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„Das Standing Nordeuropas ist gerade bei Investoren in der deutschsprachigen Region sehr gut“

IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Dr. Malte Kirchner, Senior Institutional Sales Manager, DNB Asset Management, über die Vorreiterrolle nordeuropäischer Staaten und Unternehmen beim Thema ESG und die Aussichten der Wirtschaftsregion.

Dr. Malte Kirchner

IPE D.A.CH: Herr Dr. Kirchner, DNB Asset Management ist ein Haus, das bereits seit vielen Jahren beim Thema ESG Erfahrungen sammelt, wie sehen Sie den aktuellen Stand in Deutschland?
Kirchner: Sie haben recht, ESG-Faktoren sind in Nordeuropa bereits seit langem verankert. Insofern wundert es nicht, dass DNB bereits seit 1988 derlei Aspekte in die tägliche Arbeit und in Investmententscheidungen einfließen lässt. Neben daraus abgeleiteten Anlagekriterien engagieren wir uns seit langem in zahlreichen Institutionen und Initiativen wie den UN PRIs und auch beim Thema Engagement sind wir in vielerlei Hinsicht aktiv. In Deutschland hat das Interesse über alle Investorengruppen definitiv stark zugenommen, während sich vor einigen Jahren hier noch eher kirchliche Einrichtungen, Stiftungen und einige wenige andere damit befasst haben.

IPE D.A.CH: Was sind Ihre „Lessons Learnt“ aus den rund drei Jahrzehnten Erfahrung bei nachhaltigen Investments?
Kirchner: Wir haben in den 80er Jahren, wie viele Häuser in den letzten Jahren, mit einem Negativscreening angefangen und sind dann über das Thema Engagement zu „Best-in-Class“-Ansätzen gekommen. Hier haben wir gemerkt, dass dieser nicht im Einklang mit dem steht, was wir und unsere Investoren wollen. Mittlerweile setzen wir auf das Positivscreening und sind mit den Resultaten sehr zufrieden. Auch beim Thema Impact Investing haben wir unsere Erfahrungen über die Jahre gemacht. Man kann hier nicht ein indisches Unternehmen mit einem Schweizer Unternehmen vergleichen. Der Impact kann deutlich höher sein, obwohl die Ausgangsbasis – also das absolute Scoring – bei dem indischen Unternehmen vermutlich deutlich schlechter sein wird.

IPE D.A.CH: Wird der Begriff Impact Investing in der Asset Management Industrie zu schnell verwendet?
Kirchner: Meiner Ansicht nach ja. Wir haben beispielsweise einen einzigen Fonds, von welchem wir überzeugt sind, echtes Impact Investing zu praktizieren. Sie müssen hier wirklich die komplette Bandbreite im Research darstellen können, um dies für sich in Anspruch zu nehmen. Beim Thema CO2-Emissionen sollten Sie beispielsweise nicht nur die direkt vom Unternehmen ausgestoßenen Emissionen berücksichtigen, sondern gemäß Scope-3-Berechnung alle Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette anfallen – angefangen bei den Lieferanten, über die Produktion und Nutzungsphase der Produkte bis hin zur Entsorgung – in Betracht ziehen. Erst wenn dies gewährleistet ist, sollte man von echtem Impact Investing sprechen.

IPE D.A.CH: Inwieweit lässt sich dies alles selbst darstellen?
Kirchner: Wir nutzen hier natürlich auch Drittanbieter und externe Datenquellen. Allerdings verfügen wir auch über ein hauseigenes ESG-Team, das diese Daten prüft und natürlich auch eigene Impulse einbringt. Gerade auch um neue Trends und Unternehmen, die sich unter Umständen auch neu ausrichten und das Thema ESG neu auf die Agenda nehmen, auf dem Radar zu haben, ist dies von großem Vorteil.

IPE D.A.CH: Wie sehen Sie insgesamt die Wahrnehmung als nordischer Asset Manager?
Kirchner: Das Standing Nordeuropas ist gerade bei Investoren in der deutschsprachigen Region sicher sehr gut, insofern genießen wir mit unseren auf den nordeuropäischen Markt abzielenden Strategien sicher auch einen gewissen Vertrauensvorschuss, den es aber natürlich auch zu rechtfertigen gilt.

IPE D.A.CH: Wie stellt sich der Investmentmarkt Nordeuropa derzeit aus Ihrer Sicht dar?
Kirchner: Aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausrichtung muss man die Länder sicher einzeln und im Detail betrachten. Der schwedische Markt ist sicher ein Pendant zum deutschen Markt, sehr exportgetrieben und technologisch orientiert. Finnland dagegen ist stark in den Bereichen Forstwirtschaft, aber auch sehr stark in Spezialindustrien wie der Biotechnologie. Insgesamt finden Sie damit – dank verschiedener Schwerpunkte – eine sehr gute Diversifikation.

IPE D.A.CH: Wie stark hängt die Region noch an Rohstoffen?
Kirchner: Diese frühere Abhängigkeit sehen wir über die Region nicht mehr, allenfalls noch punktuell an einzelnen Standorten, wie zum Beispiel in Norwegen.

IPE D.A.CH: Nun ist Finnland der einzige Markt in Nordeuropa, der ebenfalls den Euro eingeführt hat. Sehen Sie die eigene Währung in den anderen Ländern als Vorteil für die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften?
Kirchner: Währungen sind immer ein zweischneidiges Schwert. Zum einen hilft eine starke Währung natürlich, die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft hoch zu halten und die Innovation zu fördern. Auf der anderen Seite merken Sie in Stressphasen wie der Corona-Krise, dass kleine Währungen zu mehr Volatilität neigen. Allerdings hat sich dies im Frühjahr schnell gelegt. Was sich sehr positiv für Investoren entwickelt hat, sind die Hedging-Kosten. Durch die zusammengeschmolzenen Zinsunterschiede – gerade gegenüber der norwegischen Krone – ist Hedging mittlerweile deutlich günstiger geworden.

IPE D.A.CH: Lassen sie uns abschließend noch einen Ausblick wagen. Wie sind Ihre Strategien positioniert?
Kirchner: Die nordeuropäischen Aktienmärkte konnten sich über die letzten Jahre im europäischen Vergleich sehr gut schlagen und wir sind guter Dinge, dass dieser Trend noch nicht zu Ende ist. Hier hilft sicher der frühzeitige Fokus in den Ländern auf den schon diskutierten Megatrend Nachhaltigkeit. Viele Unternehmen haben beim Thema Umwelt, bei sozialen Themen und auch bei Governance eine Vorreiterrolle, entsprechend attraktiv sind sie für Anleger. Wir selbst sind aktuell in Bereichen wie Healthcare übergewichtet und haben zuletzt unser Exposure in Sektoren wie Industrials und IT/Communications wieder auf- bzw. ausgebaut.

IPE D.A.CH: Vielen Dank für diese Informationen.