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Kommentar: Internationale Großbanken sind besser als befürchtet

Unsere Bankenstudie 2021 untersuchte den globalen Bankensektor. Dabei wurde ein Universum aus 47 Kreditinstituten in 16 Staaten - inklusive der DACH-Region - anhand einer umfassenden Analyse mit Stresstest unter die Lupe genommen. Die erfreuliche Nachricht lautet: die internationalen Großbanken stehen besser da als befürchtet. Sie sind dieses Mal nicht Teil des Problems.

Christian Fischer

Trotz Pandemie und globaler Rezession sind internationale Großbanken insgesamt in guter Verfassung. Nur wenige Banken weisen strukturelle Probleme auf. Aufgrund unserer aktuellen Bankenstudie erwarten wir mehrheitlich stabile bis positive Entwicklungen in diesem Jahr und auch in 2022. Und dies trotz wahrscheinlich steigender Problemkreditquoten.

Wir sehen eine robuste Basis dank Fortschritten der Banken bei nachhaltiger Ertragskraft, Kapital und Liquidität – auch infolge schärferer Regulierung. Dazu kommt die massive Unterstützung seitens Staaten, Zentralbanken und Bankenaufsicht zugunsten von Haushalten und Unternehmen sowie - letztlich - auch der Banken. Damit liegt das durchschnittliche I-CV-Ratingniveau zwischen A und A- und erreicht damit einen höheren Stand als in den fünf vorausgegangenen Jahren.

Die Bankenstudie 2021 berücksichtigt zahlreiche Fragestellungen: Wie sehr beeinflusst die Pandemie die Kreditprofile der Banken? Was sind die langfristigen Herausforderungen auf die Geschäftsmodelle der Banken bezüglich des Strukturwandels? Wie lange bleibt das Tiefzinsumfeld und wie weit hilft das langfristige Refinanzierungsprogramm der EZB (TLTRO), dem Margendruck entgegenzuwirken sowie die Kreditvergabe zu stimulieren? Und wo können sich in den Bilanzen der Banken Problemfelder (Schwarze Löcher) eröffnen?

Mit unserem umfangreichen Stresstest haben wir diese Fragen und viele weitere Fakten berücksichtigt, um Anleiheninvestoren wichtige Orientierungshilfen für ihre Anlageentscheidungen an die Hand zu geben. Dabei wurden 29 europäische und 11 nordamerikanische Banken sowie 7 Kreditinstitute aus Australien und Singapur auf Herz und Nieren geprüft.

Nordamerika & Asien versus West- und Südeuropa: die Kluft wird größer

Das Eisberg-Problem im Bankenbereich sind die Tail-Risiken in Kredit- und Handelsbüchern sowie eine angemessene Identifikation und Steuerung von Risiken (als Beispiel sei die Archegos-Pleite genannt). Generell überraschte 2020 und das erste Quartal 2021 positiv wie negativ. So sprechen trotz soliden Finanzkennzahlen die Geschäftsmodelle einzelner Banken gegen eine positivere Sicht der Bonität. Die makroökonomische Lage und Corona-gefährdete Branchen bleiben kurzfristig die wichtigsten Risiken.

Sofern größere geopolitische Krisen und Marktverwerfungen ausbleiben, dürfte sich die Kluft zwischen Banken aus Nordamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum einerseits und Banken aus West- und Südeuropa andererseits mittelfristig vergrößern. Letztere leiden unter Überkapazitäten und verdienen vielfach nicht ihre kalkulatorischen Kapitalkosten. Im Investment Banking halten europäische Banken mit Mühe nur noch in Teilsegmenten mit den US-Investmentbanken mit, drohen aber weiter an Boden zu verlieren. Spreads und Renditen für Anleihen aus sämtlichen Schichten der Kapitalstruktur der Banken (Senior Preferred, Senior Non-Preferred, Tier 2, Additional Tier 1) wie auch die Risikodifferenzierung sind vielfach unzureichend.

Wir empfehlen Anleihen entlang der gesamten Bilanzstruktur defensiver und bonitätsstarker Banken. Während Senior Preferred Instrumente bei sämtlichen Banken in der Studie vertretbar sind, empfehlen wir Senior Non-Preferred wie auch Nachrang-Anleihen nur bei selektiven Emittenten. Den Fokus würden wir auf Neuemissionen (Prämie) wie auch Laufzeiten (First Call Dates) im kürzeren Bereich legen. Neben den erwähnten Banken aus Nordamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum gehören nordeuropäische Kreditinstitute zu den bonitätsstärksten Häusern und daher sollten sicherheitsbewusste Investoren ihnen besondere Beachtung schenken.

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*) Christian Fischer ist seit 2009 Partner der Independent Credit View AG in Zürich. Zuvor war er in verschiedenen Funktionen für das Private Banking sowie das Hypothekargeschäft der Credit Suisse Group tätig. Fischer ist ausgewiesener Betriebsökonom und hat im Jahre 2008 das MAS Corporate Finance erfolgreich abgeschlossen.