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Biotech-Ausblick: Medikamentenpreise im Fokus, günstiges regulatorisches Umfeld

2020 werden die Schlagzeilen bisher von den US-Wahlen und dem Coronavirus bestimmt. Die globalen Aktienmärkte, die die Augen vor der Lage in China zunächst wochenlang verschlossen hatte, präsentieren sich seit der weltweiten Ausbreitung des Virus äußerst volatil.

Dr. Daniel Koller

Da sich die Auswirkungen des Virus auf die Wirtschaft nur schwer einschätzen lassen, verringerten Anleger ihr Aktienengagement und flüchteten in sichere Häfen. Große Biotechunternehmen wie etwa Gilead, Biogen und Regeneron profitierten von dieser Marktverwerfung. Ungeachtet der derzeitigen Turbulenzen an den Aktienmärkten stufen wir die Zukunft der Biotechindustrie im Allgemeinen und unserer Portfoliobeteiligungen im Besonderen weiterhin optimistisch ein.

Unser Hauptaugenmerk gilt unter anderem den zahlreichen Zulassungsstudien, die für 2020 zu erwarten sind. Positive Resultate begünstigen künftige Produktlancierungen, die weiteren Cashflow für die Unternehmen genieren werden. Das wiederum dürfte dann in deren Forschungspipelines fließen, die dank dieser Investitionen auf die nächste Stufe ihres Lebenszyklus gehoben werden. Übernahmen und Lizenzierungen werden größeren Biotechfirmen weiterhin als zusätzliche Diversifikations- und Wachstumsquellen dienen. Diese Dynamik dürfte zudem durch die Innovationsführerschaft vieler Small und Mid Caps getrieben werden.

Produktzulassungen sprechen für beachtliches Wachstumspotenzial
Besondere Beachtung schenken Anleger nach wie vor dem Markterfolg neu eingeführter Produkte wie Onpattro (Alnylam) und Tegsedi (Akcea/Ionis). Die starken Wachstumstrends bestimmter Präparate werden anhalten, so etwa die erfolgreiche Vermarktung von Ingrezza (Neurocrine) zur Behandlung von Spätdyskinesie, das 2020 beim Umsatz die 1-Milliarde-US-Dollar-Hürde überschreiten dürfte. Es wird außerdem aufmerksam beobachtet, wie sich kürzlich eingeführte Medikamente auf dem Markt schlagen, um festzustellen, ob sie die Umsatzerwartungen für das Gesamtjahr erfüllen. So zum Beispiel Trikafta von Vertex, das Ende 2019 von der FDA zugelassen wurde, oder Caplytas von Intra-Cellular, ein neuartiges Präparat zur Behandlung erwachsener Schizophreniepatienten.

Im Jahresverlauf sollten Esperion und Macrogenics die ersten Zulassungen für eines ihrer Medikamente erhalten. Damit würden sie aus dem Klub der Forschungs- und Entwicklungsfirmen in die Liga der kommerziellen Biotechunternehmen aufsteigen – ein bedeutender Schritt auf dem langen Weg in Richtung Wertschöpfung. Alexion rechnet mit einer Erweiterung des Labels für Ultomiris um zusätzliche Indikationen. Die Vielzahl an Zulassungen, das schließt die jüngsten Produktlancierungen und künftige Zulassungen ein, stärkt unser Vertrauen in das zweistellige Umsatzwachstumspotenzial unserer Portfoliounternehmen.

Investitionen in die Forschungspipeline stützen künftige Wertsteigerung
2019 wurden in den USA 48 neue Produkte zugelassen, davon alleine 21 im 4. Quartal, was einen deutlichen Anstieg gegenüber den ersten neun Monaten des Jahres darstellt. 22 dieser neuen Produkte stammen von Pharmakonzernen, 17 von Biotechs und 9 von Spezialpharmafirmen, Generikaherstellern und Diagnostikunternehmen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur hat 2019 insgesamt Zulassungsempfehlungen für 30 neue aktive Wirkstoffe ausgesprochen, von denen 15 von Pharmariesen und Spezialitätenpharmaunternehmen und 10 von Biotechfirmen entwickelt wurden.

