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Kommentar: Chaos um Nachhaltigkeits-Fonds – was Asset Manager tun können

An vielen Stellen der EU-Regulatorik gibt es noch Unklarheiten, was für Asset Manager zur Herausforderung werden kann. Nachdem die EU die Auslegung der Offenlegungsverordnung für nachhaltige Finanzprodukte konkretisiert hat, wurden zahlreiche Artikel-9-Fonds in die Kategorie der Artikel-8-Fonds zurückgestuft. Einerseits ist die Politik in der Pflicht, die Regulatorik zu präzisieren. Andererseits sind solche Herausforderungen mit Unterstützung durch eine erfahrene Service-KVG durchaus zu bewältigen.

Dr. Jörg Stotz

Stefanie Kruse

Ohne Frage verfolgt die Europäische Union (EU) ehrgeizige Klimaziele, für die massive Investitionen notwendig sind. Und hier ist es das erklärte Ziel des Gesetzgebers, auch privates Kapital in nachhaltige Anlagen umzulenken. Das wiederum tut er mit etlichen regulatorischen Maßnahmen.

Dazu gehören die Offenlegungsverordnung oder Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), die EU-Taxonomie oder die Änderung der MiFID-II-Richtlinie, nach der seit August 2022 Anlageberater die Nachhaltigkeitspräferenz ihrer Kunden abfragen müssen. Allerdings steckt die ESG-Regulatorik noch in den Kinderschuhen. Sie ist zum Teil bereits jetzt sehr komplex und weist an vielen Stellen noch Unklarheiten auf.

Zwar wurden Detailregelungen verabschiedet, doch fehlt es an einer allgemeingültigen Definition des Begriffs Nachhaltigkeit: Es bleibt ein großer Auslegungsspielraum, der unter Umständen zu ungenauen individuellen Definitionen führen kann. Das gilt zum Beispiel für den Begriff „gute Unternehmensführung“, zu dem es viele unterschiedliche Auffassungen gibt oder für das DNSH-Prinzip – also „do no significant harm“ –, bei dem es an präzisen Kriterien fehlt. Auch die Bestimmung der Nachhaltigkeits- und Taxonomie-Quoten auf Fondsebene ist aktuell schwierig, weil es keine einheitlichen Berechnungsmethoden gibt. Zudem klassifiziert die Taxonomie bislang ausschließlich ökologische Nachhaltigkeitsziele, während soziale Kriterien noch ausstehen.

Erhöhtes Green-Washing-Risiko
Dieser Mangel an Definitionen und Standards kann zu Missverständnissen führen und das Risiko für Green Washing erhöhen. Sehr konkret zeigten sich die bestehenden Unklarheiten zuletzt etwa an den Verschiebungen, die im Bereich der Artikel-9-Fonds stattfanden – jener Produkte, die nach der SFDR der so genannten Impact Fonds zugeordnet wurden: Laut Morningstar wurden allein im vierten Quartal 2022 Fonds mit einem Volumen von insgesamt 175 Mrd. Euro von der Einstufung als Artikel-9-Fonds in den Artikel-8-Bereich verschoben. Zwar weisen die Artikel der SFDR lediglich auf die Transparenz in der Offenlegung hin, weshalb ein Finanzprodukt gemäß Artikel 8 ähnlich nachhaltig ausgerichtet sein kann wie ein Finanzprodukt gemäß Artikel 9.

Jedoch erscheinen die bisherigen Verschiebungen notwendig gewesen zu sein. Denn Finanzprodukte nach Artikel 9 müssen ein nachhaltiges Ziel anstreben. Konnten diese ein solches Bestreben nicht nachweisen, war die Änderung in Artikel 8 unvermeidbar, um der Regulatorik zu entsprechen. Artikel 8 fordert lediglich eine transparente Offenlegung, wenn mit einem Finanzprodukt ökologische und/oder soziale Merkmale beworben werden sollen. Ohne eine Anpassung der Anlagestrategie hätte keine der bisherigen Verschiebungen vermieden werden können.

