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„Alternative Credit liefert während eines Abschwungs Stabilität und sichert so den Wert eines Investments“

Alternative Credit Anlagen sind für institutionelle Anleger eine willkommene Alternative zur Portfoliodiversifizierung geworden. Das Thema Nachhaltigkeit ist im Alternative-Credit-Bereich zwar eher noch ein Randthema, rückt jedoch zunehmend in den Fokus. IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach dazu mit Ulla Fetzer, Client Portfolio Manager bei NN Investment Partners.

Ulla Fetzer

IPE D.A.CH: ESG-Faktoren in Alternative Credit zu integrieren gilt als Herausforderung. Wie stellt NN IP das bei seinen Investments sicher?
Fetzer: Bei uns ist verantwortungsbewusstes Investieren ein zentraler Bestandteil der Investmententscheidungen. Nicht nur wegen aufsichtsrechtlicher Anforderungen, sondern weil wir die richtigen langfristigen Investmententscheidungen treffen wollen. Dies gilt insbesondere für Alternative Credit. Während Aktien und Anleihen verkauft werden können, wenn sie zu riskant werden, gibt es bei Alternative Credit nur begrenzte Möglichkeiten, sich aus einem Darlehen zurückzuziehen. Die Integration von ESG-Kriterien unterstützt uns bereits am Anfang des Prozesses, ein besonderes Augenmerk auf die Projekte zu legen. Die Investments in Darlehen und Finanzierungen erfolgen dabei auf verschiedenen Wegen: direkte Kreditvergabe, Beteiligung an neuen Krediten oder Kauf von Krediten auf dem Sekundärmarkt. Unabhängig davon, ob es sich um Infrastruktur- oder Projektfinanzierung, gewerbliche Immobilienfinanzierung, Wohnbauhypotheken, Unternehmenskredite oder Trade Finance handelt, müssen die Bank, der Mieter und andere beteiligte Parteien klare ESG-Kriterien erfüllen. ESG-Kriterien müssen in den Investitionsprozess integriert werden, und zwar von der Vergabe bis zur Rückzahlung.

IPE D.A.CH: Dazu benötigt man doch ausreichende entsprechende Daten und Fakten?
Fetzer: Das stimmt, und die Verfügbarkeit von Daten und deren Qualität ist immer noch unzureichend. Deshalb sind wir bei der Auswahl der Assets sehr selektiv – wir kaufen nicht den Markt. Dadurch sind wir in der Lage bestimmte Sektoren mit negativen ESG-Einflüssen zu meiden. Wir berücksichtigen Abwärtsrisiken, wie z. B. Umweltrisiken, die unsere Kreditposition in der Zukunft gefährden könnten. Es gibt hier jedoch keine Patentlösung, die auf alles passt. Die Assetklasse ist heterogen, und die ESG-Risikofaktoren sind für jeden Kreditnehmer individuell. Während Überschwemmungen für den Agrarsektor ein wesentliches Risiko darstellen, dürften sie sich auf IT-Unternehmen weniger auswirken. Trotz seiner Komplexität muss ein umfassender Due-Diligence-Prozess zu ESG-Grundsätzen ein wesentliches Element der Kreditvergabe sein, gefolgt von Active Ownership und Engagement. Gemeinsam mit unserem Responsible-Investing-Team haben wir einen vielschichtigen Prozess entwickelt, der zahlreiche Aspekte berücksichtigt. Allerdings gibt es noch keine einheitlichen Anforderungen an die Berichterstattung, weder für Kreditnehmer noch für Kreditgeber.

IPE D.A.CH: Ist Alternative Credit denn auch für einen konservativ aufgestellten Investor geeignet?
Fetzer: NN IP befasst sich mit dieser Assetklasse seit mehr als drei Jahrzehnten. In dieser Zeit haben wir vielfältige Anlagemöglichkeiten entwickelt, die den Zugang zu risikoarmen und stabilen Cashflows über unterschiedliche Laufzeiten und Kreditbereiche hinweg ermöglichen. Darüber hinaus sind wir ein vorrangig besicherter Kreditgeber mit zahlreichen Absicherungen auf Asset-Ebene. Das ist risikoärmer und renditeschwächer, aber immer noch mit Renditen, die über denen der öffentlichen Märkte liegen – was der Illiquiditätsprämie zuzuschreiben ist. Wir bieten auch verschiedene Durations-Risikoprofile an, sodass die Investoren diese auf ihre Verbindlichkeiten abstimmen können. Außerdem unterliegen unsere Investments in Alternative Credit bei einer stringenten Überwachung. Da wir nicht immer an vorgegebene Parameter gebunden sind, wie bei einer öffentlichen Transaktion, können wir die aktuelle Finanzlage mit den Kreditnehmern offen diskutieren. Dies führt in der Regel zu einer früheren Problemerkennung und einer höheren Rückzahlungsquote, sollte doch etwas schieflaufen. Ein weiterer großer Vorteil unserer Strategien ist, dass die Investments in der Regel nach dem Mark-to-Model und nicht nach dem Mark-to-Market bewertet werden und somit der Buchwert selbst in Phasen erheblicher Marktturbulenzen stabil bleibt. Es ist nicht so, dass wir von den Marktentwicklungen völlig losgelöst sind. Schließlich investieren wir auch in verschiedene zugrundeliegende Risikoarten – unter anderem Verbraucherrisiko bei niederländischen Hypotheken, Staatsrisiko bei Exportkreditagenturen oder Unternehmensrisiko bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien. Da unsere Investments jedoch in der Regel maßgeschneidert sind, ist es einfacher Steuerungsgrößen oder Kreditauflagen neu zu verhandeln und den Kreditnehmern genügend Handlungsspielraum für schwierige Zeiten zu geben.

