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„Der Preis von Risiko wird manipuliert“ (Teil 2)

Fondsexperten diskutieren am „Runden Tisch“ von Universal-Investment.

->Hier geht es zu Teil 1 des Roundtables.

Kommen wir zum Thema ESG, SRI, Impact Investment. Wie hat das bisher Ihre Arbeit beeinflusst, welche Overlaps hatten Sie bisher mit dem Thema und wenn wir auf den New Green Deal schauen, sowohl was Green Bonds auf der Bondseite angeht als auch Investitionsmöglichkeiten auf der Aktienseite, welche Chancen versprechen Sie sich?
Orlando: Das ESG-Thema hat keine größeren Änderungen für uns, da Cape Capital als Firma schon eine starke Verankerung in diesem ganzen Bereich hat, auch dadurch, dass ein Founding Partner auch die Sustainability Foundation der Universität Zürich, die für die Sustainable Investments zuständig ist, mitgegründet hat, ist für uns das schon sehr stark in der DNA mitverankert und alle unsere Produkte, wie der UI Cape Credit Fund, haben einen sehr starken Motor, was dieses ESG-Thema anbelangt. Man hat die traditionellen Investments, man kann einfach Exklusion machen, aber dann geht es schon langsam ans Eingemachte. Mit einer ESG-Integration oder einem thematischen Impact Investing bis hin zu eigener Philanthropie, wobei bei letzterem finanzielle Renditen im Hintergrund sind und das, was man erreichen kann, im Vordergrund steht. Was wir machen ist letztlich, die Mitte abzudecken, also eine authentische ESG-Integration.

Sehen Sie im Green Bond-Segment eigentlich eine Opportunität?
Orlando: Opportunität ist vielleicht hier übertrieben. Greenwashing ist keine Opportunität, da steht viel mehr dahinter, was im Kontext eines rationalen Investors berücksichtig werden muss. Es geht letztlich um die Antizipation von Erfolg von einem Unternehmen im neuen Rahmen und es geht um die Analyse der ESG-bedingten Kapitalströme schlussendlich. Selbstverständlich sehen wir Trends mit den Green Bonds, Social Bonds, Sustainable Bonds et cetera und das hat sicher einen Erste-Runden-Effekt gehabt. Das haben wir ja auch zum Beispiel im letzten Jahr gesehen, dass das Segment eigentlich relativ gut supported war – auch im März und April 2020. Für uns gilt, da auch ein bisschen hinter die Szene zu schauen. Es reicht uns nicht, einfach zu sagen, wir kaufen jetzt einen Green Bond und dann ist das Portfolio ein bisschen grüner, da sind wir nicht so, oder wir kaufen jetzt Sustainability-linked-Bonds und dann ist es Sustainable. Es ist ein Fakt, dass Green Bonds und Sustainable Bonds oftmals mit einer Prämie von 10 bis 20% Prozent kommen, je nachdem in welchem Segment das ist, die kommen oftmals ein bisschen teurer, weil schlichtweg der Markt weiß, dass es mittlerweile Investoren gibt, die nur dort investieren können, während es immer noch Investoren gibt, die überall investieren können. Das heißt, es gibt hier eine zweite Kurve mittlerweile im Kreditmarkt, also die Green Bonds, Social Bonds, Sustainable Bonds et cetera, und die anderen Bonds, also es ist so, dass die ein bisschen teurer sind, aber dann auch unter Umständen besser supported werden in einer Krise. Es ist eine Frage des Sharpe Ratios, eine Frage von Conviction, und es ist eine Frage, wie man die zukünftigen Kapitalströme sieht.

Herr Althans, Herr Schmidlin, wie ist es im Aktienbereich?
Althans: Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Stempel, sondern für uns sogar ein ganz entscheidender Punkt, wenn sie eine detaillierte Fundamentalanalyse betreiben. Angefangen beim Umsatz ist ESG-Compliance heutzutage Risikomanagement-Tool oder auch eine „licence to operate“. Spätestens seit dem Lieferkettengesetz ist das Risiko aufgrund fehlender Nachhaltigkeitsstandards ausgegrenzt zu werden genauso real, wie die Gefahr, dass mögliche Gewinne durch Umverteilungsmechanismen wie Emissionszertifikate aufgefressen werden. Zudem gilt es die Kapitalkostenkomponente zu beachten, die die Kollegen gerade besprochen haben. Es gilt daher ganz grundsätzlich, dass sich die Gewinnchancen fundamental zunehmend an diesen Nachhaltigkeitskriterien orientieren. Wichtig hierbei ist, wie wir dies in unseren Analysen für unsere Beteiligungen umsetzen. Was auf der fundamentalen Seite die testierte Jahresbilanz, sind auf der Nachhaltigkeitsseite die ESG Ratings – letztlich eine ex-post Betrachtung. Die Chancen und damit das Alpha besteht aber in der zukünftigen Bewertung und somit die integrative Betrachtung von Wertreibern und Nachhaltigkeitsveränderungen. Es ist unsere zentrale Überzeugung, dass wir dies direkt mit den Managements, die letztendlich das Steuerrad in der Hand halten, holistisch diskutieren müssen, um erfolgreiche Unternehmen zu finden. Deswegen haben wir auch nach 20 Jahren unseren Leitspruch in „Performance driven by Sustainamentals“ verändert. Die Wortschöpfung „Sustainamentals“ bezeichnet dabei die Symbiose von „Sustainability“ und „Fundamentals“. Begriffe, die für uns nicht mehr voneinander zu trennen sind - was der Regulator spätestens mit Inkrafttreten der Offenlegungsverordnung auch so sieht.

