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Kommentar: Totgeglaubte leben länger

Nach einem insgesamt schwierigen Börsenjahr 2022 haben die europäischen Aktienmärkte seit Ende des vergangenen Jahres zu einer fulminanten Rally angesetzt und dabei ein Jahreshoch nach dem anderen erklommen. Der STOXX Europe 600-Index hat year-to-date um rund 9% zugelegt, der STOXX Europe 50 um rund 12%. Die Sorgen, die durch den Ausbruch des Ukraine-Kriegs entstanden sind, wie eine drohende Energieknappheit, konnten erfolgreich abgeschüttelt werden. Darüber hinaus profitiert die europäische Wirtschaft von der Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft nach dem Ende der restriktiven Covid-Politik.

Bertrand Faure

Die gegenwärtige Berichtssaison verdeutlicht, wie resilient die europäische Wirtschaft in Krisenzeiten wie diesen ist. Auch die Konjunkturaussichten haben sich aufgehellt. Die EU-Kommission rechnet in ihrer jüngsten Konjunkturprognose damit, dass die Wirtschaft in der Europäischen Union in diesem Jahr um 1% wachsen wird und damit einer Rezession entgehen kann. Die OECD geht für 2023 von einem Wirtschaftswachstum von 0,8% im Euroraum aus. Jedoch erweist sich die Inflation hartnäckiger als erwartet. So zog die Inflation im Euroraum im April wieder etwas an, auf einen Wert von 7%. Die um die Energie- und Nahrungsmittelpreise bereinigte Kerninflation sank im April zwar um 0,1% auf 5,6%, aber verblieb auf einem hohen Niveau. Auch die mittelfristigen Folgen für die Wirtschaft durch den signifikant gestiegenen Euro-Leitzins müssen sich noch zeigen und wirken tendenziell dämpfend auf die Wirtschaftsleistung.

Überraschend positives erstes Quartal
Die US-Bankenkrise und der Bail-out der Credit Suisse im März erscheinen in gewisser Weise bereits wie eine ferne Erinnerung. Zum jetzigen Zeitpunkt werden die Folgen der abnehmenden Kreditverfügbarkeit und steigenden Zinsen zusätzlich zu den möglicherweise sinkenden Earnings per Share offenbar ignoriert, während die Ängste vor einer Rezession weiter vertagt wurden. Der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) hat im Markt eine signifikante Rotation ausgelöst, mit einer Verschiebung hin zu Qualitätstiteln und einem starken Abfluss bei zyklischen Werten. Diese Marktbewegungen sind nicht abnormal, wenn die größte Herausforderung für Investoren gegenwärtig ist, sich in einer sich im Wandel befindenden Welt ein genaues Bild von der aktuellen Wirtschaftslage zu machen. Auf Unternehmensebene haben die Geschäftsergebnisse vom ersten Quartal nach Bekanntgabe eine viel höhere Volatilität ausgelöst als noch vor zwei Monaten.

Insgesamt scheinen sich Industrieunternehmen mit ihren Geschäftsergebnissen im ersten Quartal besser geschlagen zu haben als Dienstleistungsunternehmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Industrieunternehmen über größere Auftragsüberhänge verfügen, weniger von Lieferkettenproblemen betroffen sind und die höheren Preise trotz sinkender Rohstoff- und Logistikpreise beibehalten können. Dienstleistungsfirmen hatten dagegen zwischen Mitte Februar und Mitte April mit der Kaufzurückhaltung der Konsumenten infolge der US-/Credit Suisse-Krise zu kämpfen. Es hat sich als schwieriger erwiesen, die Gehaltsinflation über andere Posten der Gewinn- und Verlustrechnung auszugleichen, da die Kunden angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten nicht bereit sind, weitere Preiserhöhungen zu akzeptieren.

Ein wetterfestes Portfolio kreieren
Wir fühlen uns darin bestärkt, Unternehmen aus dem Anlageuniversum der Small und Mid Caps zu identifizieren, die langfristig Erträge generieren und losgelöst von Trends sind. Denn wie sich die gesamtwirtschaftliche und politische Lage weiterentwickelt, können weder Wirtschaftsexperten noch geopolitische Strategen genau vorhersagen. Als Stock Picker konzentrieren wir uns auf die Fundamentaldaten. So ist beispielsweise der Free Cash Flow für uns eine aussagekräftige Variable, da sie schwer manipuliert werden kann. Sobald wir Unternehmen mit konsistenten Erträgen, einer hohen Resilienz und Wachstumschancen identifiziert haben, warten wir auf einen günstigen Einstiegszeitpunkt. Volatile Marktphasen oder auch Phasen, in denen die Marktteilnehmer Unternehmen falsch einschätzen, sind optimale Zeitpunkte. Im vergangenen Jahr, als die Strom- und Gaspreise in die Höhe geschossen sind, wurden zum Beispiel energieintensive Unternehmen vom Markt abgestraft. Dabei sind diese Unternehmen gut gegen steigende Energiepreise abgesichert. Auch im Hinblick auf die Inflation ist ein genauerer Blick auf die Unternehmen und deren Geschäftsmodell viel wert. So gibt es Unternehmen, die durch kurzlaufende Lieferträge in der Lage sind, steigende Preise an ihre Kunden weiterzugeben. Dies ermöglicht es ihnen, die Margen stabil und in einem positiven Bereich zu halten.

Mit einer weitgehend positiv verlaufenden Berichtssaison und aufgehellten Konjunkturaussichten sieht es für europäische Unternehmen für das laufende Jahr besser aus als erwartet. Jedoch bleiben mit einer hartnäckigen Inflation, den mittelfristigen Effekten der Zinserhöhungen und nach wie vor existierenden geopolitischen Risiken noch viele Unsicherheiten bestehen. In diesem Marktumfeld lohnt es sich umso mehr, durch sorgfältige Fundamentalanalyse Unternehmen zu selektieren, die über überzeugende Geschäftsmodelle verfügen, konstant Erträge generieren und hohes Wachstumspotenzial haben. In Marktphasen, wo der Marktwert signifikant unter dem echten Unternehmenswert liegt, ist der beste Zeitpunkt, um das Portfolio mit diesen Qualitätswerten aufzustocken. Das Zeitfenster kann jedoch sehr eng sein, sodass ein aktiver Portfoliomanager hier schnell handeln muss.

The views and statements contained herein, are those of Pascal Investment Advisers SA in their capacity as Investment Adviser to the EI Sturdza Strategic European Silver Stars Fund as of 22 May 2023 and are based on internal research and modelling.

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*) Bertrand Faure, Fondsmanager des Strategic European Silver Stars Fund bei Eric Sturdza Investments