IPE D.A.CH: Welche Vorteile kann die Anlageklasse bieten?
Fetzer: Alternative Credit ist weniger liquide als andere Assetklassen – daher bekommt man eine Illiquiditätsprämie. Zudem liefert Alternative Credit während eines Abschwungs Stabilität und sichert so den Wert eines Investments. Es ist wichtig zu bedenken, dass auch liquide Kredite in Krisenzeiten illiquide werden können. Wer seine Positionen verkaufen will, kann nur dann verkaufen, wenn es einen Käufer gibt. In volatilen Zeiten führt dies dazu, dass die traditionell liquiden Märkte mit Alternative Credit gleichziehen, jedoch ohne die gleichen Vorteile der Stabilität und de Risikoprämie.

IPE D.A.CH: Trade Finance, zählt zu den Sub-Assetklassen von Alternative Credit und war im letzten Jahr in den Schlagzeilen. Wie sieht der Investmentansatz ihres Hauses aus?
Fetzer: Wir fokussieren uns darauf, einzelne Transaktionen zu finanzieren im Gegensatz zur Unternehmensfinanzierung. Es werden nur Kredite vergeben, die an einen bestimmten physischen Warenfluss gebunden sind. Diese Transaktionen sind oft besichert, i.d.R. durch Festpreisverträge, Garantien oder Versicherungen, Verpfändungen von liquiden Wertpapieren und andere strukturelle Abfederungen.  Diese traditionelle Form der Handelsfinanzierung hat sich als wesentlich zuverlässiger erwiesen als andere Varianten, bei denen die Kreditvergabe auf Kreditlinienbasis ohne einen zugrunde liegenden physischen Warenaustausch erfolgt. Geldwäsche und Betrug sind inhärente Risiken im internationalen Handel. Die Zusammenarbeit mit angesehenen Parteien sowie der Aufbau langfristiger Beziehungen zwischen Käufern und Verkäufern sind wirksame erste Schritte, um diese Risiken zu reduzieren. Investoren können sich dabei jedoch nicht allein auf ihre Kontrahenten verlassen, sondern müssen verbesserte Due-Diligence-Prozesse entwickeln, um das Risiko in Bezug auf die Unternehmen und die zu finanzierenden Transaktionen zu kontrollieren. Neben einer sorgfältigen Due-Diligence erachten wir es auch für notwendig, eine kritische ESG-Bewertung der Kreditnehmer und der Länder, aus denen die Rohstoffe stammen, durchzuführen. Aufgrund ihrer Komplexität ist diese Assetklasse ohne die richtige Struktur allerdings nur schwer zugänglich. Mit dem passenden Investmentansatz können die Risiken jedoch so strukturiert werden, dass letztlich das reine Credit-Exposure verbleibt, das einen Renditeaufschlag bietet.

IPE D.A.CH: Die Pandemie hat viele Entwicklungen beeinflusst – wie wahrscheinlich jetzt auch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine. Welche Auswirkungen sehen Sie bei Alternative Credit und wie reagiert Ihr Haus darauf?
Fetzer: Corona-bedingte Marktschwankungen der vergangenen zwei Jahren haben die Anleger weiter in Richtung Alternative Credits gelenkt, die weitgehend von den traditionellen Märkten entkoppelt sind. Deren starke Diversifikationsmerkmale können dazu beitragen, dass Portfolios, die Private-Debt-Anlagen enthalten, besser vor breiten Marktbewegungen geschützt sind. Die Hoffnungen und Befürchtungen rund um den Ukraine-Konflikt sind nach wie vor einer der Haupttreiber der allgemeinen aktuellen Marktstimmung, zumal zu Beginn dieses Jahres eine potenzielle globale Wachstumsdynamik prognostiziert wurde. Je länger dieser Konflikt andauert oder je mehr er eskaliert, desto größer ist das Risiko erheblicher Schäden für das globale Wachstum durch hohe Rohstoffpreise, erneute Unterbrechungen der Lieferketten oder ein Rückgang des Verbrauchervertrauens. Wir sind ein vorrangiger Fremdkapitalinvestor, der sich auf Anlagen vorwiegend in Westeuropa und auf stabile Cashflows und defensive Risikoprofile konzentriert. Daher sind die direkten Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine auf unsere Portfolios sehr begrenzt. Selbst innerhalb unserer globalen Handelsfinanzierungsaktivitäten haben wir keine negativen Auswirkungen erlebt, da wir kein Öl finanzieren, das einen Großteil des Problems ausmacht. Die Rohstoffpreise werden volatil bleiben, aber auf höherem Niveau, was im Allgemeinen die Handelsfinanzierung unterstützt. Dennoch haben wir unser Monitoring intensiviert, um uns auf indirekte Effekte und Risiken vorzubereiten, die durch staatliche und währungspolitische Maßnahmen beeinflusst werden können. Die kommenden Monate werden sicherlich volatiler sein, da das Refinanzierungsrisiko in bestimmten Sub-Assetklassen zunehmen kann. Gleichzeitig erwarten wir jedoch, dass diese Krise die Nachhaltigkeitstrends bei Alternativen Credits, wie zum Beispiel die Finanzierung der Energiewende, beschleunigen könnte. Wir sind davon überzeugt, dass Anleger bei Private Debt nicht nur die Renditevorteile, sondern auch die Stabilität der Vermögenswerte mit geringer Korrelation zum liquiden Markt sehen.

IPE D.A.CH: Danke für die Ausführungen.