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Der polnische Wohnungsmarkt: Chancen oder Risiken für internationale institutionelle Investoren?

Angezogen von hohen Renditen entdecken immer mehr internationale institutionelle Investoren polnische Wohnimmobilien. Der Markt entwickelt sich vielversprechend und viele Investoren wollen die Chancen nutzen und früh im Zyklus in den Markt einsteigen. Daneben existieren aber auch verschiedene Risiken, mit denen umgegangen werden muss.

Pepijn Morshuis (Bildrechte: Matthias Duschner)

Institutionellen Investoren, die in Westeuropa in Wohnimmobilien investieren wollen, kann ein Blick auf die Renditen die Stimmung verhageln. Die Spitzenrenditen sind in den wichtigen Metropolen durch die Bank sehr niedrig: In Berlin lagen sie im zweiten Quartal 2020 bei 2,6%, in Barcelona bei 3,5%, in Paris bei 2,5%, in London bei 3,75% und in Kopenhagen ebenfalls bei 3,5%. Spitzenreiter im negativen Sinne ist Stockholm mit 1,5%. An dieser Situation hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert.

Eine der wenigen Alternativen dazu ist der polnische Wohnungsmarkt. In der Hauptstadt Warschau liegen die Spitzenrenditen bei 5,25 Prozent, in den Vororten und anderen großen Städten wie Breslau, Danzig und Krakau reichen sie bis 6,0%. Unterm Strich sind die Renditen um 1,5 bis 2,5 Prozentpunkte höher als in Westeuropa.

Dieses Renditeplus sollte ausreichen, um den Markt einer genaueren Betrachtung zu würdigen. Wo existieren Risiken und wo liegen die Chancen auf dem polnischen Wohnungsmarkt?

Polen ist ein Eigentümermarkt
Zuerst zu den Chancen: Betrachtet man den Markt, dann fällt als erstes der hohe Anteil der Eigentumswohnungen im Vergleich zu den Mietwohnungen auf. Mit 84% lebt die große Mehrheit der Polen in Eigentumswohnungen. Nur 16% mieten. Allerdings ist die Qualität bei beiden Arten von Wohnungen in der Regel nicht sehr hoch und genügt modernen Anforderungen nicht mehr. Der Grund: Bei den Eigentumswohnungen handelt es sich zum großen Teil um Plattenbauten aus den 1960er bis 1980er Jahren, bei den Mietwohnungen entfällt der größte Teil auf kommunale Wohnungsunternehmen. Ein freier Wohnungsmarkt – abseits der kommunalen Wohnungsunternehmen – existiert kaum und ist erst im Entstehen begriffen.

Diesem – eher geringen – Angebot steht eine große Nachfrage gegenüber, die nicht bedient werden kann. Dies gilt vor allem für die großen Städte. Perspektivisch wird die Nachfrage weiter anstiegen: Bis 2030 wird der Anteil der Bevölkerung in den Städten auf rund 60% anwachsen, parallel dazu nimmt die Anzahl der Haushalte zu. Vor allem jüngere, gut ausgebildete Menschen zielt es in die Städte. Diese Gruppe ist aufgeschlossener gegenüber dem Wohnen zur Miete als die Generation davor. Mieten wird bevorzugt, weil es mehr Flexibilität erlaubt und geringeren finanziellen Druck mitbringt als der Kauf einer Wohnung.

Hohe Nachfrage und geringe Regulierung führen zu steigenden Mieten
Neben der hohen Nachfrage ist die geringe Regulierung des Mietmarktes einer der großen Vorteile für Investoren. Das Wohnungsmietrecht ist in Polen kaum reguliert. Die hohe Nachfrage und die geringe Regulierung führen zu steigenden Mieten. In allen wichtigen Städten nahmen die Mieten laut Amron Centre Analysis zwischen Q1 2016 und Q1 2020 relativ kontinuierlich zu. Beispielsweise kletterten sie im genannten Zeitraum in Warschau von durchschnittlich rund 1.550 Zloty (entspricht rund 350 Euro) pro Monat und Wohneinheit auf rund 1.900 Zloty (entspricht rund 430 Euro). In Krakau stiegen die Mieten im gleichen Zeitraum von rund 1.200 Zloty auf circa 1.500 Zloty, in Breslau von 1.100 Zloty auf 1500 Zloty. Zwar gab es im Q3 2020 einen Corona-bedingten Rückgang der Mieten. Dies steht jedoch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und wird unserer Meinung nach keine Auswirkungen auf den langfristigen Trend haben.