Letztlich lassen sich solche Verschiebungen vermeiden, indem man die Regulatorik ernst nimmt und bestimmte Maßnahmen ergreift. So steht im Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung ausdrücklich, dass es ein Kriterium ist, sich an den Pariser Klimazielen zu orientieren. Wer heute einen entsprechenden Fonds konzipiert, sollte das berücksichtigen. Asset Manager müssen sich also im Klaren darüber sein, was genau das Ziel ihres Finanzprodukts ist. Schließlich kann Nachhaltigkeit auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Sollen negative Auswirkungen auf ESG-Aspekte mit einem Finanzprodukt vermieden werden, dann würde ein Fonds beispielsweise nicht in Unternehmen investieren, die schwerwiegende Umweltbelastungen zu verantworten haben.

Ziel: Förderung nachhaltiger Investments
Auch im Rahmen der aktuellen Regulatorik lassen sich also Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln. Schließlich will der Gesetzgeber keine Hürden für nachhaltige Produkte aufbauen, sondern nachhaltige Geldanlage vorantreiben. Unterdessen gibt es noch weitere Möglichkeiten, um zu vermeiden, dass Änderungen bei der Klassifizierung von Fonds notwendig werden. Hilfreich kann dabei eine Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Service-KVG sein. So gab es bei den von uns administrierten Fonds bislang keine Herabstufungen.

Das liegt auch daran, dass eine Service-KVG Asset Manager durch die Regulatorik und die verschiedenen Begrifflichkeiten führen und bei der Umsetzung einer nachhaltigen Anlagestrategie unterstützen kann. Den Asset Managern wird so ermöglicht, die Risiken für ihr Portfolio einzuschätzen. Ein wichtiger Punkt ist auch ein ESG-Reporting, das heute schon zuverlässig durchgeführt werden sollte. Spätere Anpassungen lassen sich mit einer vertrauenswürdigen Grundlage und ausgearbeiteten Kompetenzen im Reporting dadurch deutlich einfacher umsetzen. Auch geht es darum, verlässliche ESG-relevante Daten zu allen Investments – womöglich aus vielen verschiedenen Quellen – zusammenzuführen und transparent und nachvollziehbar aufzubereiten. Eine Service-KVG muss also in der Lage sein, Attribute zu ESG-Merkmalen, -Zielen und -Grenzwertdefinitionen sowie ESG-Normen und -Standards in einer Art Instrumentenkasten zu sammeln, zur Verfügung zu stellen und zu dokumentieren.

Darüber hinaus bietet die Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Service-KVG weitere Vorteile. Sie übernimmt alle administrativen Aufgaben, die im Zusammenhang mit den regulatorischen Anforderungen, gerade im Bereich der Nachhaltigkeit, sowie in der Koordination mit der BaFin bestehen. Damit lässt sich etwa sicherstellen, dass die regulatorischen Anforderungen von Fonds, seien sie hell- oder dunkelgrün, wirklich eingehalten werden.

Kann eine Service-KVG zudem auf eingespielte Prozesse zurückgreifen, dann ergeben sich Skaleneffekte, die dem Asset Manager zugutekommen. Und zwar einerseits in Form einer höheren Qualität bei der Erfüllung der regulatorischen Anforderungen und andererseits durch niedrigere Kosten. Doch vor allem kann die Auslagerung administrativer Aufgaben dabei helfen, dass sich Fondsmanager auf ihre eigentliche Arbeit, nämlich das Auffinden guter Investments, fokussieren können. Das ist gerade im derzeit herausfordernden Anlageumfeld von entscheidender Bedeutung und kommt letztlich den Anlegern zugute.

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*) Dr. Jörg Stotz, Geschäftsführer Financial Assets, und Stefanie Kruse, Geschäftsbereichsleiterin Governance, HANSAINVEST