Besonders überzeugt sind wir von Entwicklungsunternehmen, die in neue Technologieplattformen investieren, die als Basis für die Herstellung zahlreicher Wirkstoffkandidaten zur möglichen Behandlung einer Vielzahl von Indikationen dienen könnten. Dazu zählen auf RNA-Wirkstoffe fokussierte Unternehmen wie etwa Ionis Pharmaceuticals, Alnylam Pharmaceuticals, Wave Life Sciences und Moderna Therapeutics. Außerdem umfasst unser Portfolio Beteiligungen an den Gentherapieunternehmen Crispr Therapeutics, Sangamo, Homology und Voyager Therapeutics. Technologien zur Proteindegradation dürften in Zukunft neue Behandlungsmöglichkeiten bei Krebserkrankungen und immunologischen Indikationen bieten. Um davon zu partizipieren, sind wir in Arvinas investiert. Zudem haben wir unser Portfolio um Molecular Templates ergänzt, die sich auf die Entwicklung einer neuartigen Technologieplattform zur Herstellung von Immunotoxinen fokussiert. Es werden in naher Zukunft weitere Plattformen und Technologien folgen.

Großes Interesse wird auch Pharmaunternehmen mit einzelnen Produkten entgegengebracht, die sich wegen ihres klinischen Erfolgs bei mehreren Indikationen über einen langen Zeitraum erfolgreich vermarkten lassen. Diese Produkte stellen für besagte Unternehmen eine nachhaltige Quelle künftigen Wachstums dar, nachdem sich ihr Umsatz mit Blick auf die Anfangsindikation stabilisiert hat.

Branchenkonsolidierung als bedeutender Wachstumstreiber
Nicht nur kleinere Firmen und Mid Caps stellen potenzielle Übernahmeziele dar. Auch große Biotechunternehmen haben wegen ihrer niedrigen und attraktiven Bewertungen Übernahmeangebote erhalten. Drei Akquisitionen hatten im Jahr 2019 Einfluss auf unser Portfolio: An erster Stelle gilt es Bristol-Myers Squibbs Kaufangebot für Celgene im Januar 2019 in Höhe von 70 Mrd. US-Dollar zu erwähnen. Darüber hinaus wurde Audentes für 3 Mrd. US-Dollar von Astellas übernommen, während Alder für 2 Mrd. US-Dollar an Lundbeck überging. Die weitere Konsolidierung der Branche dürfte sich fortsetzen, da die Führungsteams vieler Pharmakonzerne und auch große Biotechunternehmen bestrebt sind, ihr Produktangebot zu erweitern und Zugriff auf neue Technologien zu erhalten, wie die jüngsten Transaktionen im Bereich der Genmedizin zeigen.

Medikamentenpreise weiterhin im Fokus, regulatorisches Umfeld nach wie vor günstig
Mit Blick auf die 2020 anstehenden US-Präsidentschaftswahlen erwarten wir eine anhaltende Debatte über die Reform des amerikanischen Gesundheitssystems. Sie dürfte einhergehen mit Vorschlägen, wie man den steigenden Arzneimittelpreisen begegnet und gleichzeitig Innovationen und Investitionen in die Entwicklung neuartiger Medikamente gefördert werden können.

Wir sind der festen Überzeugung, dass sich Anlegersorgen hinsichtlich einer zu restriktiven Preiskontrollpolitik irgendwann zerstreuen, da die tatsächlich ergriffenen Maßnahmen weniger dramatisch als befürchtet ausfallen werden. Die Debatte im Kongress um ein mögliches Gesetz zur Preisregulierung von Medikamenten, das unter anderem die Schaffung von Preistransparenz, die verstärkte Bereitstellung von Generika, die Umstrukturierung von Medicare Part B und D und sogar die Einführung eines internationalen Preisindexes (IPI) vorsieht, hält an. Daneben werden wir die Veränderungen aufmerksam verfolgen, die der amerikanische Gesundheitsminister Alex Azar durchzuführen gedenkt. Er hat betont, unter seiner Ägide niedrigeren Medikamentenkosten und einer erfolgsabhängigen Preisgestaltung in der US-Gesundheitsfürsorge (Medicare) Priorität einzuräumen. Zudem werden die Diskussionen um den Affordable Care Act (Obamacare) unseres Erachtens fortgeführt. Die Aufhebung des im Rahmen von Obamacare eingeführten Einzelmandats wird voraussichtlich eine Verringerung der Versichertenzahl zur Folge haben. Denn laut der neuen Regelung dürfen gesunde und jüngere Menschen ohne Bussgeldzahlung aus der Krankenversicherung austreten, was zu steigenden Prämien für die übrigen Einzahler führen könnte.

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*) Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Management ein und ist als Senior Portfolio Manager im Bereich Biotechnologie mit Spezialgebiet Herz-Kreislauf-Krankheiten tätig. Seit 2010 ist er Head Management Team der börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft BB Biotech AG. Vor seinem Eintritt bei Bellevue Asset Management war er vier Jahren in der Finanzindustrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktienanalyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und doktorierte im Bereich Biotechnologie während seiner Tätigkeit bei Cytos Biotechnology.

Kontakt:
BB Biotech AG
Schwertstrasse 6
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