Derzeit richten zahlreiche internationale Investoren aus den USA, dem Vereinigten Königreich und Deutschland ihren Blick auf den polnischen Wohnungsmarkt. Ihr Kalkül: Sie wollen früh im Marktzyklus einsteigen, denn die Renditekompression wird auch den polnischen Wohnungsmarkt erreichen. Ein bekanntes Beispiel für einen Investor, der jüngst in den polnischen Wohnungsmarkt eingestiegen ist, ist die deutsche TAG Immobilien AG.

Neben den Renditeaspekten gibt es noch weitere Gründe, die für Polen sprechen. Ein Pro-Argument ist die polyzentrische Struktur des Landes mit mehreren Metropolen, die für Investitionen in Frage kommen – neben der Hauptstadt Warschau kommen auch Breslau, Posen, die Region Danzig (Tricity), Lodz Krakau und Katowice für Investitionen in Frage. Ein weiterer Vorteil ist die Größe des Landes. Mit rund 38,3 Mio. Einwohnern bietet Polen eine ausreichende Marktgröße. Für Institutionelle heißt das, dass sie, einmal in den Markt eingestiegen, ihr Geschäft auch skalieren und größere Volumina erwerben können.

Die Größe ist auch der Grund, warum sich Investoren auf Polen fokussieren und nicht auf die anderen Märkte in Zentral- und Osteuropa (CEE). Zieht man die Fertigstellungen von Wohnungen in den vergangenen fünf Jahren in den Ländern in CEE heran, zeigt sich, dass 60% der Einheiten auf Polen entfallen. An zweiter Stelle folgt mit großem Abstand Rumänien mit einem Anteil von zehn Prozent, an dritter Stelle kommt die Tschechische Republik mit sieben Prozent, gefolgt von der Slowakei und Ungarn mit fünf bzw. vier Prozent.

Risiken: Fehlende Property Manager, Politik und Wechselkurs
Den Chancen, die der Markt bietet, stehen auch Risiken gegenüber. Ein Risiko ist das Fehlen von professionellen Dienstleistern. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Property Manager. Allerdings ist absehbar, dass dieses Defizit behoben wird. Derzeit bereiten verschiedene internationale Property Manager den Eintritt in den polnischen Markt vor.

Ein weiteres Risiko sehen ausländische Investoren in der Politik der aktuellen polnischen Regierung. Wir nehmen zwar auch wahr, dass der Druck auf die demokratischen Institutionen wie beispielsweise Gerichte steigt. Allerdings hat die Regierung immer betont, dass ihr die wirtschaftliche Stabilität und Wachstum wichtig ist und sie hat auch nie gegenteilige Maßnahmen ergriffen. Daher schätzen wir dieses Risiko als gering und insgesamt beherrschbar ein.

Das vielleicht größte Risiko ist das Währungsrisiko. Denn anders als bei Büro- und Handelsmietern in Polen, die ihre Miete in Euro zahlen, begleichen Wohnungsmieter ihre Verpflichtungen in Zloty. Investoren aus dem Ausland können dieses Risiko – je nach individueller Risikoneigung – absichern. Das Hedging ist jedoch teuer und relativiert den Renditevorteil ein Stück weit.

Fazit
Die Fundamentaldaten des polnischen Wohnungsmarkts sind eindeutig positiv. Vor allem Mieten und Kaufpreise entwickeln sich positiv. Dies zieht derzeit vor allem internationale Investoren an, die etwas risikofreudiger sind und früh im Marktzyklus einsteigen wollen. Zwar gibt es Risiken wie das Währungsrisiko, aber insgesamt sind die Risiken überschaubar.

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*) Pepijn Morshuis ist CEO der Trei Real Estate.