„Fundamentals war gestern, Sustainamentals sind heute.“ (Paul Althans, CHOM Capital)

Schmidlin: Ich kann mich dem nur anschließen. Wir selber arbeiten auf der Aktienseite schon mehrere Jahre mit Ausschlusslisten. Ansonsten wehre ich mich dagegen, dass man das ganze ESG-Thema nur beispielsweise auf ein ESG-Rating reduziert und auch so ein bisschen die eigene Verantwortung dann abgibt. Wir sind bei den meisten oder allen Unternehmen, wo wir investiert sind, sehr nahe am Management dran und versuchen dort beispielsweise den Governance-Faktor auch aktiv mit zu beeinflussen. Für uns ist es wichtig, dass man das Thema ESG nicht als Marketingchance betrachtet, sondern wirklich sicherstellt, dass die Unternehmen fundamental gut aufgestellt sind. Das bedeutet, dass man den E-, den S- und den G-Bereich nachhaltig abbildet. Wir sind ja keine Trader, sondern wollen uns mit einem mehrjährigen Zeithorizont an den Unternehmen beteiligen. Und dadurch sollte ein nachhaltiger Ansatz auch selbstverständlich sein.



Können Sie vielleicht noch ein bisschen tiefer einsteigen, in das, was Sie genau tun, um die E-, S- und G-Faktoren rauszuarbeiten, dass es das am Ende des Tages braucht?
Schmidlin: Der G-Faktor ist am einfachsten zu überprüfen. Man kann gut analysieren, wie abhängig oder unabhängig das Board und Management ist. Das ist der einfachste, aber längerfristig auch einer der wichtigsten Punkte, weil man in der Regel nicht nur in ein Unternehmen, sondern auch in die Leute an der Spitze investiert. Beim „S“ und „E“ ist das deutlich schwieriger. Ich glaube, wenn man sich nur die Geschäftsberichte ansieht, hat fast jedes Unternehmen inzwischen einen Hochglanzbericht, der sich ganz toll liest. Die Frage ist, welchen Mehrwert das wirklich bringt für die eigene Einschätzung? Hier kann man sich auch die ESG-Berichte von einigen Waffenherstellern durchlesen und kommt danach mit dem Eindruck weg, dass das ganz grüne und saubere Unternehmen sind. Die Arbeit muss man also schon selbst machen. Wir besuchen die Unternehmen vor Ort, nicht nur am Hauptsitz, sondern auch in den Produktionszentralen oder in den Callcentern. Ich glaube, man bekommt nur hier sehr qualitativ ein Bild und auch nur über die Zeit. Es ist sehr schwierig, da ein konkretes Rating zu vergeben und aus genau dem Grund würde ich die ESG-Ratings auch eher kritisch beäugen. Mit vielen Unternehmern bauen wir über die Jahre eine persönliche Beziehung auf, was dann die Einschätzung der ESG-Faktoren auch erheblich vereinfacht.
Orlando: Der G-Faktor war natürlich schon immer ein Thema im Kreditbereich. Da geht es um Tailrisiken und ich glaube, dass „G“ ist auch der Bereich, wie der Kollege schon gesagt hat, der sich auch am wenigsten verändert hat, die Governance, da geht es um Analysen, da geht es um Hard Facts, schlussendlich auch, um Tailrisiken, und eben im E und S brauchen wir diese Impulse. Wir konkret arbeiten mit der Universität Zürich, wir haben die Datenbank aufgeschaltet vom MSCI, eigentlich mehr, dass wir die Controversials kriegen, und wir haben fast seit Beginn die zehn Prinzipien vom Global Compact, quantitativ, aber auch in Softfaktoren, also wir schauen, welche von diesen Faktoren da verletzt werden, diskutieren die dann kontrovers und schreiben entsprechend auch Reporte, wenn wir anderer Meinung sind. Ich glaube, es ist genau das, was Sie gesagt haben vorhin. Es macht einen Asset Manager auch authentisch, wenn er mal anderer Meinung ist als vielleicht ein MSCI oder ein UN Global Compact. BHP, da könnte man jetzt zwei Stunden darüber diskutieren, warum wir das nicht so sehen, wie UN Global Compact. Aber ich glaube, das macht die Situation vielleicht auch genau interessant. Dass man sich auch mal den Empfehlungen widersetzt, während man andere Firmen mit auf die Liste nimmt als No-Go, die eigentlich valide wären für diese Körperschaften.

