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„Wir sehen mehr Sinn darin, das Haus mit feuerfesten Materialien zu bauen, statt eine Feuerversicherung darauf abzuschließen“

IPE D.A.CH-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit David Schofield, President der International Division von INTECH, über die aktuelle Herangehensweise von institutionellen Anlegern an den Aktienmarkt und die Ertragsquelle Volatilität. INTECH nutzt einen mathematischen Prozess, um auf Basis der Volatilität von Einzeltiteln eine Outperformance gegenüber der Benchmark zu erzielen.

David Schofield

IPE D.A.CH: Herr Schofield, Sie nutzen die Ertragsquelle Volatilität seit mittlerweile über 30 Jahren. Was sind die wichtigsten Lektionen daraus?
Schofield: Es ist grundsätzlich wichtig zu verstehen, dass es uns nicht nur um die Volatilität einzelner Aktien, sondern um den Gesamtkontext mit allen Korrelationen geht. Nur so können Sie effiziente Portfolios bauen. Wir haben viele Jahre Entwicklungsarbeit in unseren Prozess gesteckt und sind dadurch nun in der Lage, verschiedene Strategien auf dieser Basis anbieten zu können.

IPE D.A.CH: Was hat sich hier die letzten Jahre getan?
Schofield: Wir bieten auf der einen Seite weiterhin traditionelle Strategien an, die einen Index auf Basis eines kontrollierten Tracking Errors outperformen sollen. Seit 2012 sind wir auf der anderen Seite auch dahinter, auf dieser Basis die Gesamtvolatilität eines Portfolios zu minimieren, also defensive Low Volatility-Aktienportfolios zu kreieren. Dies hat insbesondere in den letzten Jahren einen sehr starken Zulauf von Kundenseite erfahren.

IPE D.A.CH: Worauf führen Sie dies zurück?
Schofield: Investoren haben im Niedrigzinsumfeld gelernt, dass Aktien als Ertragsquelle einen wichtigen Portfoliobestandteil darstellen. Dabei sind sie sich aber den Bewertungsniveaus bewusst und versuchen, mit defensiven Strategien im Markt zu agieren. Solche Strategien machen mittlerweile 20% unserer Assets aus – Tendenz steigend. Investoren wollen ihre Aktieninvestments ganz klar mit mehr Stabilität im Korrekturfall ausstatten. Der Schutz bei Rückschlägen steht im Vordergrund.

IPE D.A.CH: Wo sehen Sie die Welle um Smart Beta bzw. Factor Investment-Ansätze?
Schofield: Factor Investing beinhaltet meines Erachtens Risiken, derer sich die Marktteilnehmer oft nicht voll bewusst sind. Das Risiko des „Overcrowdings“ haben wir beispielsweise bereits beim Thema Low Volatility gesehen, z.B. rund um die Brexit-Entscheidung im Sommer 2016. Ebenso glauben noch viele Investoren, dass die Rendite beim Factor Investing durch einzelne Aktien getrieben wird, und nicht durch Effekte auf Portfoliolevel, die in Wahrheit langfristig die eigentlichen Renditetreiber sind.

IPE D.A.CH: Lasen Sie mich nochmals auf das Thema Rückschläge zu sprechen kommen. Sehen Sie in der nahen Zukunft eine große Gefahr?
Schofield: Ich will mich hier nicht als Marktprophet versuchen, aber klar ist, dass wir zu gegebener Zeit mit einer deutlichen Korrektur rechnen müssen. Die Mathematik ist dann recht einfach: 50% Verlust heißt, dass sich der Portfoliowert verdoppeln muss, um wieder bei Null zu landen. Das kann eine lange Zeitspanne in Anspruch nehmen. Bei 7% p.a. als Beispiel sind es rund zehn Jahre!

IPE D.A.CH: Sprich: Aktieninvestments mit Risikobewusstsein sollten im Mittelpunkt stehen?
Schofield: So sehen wir die eingangs angesprochenen Flows, ja! Man ist sich bewusst, dass Aktien für eine höhere Rendite stehen als Rentenpapiere, will allerdings die Downside nach Möglichkeit zu einem guten Stück begrenzen. Risiko und Risikomanagement sind prominente Themen in diesen Tagen.

IPE D.A.CH: Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang derivative Instrumente für institutionelle Anleger?
Schofield: Diese haben natürlich auch ihren Charme, allein die Garantie bzw. die Versicherungsleistung ist Investoren viel wert. Beim Blick auf die Kosten und den Aufwand hinsichtlich Monitoring und Governance ist diese Herangehensweise allerdings kritisch zu hinterfragen. Statt eine Feuerversicherung auf ein Haus abzuschließen, sehen wir mehr Sinn darin, das Haus besser gleich mit feuerfesten Materialien zu bauen.

IPE D.A.CH: Brauchen wir grundsätzlich mehr langfristiges Denken für Aktieninvestoren, um nicht jede Korrektur gleich als Hausbrand ansehen zu müssen?
Schofield: Die Denke auf Jahresfrist oder sogar auf Quartalsbasis führt natürlich zu einem recht kurzen Investmenthorizont. Ich verstehe auf der einen Seite, dass eine gewisse Bezogenheit auf einen Stichtag notwendig ist, dennoch müssen wir uns soweit wie nur möglich davon lösen. Wir versuchen sehr, Investoren von einer langfristigeren Denke zu überzeugen, um die Renditechancen der Märkte im Rahmen eines kompletten Wirtschaftszyklus auch tatsächlich nutzen zu können.

IPE D.A.CH: Welche globalen Trends sehen Sie aktuell?
Schofield: Im Aktienbereich ist die Passivierung sicher weiterhin ein anhaltender globaler Trend. Oft stehen Kostenüberlegungen im Mittelpunkt, die unserer Ansicht nach aber nicht unbedingt entscheidend seien sollten. Seit kurzem sehen wir aber die ersten Investoren, die sich aus passiven Investments wieder verabschieden und aktive Investments mit einem niedrigen Tracking Error bevorzugen. Oft sind diese Investoren eine Art „Barbell-Strategie“ gefahren, haben also passive und sehr aktive Investments kombiniert. Nun beginnen sie, sich wieder eher in der Mitte zu positionieren, also bei Strategien, die einen niedrigen Tracking Error und ein hohes Alpha aufweisen.

IPE D.A.CH: Zielen Investoren damit auch in die Absolute Return-Denke?
Schofield: In gewisser Weise schon. Viele sind mit einem kleinen Alpha-Beitrag zufrieden, wollen aber eine Downside-Protection. Wir selbst sind seit einiger Zeit auch im Absolute Return-Thema unterwegs. Basis ist unser erprobter Prozess, mit dem wir ein Long-Short-Portfolio aufgesetzt haben. Mehr und mehr Investoren setzten klar darauf, dass die Aktienmärkte nicht mehr das Beta der letzten Jahre liefern können und schätzen dezidierte AR-Ansätze mit einem Alphabeitrag aus einer aktiven Portfoliobewirtschaftung.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke!