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Position: Einbindung von ESG-Aspekten in den Fixed-Income-Sektor

Die Erkenntnis, dass Risiken im Zusammenhang mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Belangen (ESG) einen erheblichen Einfluss auf die Kreditqualität eines Unternehmens haben können, hat zugenommen. Asset Manager spielen daher eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Kunden ein robustes und flexibles Rahmenwerk für die Analyse von ESG-Risiken und den Umgang damit zur Verfügung zu stellen. Und das in einem Format, das sowohl der wachsenden Nachfrage nach ESG-bezogenen Portfolios als auch den sich entwickelnden regulatorischen Anforderungen für ESG-Investitionen gerecht wird.

Isabelle Meyer

Bonds sind eine zentrale Allokation in vielen institutionellen Portfolios. Doch ESG steckt als integraler Bestandteil der Risikoanalyse praktisch noch in den Kinderschuhen. Es gibt weder einen universellen Analyseansatz noch konsistente Daten, die in standardisierte Ratings oder Bewertungen einfließen könnten. Verschiedene Datenanbieter bieten unterschiedliche ESG-Ratings an, was zu Unregelmäßigkeiten, Lücken und potenziell fehlerhaften Bewertungen führen kann.

Analyse von ESG Risiken für Unternehmen, Klima und Länder
Für Insight Investment war dies ein Grund, vor etwa zwei Jahren ein eigenes ESG-Ratings einzuführen. Unserer Meinung nach spiegeln diese ESG-Ratings für Unternehmen die potenziellen Risiken genauer und zuverlässiger wieder. Das Modell basiert auf 33 separaten Scores für eine breite Palette von wichtigen ESG-Themen und wird von internen Kreditanalysten betreut. Die Scores werden unter Verwendung von Eingaben zahlreicher ESG-Datenanbieter zunächst generiert und von den Kredit- und Datenexperten hinsichtlich Qualität und Relevanz angepasst sowie entsprechend ihrer Bedeutung für verschiedene Sektoren gewichtet. Das Ziel ist es, die Entscheidungsfindung und das Engagement zu unterstützen und Portfolios für Kunden zu ermöglichen, die bestimmte ESG-Kriterien erfordern. Die ESG-Ratings basieren auf einem Notensystem von 1 bis 5. Die Anwendung der schlechtesten Note ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, die beurteilte Anleihe nicht zu kaufen. Anstatt ein komplettes Verbot auszusprechen, betrachten wir den am schlechtesten bewerteten Emittenten von Fall zu Fall (neben den individuellen Anlagerichtlinien des Portfolios) und überlegen, ob es Spielraum für ein Investment in das Unternehmen gibt.

Die Relevanz dieses Ansatzes wurde anhand der unterschiedlichen ESG-Risikobewertungen des deutschen Zahlungsunternehmens Wirecard demonstriert. Wirecard meldete am 25. Juni 2020 Insolvenz an, nachdem der Konzern Überschuldung und gemeldete Betrugsfälle offengelegt hatte. Insight hatte in keinem seiner Fixed-Income-Portfolios ein Investment in Wirecard, nachdem es Wirecard die niedrigste Bewertung seines Modells von 5 (auf einer Skala von 1-5) sowohl für ESG als auch für Governance zugewiesen hatte. Diese Entscheidung war auch durch ein Treffen mit dem Management von Wirecard Anfang 2019 im Vorfeld der ersten Anleiheemission begründet worden. Drei prominente Datenanbieter boten jedoch unterschiedliche Bewertungen an, was einer Note von 2, 3 und 4 entsprach. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es nicht den einen perfekten ESG-Datenanbieter gibt. Jeder liefert nützliche Informationen, aber es wird Lücken geben. Investoren brauchen einen systematischen Weg, um die Informationen aus vielen Quellen zu analysieren, damit sie sich eine fundierte Meinung bilden können.