„Der G-Faktor ist am einfachsten zu überprüfen. Man kann gut analysieren, wie abhängig oder unabhängig das Board und Management ist.“ (Nicolas Schmidlin, ProfitlichSchmidlin)

Muss ein Fondsmanager am Ende auch mal Nein sagen zu den Amazons dieser Welt?
Lienhard: Es geht genau um das, absolut. BHP natürlich, da gab es Probleme in der Vergangenheit, Amazon könnte man auch nehmen, logischerweise, man könnte auch gewisse Regierungen in die Diskussion einbeziehen. Und gerade auch bei uns, wenn das Management, wenn die Dynamics stimmen, wenn das Management gewechselt hat, neue Leute kommen und sich wirklich dafür einsetzen, dass die Firmenkultur geändert wird, dann gewichten wir auch diesen Dynamik-Faktor, wie schnell und wie entschieden verändert sich eine Firmenkultur, wie stark ist sie getrieben von neuen Leuten, das muss man alles in die Überlegungen reinnehmen, und das ist schlussendlich eine Frage der Faktorengewichtung und auch eine Frage von den Controversaries. Wir haben hier unseren eigenen Ansatz über die Zeit auch entwickelt, wir haben eine starke Kultur diesbezüglich auch wegen den Eigentümern, die sind auch stark skandinavisch getrieben neben schweizerisch, viele Trends in dieser Richtung kamen auch von dort und haben vielleicht ein bisschen einen Vorsprung, also wir können nicht die Blumen entgegennehmen diesbezüglich, denn es waren vor allem auch die Investoren, die das am Anfang hier nachgefragt haben.
Althans: ESG ist kein Konzept, dass sich nur auf ein Marktsegment, bzw. auf ein Wirtschaftssystem beschränkt, im dem nur gewisse Unternehmen erlaubt sind. Es ist nicht Ziel von heute auf morgen die Hälfte aller Lieferketten abzustellen, um die Wirtschaftsunternehmen auf ein neues Nachhaltigkeitslevel zu heben. Es ist vielmehr notwendig, dass in allen Branchen gleichzeitig ein Nachhaltigkeitswettbewerb um die besten Innovationen zur Vermeidung der negativen Externalitäten stattfindet. Dieser Wettbewerb ist es, den man fördern muss. Klarer Nachholbedarf besteht aber auch in der Verteilung der Ratings. So bestehen insbesondere zwischen den Marktkapitalisierungen gewaltige Unterschiede. Derzeit sind knapp die Hälfte aller Unternehmen über 10 Mrd. Euro Marktkapitalisierung mit dem Spitzenrating „AAA“ oder „AA“ belegt. Wo aber findet die eigentliche Wertschöpfungskraft Europas statt? Im Mittelstand! Ein Großteil dieser Unternehmen im Small- und Mid-Cap Bereich besitzt allerdings überhaupt kein Rating, weniger als 10% weisen eines der Spitzenratings aus. Und das liegt mitnichten daran, dass die Unternehmen weniger nachhaltig sind. Es ist vielmehr so, dass den Ratingagenturen zumeist einfach die Daten fehlen. Das kann am fehlenden Bewusstsein liegen, aber auch oftmals an geringeren Kapazitäten, ein intensives Reporting darzustellen. Auch zur Authentizität für uns als Asset Manager würde ich gerne noch etwas sagen. Das eigene Stewardship bzw. gelebte Corporate Social Responsibility darf nicht zu kurz kommen. Also was ist unser eigener Beitrag? Wie gehen wir mit dem Thema Klimaneutralität um? Wie verhalten wir uns bei der Diversität? Diese Fragen muss jedes Haus für sich, aber auch wir als Branche glaubwürdig beantworten, wenn wir authentisch sein wollen.

