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Invesco analysiert verwirrende Marktsignale: Haben die Aktien- oder die Anleihemärkte recht – oder sogar beide?

Nach einem guten Jahresauftakt mit positiven Renditen für die meisten Anlageklassen hat das Verhalten der Märkte den Anlegern zuletzt Rätsel aufgegeben: Während die sinkenden Anleiherenditen für Rezessionsängste sprechen, scheinen die steigenden Aktienkurse von einem größeren Optimismus zu zeugen. In der aktuellen Ausgabe der Invesco-Publikation Uncommon Truths erörtern Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research, und András Vig, Multi Asset Strategist im Global Market Strategy Office von Invesco, was hinter diesen zunächst widersprüchlichen Signalen steckt und was dies für Anleger bedeuten könnte.

Paul Jackson

Ihrer Auslegung zufolge zeigen sich die Finanzmärkte nicht übermäßig besorgt über die Aussicht auf eine bevorstehende Rezession – ein Szenario, das die Invesco-Experten in Europa für wahrscheinlich und in den USA zumindest für möglich halten, nachdem die Datenveröffentlichungen hier zuletzt sehr gemischt ausgefallen sind.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) globaler Aktien – gemessen am Datastream Total Market World Index – ist in den letzten Monaten gestiegen“, sagt Jackson. „Wir vermuten, dass dies mit dem Rückgang der Anleiherenditen zusammenhängt. Gleichzeitig sind die Unternehmensgewinne - bis vor kurzem - leicht gestiegen. Das ist erfreulich, insofern als die höheren Multiplikatoren dadurch auf höhere Gewinne angewandt wurden.“

An den Märkten scheint sich die Ansicht durchgesetzt zu haben, dass die US-Notenbank (Fed) noch in diesem Jahr von ihrem Straffungskurs abrücken und die Zinsen senken wird. Jackson führt den Rückgang der Anleiherenditen in den letzten Monaten aber nicht nur auf Sorgen über den Zustand der Wirtschaft zurück. So habe die Anlageklasse zuletzt auch höhere Zuflüsse verzeichnet, da Pensionsfonds begonnen hätten, ihr Risiko wieder zurückzufahren. „Unter den Anlegern sind Anleihen seit einigen Wochen wieder ein Thema“, berichtet Jackson. Das liege auch daran, dass die Renditedifferenz zwischen Aktien und Anleihen erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder eher für Anleihen spreche. Daher halten die Invesco-Experten in ihrer Modell-Asset-Allokation an einer leichten Untergewichtung von Aktien fest. In Staatsanleihen sind sie neutral positioniert und in Unternehmensanleihen übergewichtet.

Nachdem die Fed ihren Leitzins am 1. Februar wie erwartet nur um 25 Basispunkte (bps) angehoben hat, signalisieren die Fed Funds Futures laut Bloomberg-Berechnungen für März eine weitere Zinserhöhung um 25 bps. „Der Markt geht jedoch davon aus, dass es mit der Straffung dann vorbei ist und die Fed die Zinsen binnen Jahresfrist zwei Mal gesenkt haben wird - einmal im November und einmal im Dezember oder Januar“, so Jackson. „Das mag erst einmal dramatisch klingen, aber der Markt hat dies mindestens seit Anfang des Jahres eingepreist.“

Für die kurzfristige Entwicklung der langfristigen Staatsanleiherenditen in den USA werde der jüngste Fed-Zinsentscheid maßgeblich sein. „Im Anschluss dürfte dann aber die Stärke der Wirtschaft der entscheidende Faktor sein“, so Jackson. „Meiner Ansicht nach könnte eine anhaltende Wachstumsverlangsamung die Rendite zehnjähriger Treasuries in den nächsten Monaten bis auf 3,00% drücken. Eine Wachstumserholung könnte dagegen zu einem erneuten Anstieg der Renditen führen, vielleicht bis auf 4,00%.” Ein Hoffnungsschimmer sei, dass die Hypothekenanträge in den USA in den ersten drei Wochen dieses Jahres gestiegen seien. Das könne darauf hindeuten, dass der jüngste Rückgang der Hypothekenzinsen Wirkung zeigt.

Jackson geht zwar davon aus, dass die Anleiherenditen mittel- bis langfristig weiter steigen werden, wenn die Zentralbanken ihre Anleihebestände abbauen und die realen Renditen auf ein normaleres, höheres Niveau zurückkehren. Zuvor könnten zyklische Faktoren und Marktkräfte jedoch erst einmal für Abwärtsdruck sorgen.

„Die anstehenden Zinsentscheide der Fed könnten bestimmen, in welche Richtung sich die Renditen kurzfristigen bewegen. Aber Anleihen sind wieder ein Thema und wir glauben, dass höhere Zuflüsse in die Anlageklasse die Renditen nach unten drücken könnten“, so Jackson. „Anekdotische Beobachtungen signalisieren, dass die Anleger zuletzt stärker aus Aktien in Anleihen umgeschichtet haben – und zwar nicht aus Angst vor einer Rezession.“ Durch den Anstieg der Anleiherenditen verringere sich der Barwert der Verbindlichkeiten von Pensionsfonds, was es diesen ermögliche, in risikoärmere Anlagen umzuschichten, anstatt höheren Renditen hinterherzulaufen.

Wie Jackson anmerkt, sind die realen Renditen derzeit so hoch wie seit der globalen Finanzkrise nicht mehr. Dadurch kämen Anlagen in Staatsanleihen erstmals überhaupt wieder in Frage. Gemessen an der Differenz zwischen den Anleiherenditen und der Dividendenrendite von Aktien seien Staatsanleihen der USA, Großbritanniens und der Eurozone aktuell so attraktiv wie seit 2010/11 nicht mehr.

„Zum Glück sollte ein Rückgang der Anleiherenditen auch Aktien – und anderen Vermögenswerten wie Gold – zugutekommen“, so Jackson. „Auch wenn es in den nächsten Wochen zu einer gewissen Konsolidierung am Aktienmarkt kommen könnte, da die Aktienmultiplikatoren trotz des zuletzt leichten Anstiegs der Anleiherenditen weiter gestiegen sind, glaube ich, dass die jüngsten positiven Trends im Jahresverlauf 2023 anhalten werden.“