbst während der Pandemie waren die weitläufigen Flächen und die problemlose Anfahrt mit dem Auto tendenziell beliebter als die Fahrt in die Innenstadt. Im Zuge der Zinswende sind nun aber auch die Einstiegspreise im Verhältnis zum Mietzins leicht gesunken, was sich in höheren Ankaufsrenditen widerspiegelt. Im Vergleich zu anderen Nutzungsarten fiel die Korrektur allerdings moderat aus, was den stabilen und teils steigenden Mietertragspotenzialen zu verdanken ist. Gerade im Vergleich zu anderen Handelssegmenten scheinen Fachmarktzentren derzeit also nachfragebedingt weiter wertbeständiger, was auf die geringere Risikoexposition zurückzuführen ist.

Hinzu kommt derzeit aber noch eine weitere Investment-Chance innerhalb des Bereichs der Fachmarktzentren: Viele von ihnen wurden in den 2000er Jahren eröffnet. Das heißt, sie nähern sich dem Ende ihres ursprünglich vorgesehenen Lebenszyklus. Hinzu kommen deutlich gestiegene – auch gesetzliche – Anforderungen an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Ein nachhaltiger Betrieb mit niedrigen Energiekosten ist auch bei Mietern zunehmend ein Entscheidungskriterium.

Statt Abriss und Neubau, womöglich sogar durch eine andere Nutzungsart, geraten nunmehr Sanierungen und Neupositionierungen in den Fokus. Schließlich handelt es sich in dem meisten Fällen um etablierte Standorte, an denen Stammkunden ihre gewohnten Geschäfte antreffen. Diese „gewohnten“ Konsumentenströme sollten Investoren nutzen. Häufig bedarf es sowohl auf Vermietungs- als auch baulicher Seite gezielte Maßnahmen zur langfristigen Wertsicherung. Solche „Manage-to-Core“-Strategien versprechen oftmals höhere Renditepotenziale als der aufwendige Neubau auf der grünen Wiese.

Zusammen mit einem starken Partner im Asset Management, der über Erfahrungen in der Transformation bestehender Flächen verfügt und bei Planung und Umsetzung auf ein bereits bestehendes Netzwerk zugreifen kann, sind effektive Maßnahmen gut umzusetzen. So lassen sich etwa Ladesäulen für die E-Mobilität auch in bestehende Parkplätze integrieren. Auch bieten Fachmarktzentren genügend Platz für Photovoltaik-Aufdachanlagen, die nicht nur einen nachhaltigen Betrieb des Zentrums ermöglichen, sondern sich in integrierten Konzepten mit der lokalen Infrastruktur, wie etwa Ladesäulen, koppeln lassen.

Fachmarktzentren sind auch heute aus Investorensicht kein Schnäppchen. Angesichts der Abwertungen durch die Zinswende sind die Preise allerdings abgekühlt. Einstiegsgelegenheiten tun sich wieder verstärkt auf – gerade für Investoren mit der nötigen Expertise in der Revitalisierung. In einem sich mittelfristig erholenden Immobilienmarkt werden Fachmarktzentren im Handelssegment ihre Vorteile ausspielen und haben das Potenzial, ihr Comeback als „Investor’s Darling“ unter Beweis zu stellen.

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*) Lucas Wilbers, Head of Asset Management RWP, Redevco