Authentisch ist das Zauberwort, meinen Sie nicht?
Orlando: Definitiv. Ich glaube, was wichtig ist, wenn man die Debatte oder die Intensität der einzelnen Punkte der Diskussion anschaut, ist der Blick auf die Timeline der EU. Die Sustainable Finance Directive, die letztendlich ja eine klare Road Map auslegt, die sieht zunächst mal die EU-Carbon-Taxonomie vor, nach der ab Januar 2023 auch andere Umwelt- und soziale Ziele eine eigene Taxonomie bekommen sollen. Das heißt, auch im Sinne des Regulators hat dieses Thema ein anderes Gewicht erfahren. Und wenn man den Ursprung dieser Policy Instrumente nochmal in 2015, Paris Klimakonferenz und den UN SDGs anschaut, dann war zumindest der zentrale Punkt auch Begrenzung von globaler Erderwärmung et cetera. Die waren auf dem Punkt E gelegt, der Schwerpunkt. Das wird aber im mittelfristigen Rahmen definitiv genauso wichtig werden. Und wenn Sie angucken, was legislativ dazu noch in Arbeit und Vorbereitung ist und die technischen Expertengruppen, die in diesem Rahmen beraten, dann kann das Thema nicht vernachlässigt werden. Also ein Ansatz muss immer auf allen dreien stehen am Ende des Tages.

Wenn wir uns so ein bisschen vom mittelfristigen Blick lösen, ins Langfristige gehen, und um Gottes willen nicht die Glaskugel bemühen, aber was sind die Faktoren oder wo sehen Sie die Faktoren, die uns über die nächsten zwei, drei Jahre hinaus längerfristig beschäftigen werden?
Schmidlin: Wenn wir uns das anschauen, dann kann ich darauf nur zurückkommen, was ich eingangs gesagt habe. Diese Schere, die sich durch die Covid-19-Krise geöffnet hat und die einfach viele Trends nochmal beschleunigt hat, die schlägt in vielen Punkten, die Sie schon genannt haben, durch. Ein größerer Fokus auf Nachhaltigkeit und eben die Schere zwischen echten Digitalisierungsgewinnern und die, denen jetzt die Felle davonschwimmen. Aber am Ende des Tages ist für uns einfach wichtig, dass wir uns auf Einzeltitelbasis anschauen, welche Unternehmen erzielen hohe Kapitalrenditen, haben ein integres Management, arbeiten nachhaltig und generieren so positive Wachstumsaussichten über einen längeren Zeitraum.
Althans: Es gibt eine interessante Studie von Vanguard zu diesem Thema, die sich „Der Ideen-Multiplikator“ nennt – er misst die globale Rezitation von akademischen Arbeitstiteln als Approximation für die Geschwindigkeit, in der sich Technologien verbreiten. Zur Einordnung des Indikators ist wichtig zu verstehen, dass wir trotz aller Diskussionen um Disruptionen und Technologie objektiv aus einer Phase kommen, die ein geringes Arbeitsproduktivitäts-Wachstum gesehen hat als in der Vergangenheit. Der Ideen-Multiplikator zeigt hier seit zweieinhalb Jahren einen massiven Anstieg und die Covid-Pandemie hat ihr Übriges getan, dieses Wachstum nochmal massiv zu beschleunigen. Und dabei werden vielversprechenden Technologie-Themen bislang nur von den Early Movers und nicht in der breiten Mehrheit genutzt. Außerdem ist eine de facto Netto-Rückkehr des verarbeitenden, industriellen Gewerbes in Europa mit einem massiven Aufbau von Arbeitsplätzen zu beobachten. Letztendlich kann dieses Reshoring und die bessere Penetration von Technologien in die Breite hinein dazu beitragen, dass wir auch hier im europäischen Wirtschaftsraum einen massiven Produktivitätszugewinn erleben, wie wir ihn lange nicht mehr hatten. Wenn sich dies noch paart mit dem Ausblick auf ein nachhaltigeres Wirtschaftsmodell, dann bleibe ich dabei, dass über die mittelfristige Sicht Europa oftmals deutlich zu pessimistisch dargestellt wird.
Lienhard: Auf unserer Seite sehen wir es so, dass Covid-19-Disruption letztendlich beschleunigt hat und damit auch die Megatrends in diesem Sinne auch beschleunigt. Unter anderem natürlich auch wie die Kollegen sagen, die Digitalisierung, Konnektivität usw. Konnektivität ist natürlich ein Riesenthema. Und da gilt es, herauszufiltern, welche Ströme innerhalb von diesen Trends sich von, ich sag jetzt, mal gesellschaftlichen Randbereichen, zur Mitte verschieben. Und dementsprechend glaube ich auch, dass die Politik hier nicht tatenlos zusieht, die wird teilweise in Phasen progressiv sein, was dann auch indirekt zu Lasten der alten Industrie geht, also Autoindustrie, die intensiven Sachen, Humankapital et cetera. Das wird dann vielleicht ein Test werden für die Demokratie, weil die humankapitalintensiven Branchen auch eher von dieser Disruption betroffen sind und deshalb planen wir auch, um da vielleicht mit reinzuschießen zu den Inflationserwartungen, dass mittel- und langfristig hier die Inflation oder die deflationären Tendenzen vielleicht dann auch stärker bleiben, Disruption aber auch als Thema in Sachen Weltmacht, ein Wort, dass ich vielleicht gar nicht so gerne in den Mund nehme, weil schlussendlich, die Welt ist globalisiert, das ist nicht mehr so klassisch wie früher. Das 18. Jahrhundert gehört den Franzosen, das 19. den Briten, das 20. den USA, und jetzt kommen die Asiaten. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die ganze Nachfrageseite, die wird davon bestimmt, 700 Millionen Inder sind 25 Jahre alt oder jünger, das muss man sich mal überlegen, das ist natürlich massiv. Und das spricht natürlich, wenn man dort den kulturellen Background et cetera anschaut, dass diese ganze Konnektivität, die Digitalisierungswelle, die kommt noch viel stärker auf uns zu.
Althans: Wenn ich das noch ergänzen darf: In der Debatte um China wird selten reflektiert, dass die Konsumquote deutlich geringer ist, als in den westlichen entwickelten Wirtschaftsräumen. China muss sich folglich irgendwann in ein Konsumwachstumsmodell verändern. Hierbei ergeben sich massive Implikationen und eine gewisse tektonische Verschiebung gesellschaftlich und im Sinne der Branchen, die letzten Endes davon profitieren. Dieses Thema wird im Wachstumsmodell Asiens und Chinas insbesondere gegen Ende der 20er eine sehr zentrale Rolle spielen. Ich wäre also vorsichtig die aktuellen Wachstumsraten einfach linear fortzuschreiben.