Klimarisiken werden in einem eigenen Klimarisikomodell analysiert, welches das Unternehmen 2017 eingeführt und im vergangenen Jahr weiterentwickelt hat. Es wird ebenso wie die ESG-Ratings im Portfoliomanagement eingesetzt und erleichtert das Reporting. Investoren müssen sich zunächst einen Überblick verschaffen, was für ihre Gesamtstrategie sinnvoll ist. Einige Kunden wenden bestimmte Ausschlusskriterien an, während andere metrikgesteuerte Ziele anstreben.

Unternehmen, die sich auf dem Weg der Erholung befinden, sollte man ebenfalls nicht ignorieren. Ein Beispiel ist Volkswagen, das seit seinem Abgasskandal auf der UN Global Compact Violator List stand. Kürzlich wurde das Automobilunternehmen von der Ratingagentur MSCI ESG von seiner schlechtesten Bewertung heraufgestuft, da es die Einhaltung der UNGC-Prinzipien erneut bekräftigte. Basierend auf unserem Rechercheergebnis haben wir Volkswagen aufgrund der zahlreichen Schritte, die zur Verbesserung der Produktqualität, der Unternehmensführung und der Unternehmensstruktur unternommen wurden, frühzeitig in unsere spezialisierten Portfolios aufgenommen, so dass Anleger davon profitieren können, dass VW nun wieder im breiteren Anlageuniversum vertreten ist.

Fast sechs Jahre nach dem Pariser Abkommen und vor dem Hintergrund einer noch nie dagewesenen Unsicherheit schärfen Investoren auch ihren Blick auf die Nachhaltigkeits- und Impact-Risiken der einzelnen Länder. Insight hat 2018 ein Sovereign Risk ESG-Ratingsystem eingeführt und dieses Modell kürzlich um ein Sovereign Impact Rating ergänzt. Das Risikomodell konzentriert sich auf ESG-Faktoren, die für die Rückzahlung von Schulden relevant sind. Das Wirkungsmodell konzentriert sich stärker auf Faktoren im Zusammenhang mit der Entwicklung des Landes und einer umfassenden guten Regierungsführung, die sich an den SDGs der UN orientiert.

Impact Bonds haben die Aufmerksamkeit von Investoren auf sich gezogen, die einen positiven Einfluss sehen
Für Asset Eigentümer wie z.B. Pensionsfonds liegt es in der Natur von Fixed Income Investments, Nachhaltigkeitsthemen langfristig zu überblicken. Dies schafft eine bedeutende Möglichkeit, Impact-Ziele in Fixed-Income-Mandate einzubinden.

Einst als Nischen-Anlageklasse im Anfangsstadium angesehen, sind Impact Bonds inzwischen zu einer unbestreitbar sinnvollen Ergänzung von Portfolios gereift. Sie können Anlegern dabei helfen, spezifische Projekte zu unterstützen, die auf eine positive Wirkung abzielen. Eine strenge Prüfung ist jedoch unabdingbar, um das zu vermeiden, was wir als Risiko des „Impact Washings“ ansehen. Dabei behauptet ein Emittent, eine positive Wirkung zu erzielen, ohne dass eine sinnvolle ökologische oder gesellschaftliche Wirkung erzielt wird.

Wir analysieren diese Instrumente unter Verwendung eines proprietären Bewertungsrahmens für Impact Bonds und haben Unstimmigkeiten bei der Definition dieser Instrumente festgestellt, die Probleme bei der Integrität der Messung der Ziele für Investoren aufwerfen. Mit der Erweiterung des Universums werden sich diese Probleme wahrscheinlich nur noch weiter verschärfen. Die neuen EU-Standards für grüne Anleihen und die EU-Taxonomie sollten zu einer stärkeren Standardisierung des Marktes führen und den Zugang zu vollständigeren Informationen ermöglichen, die für Investoren relevant sind. Bis formellere Rahmenwerke durchgesetzt sind, wird es für Investoren von entscheidender Bedeutung sein, eine angemessene Sorgfaltspflicht auszuüben, um nicht Opfer des steigenden Risikos des Impact Washings zu werden.

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*) Isabelle Meyer ist Fixed Income Expertin bei Insight Investment