Abschließend machen wir es Ihnen noch einmal richtig schwer. Wenn Sie – weil Sie gerade das Wort Dekade in den Mund genommen haben – der nächsten Dekade, den nächsten zehn Jahren, eine Überschrift geben sollten, wie lautete diese?
Althans: Aus unserer europäischen Brille und ohne Eigenwerbung zu betreiben, finden wir den Begriff Sustainamentals für das, was geschieht; enorm passend.
Schmidlin: Auch wenn sich daraus keine reißerische Überschrift machen lässt, aus meiner Sicht sollte die Überschrift heißen: „Am Ende des Tages zählen immer noch die Fundamentaldaten“. Ich glaube, man macht sich einen zu großen Kopf um übergeordnete Megatrends, regulatorische Veränderungen und weitere Makrofaktoren. Am Ende des Tages zählt, wie flexibel die Unternehmen aufgestellt sind, wie gut diese auf ein verändertes Umfeld reagieren können und wie profitabel, rentabel und nachhaltig diese ihr Kapital allokieren können.
Orlando: Ich mach’s kurz: „Disruption zugunsten einer nachhaltigeren Welt“. Ich glaube, dass Disruption schon das Synonym ist für Wandel in diesem Sinne, teilweise ein bisschen negativ behaftet, ist es aber eigentlich nicht. Es gibt auch extreme Chancen, und eigentlich die disruptiven Tendenzen, die wir sehen im Moment, die zielen ja ganz klar auf dieses Nachhaltigkeitsthema hin und dementsprechend glaube ich, dass wäre unser Slogan. Kein perfekter, aber es ist derjenige, der im Moment passend wirkt.

Wir stehen also vor einem Schumpeter-Jahrzehnt?
Althans: Im Grunde genommen soll es heißen: Was ist die soziale Funktion von Kapitalmärkten? Es ist die Formierung von Kapital im Gleichgewicht für die Gesellschaft. Und dieses Gleichgewicht wird nun erstmals auch eine Berücksichtigung in Umwelt- und sozialen Themen finden. Und deswegen steht in der kommenden Dekade das Investieren mit Sustainamentals für uns im Mittelpunkt unseres Investmentprozesses.

Damit stünde nur noch die Frage im Raum, ob wir in einem Jahrzehnt der Experimente leben, aber das diskutieren wir an anderer Stelle. Wir danken Ihnen sehr für die spannenden Einblicke und Ausblicke, auf das was ist und das was auf AnlegerInnen zukommen wird.

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