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„Wir haben verstärkt die ESG-Brille auf“

Stefan Haas. Geschäftsführer und Global Head Real Estate bei der MEAG, im Gespräch mit IPE D.A.CH, über Bieterprozesse mit eingeschränktem Mitbewerberkreis, Nachhaltigkeit und langsam steigende Transaktionszahlen.

Blick auf München, Sitz der MEAG

Der Asset Manager von Munich Re und ERGO veranlagt rund 5% seiner derzeit 323 Mrd. Euro an verwaltetem Vermögen in Immobilien. Dabei ergeben sich derzeit diverse Herausforderungen, die von Zinsen, Nachhaltigkeitstrends und Verunsicherungen der Marktteilnehmer geprägt sind.

„Bei vielen im Markt herrscht Kaufzurückhaltung, weil sie unter anderem keine sichere Einschätzung haben, wie sich das Pricing weiterentwickelt“, erläutert Haas. Außerdem bewegten sich viele institutionelle Anleger durch ihre Ankäufe vor ein paar Jahren und ihre zinsbedingt heute niedriger bewerteten Anleihebestände im Bereich ihrer gewünschten Immobilienquoten und hätten daher kaum Anlagebedarf.

Die MEAG hat ein Investitionsprogramm des Konzerns in US-Residentials umgesetzt. Bei den Ankäufen von Wohnimmobilien in den USA hat Equity geholfen. In den USA ist es nämlich „noch schwieriger als in Europa oder Deutschland, Fremdfinanzierungen zu erhalten“, so Haas. „So haben wir wahrscheinlich nicht das höchste Angebot abgegeben, aber das zuverlässigste, und so den Zuschlag erhalten.“

Im Bestandsportfolio prüft der Asset Manager mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele seiner Asset Owner, welche Immobilien auch unter strengeren Anforderungen noch einen wirtschaftlich tragfähigen Business Case ergeben. „Wir haben aufgrund unserer Historie auch viele ältere Gebäude im Bestand. Einige werden wir selbst energetisch ertüchtigen, z.B. durch Modernisierung der Heizungsanlagen bzw. der Klimatisierung, aber andere, meist kleinere Immobilien in Randlagen, machen für lokal gut vernetzte Anleger mit anderen Geschäftsmodellen mehr Sinn“, so Haas.

Bei Neuzugängen werde, abhängig von der jeweiligen Anlagestrategie, sehr viel Augenmerk auf Nachhaltigkeitsaspekte gelegt: „Bei Ankäufen haben wir verstärkt die ESG-Brille auf“, betont Haas. „Dabei geht es nicht unbedingt darum, dass alle Gebäude zertifiziert sein müssen, entscheidend ist für uns der Dekarbonisierungspfad, den wir stringent in unserem Portfolio verfolgen. Auch in den USA, wo es in einigen Staaten schwieriger ist, für unseren ESG-Ansatz zu werben, holen wir eine Zertifizierung für unsere Anleger nach“, so der Global Head of Real Estate der MEAG.

Langsame Steigerung, kein Run
Langsam steige auch die Zahl der Mitbewerber bei Ankäufen wieder an. „Aber es ist kein Vergleich zur Situation vor der Zinswende“, so Haas. Er erwartet, dass das Transaktionsgeschehen im Laufe des Jahres weiter an Fahrt gewinnt: „Im Hinblick auf Core-Immobilien sind wir nahe am Preistal oder vielleicht auch schon durch. Wie beim Aktienkauf, ist dies aber erst in der Nachschau sichtbar. Für langfristig orientierte Bestandshalter sehe ich trotzdem einen sehr guten Einstiegszeitpunkt. Die Auswahlmöglichkeit der Objekte von nachhaltig sehr hoher Lage- und Objektqualität überkompensiert meines Erachtens einen möglicherweise noch stattfindenden Preisrückgang.“ Noch können Investoren, die auf Fremdfinanzierung angewiesen sind, ein Leveraging nicht wirtschaftlich einsetzen, und zählen daher aktuell im Core-Segment nicht zu den Mitbewerbern.

Für die MEAG seien derzeit unterschiedliche Segmente und Regionen interessant: „Nach Jahren investieren wir wieder in deutsche Wohn- und Logistikimmobilien, da die finanziell relevanten Faktoren wieder passen, was sie lange Zeit nicht getan haben.“

Bei Büroimmobilien zeichne sich ein sehr differenziertes Bild ab. Hier seien für die MEAG nur Core-Lagen interessant. Alles andere werde wahrscheinlich weiter an Preis verlieren. In den Innenstadtlagen dagegen sei die Nachfrage hoch: „Einige Firmen gehen verstärkt in Core-Lagen, auch um ihre Mitarbeiter zu motivieren, wieder mehr im Büro zu arbeiten,“ gibt Haas zu bedenken. Außerdem fehle hier in den nächsten Jahren die übliche Pipeline an Neubauprojekten, weil derzeit viele Bauprojekte gestoppt oder zumindest on hold sind. „Auch diese Entwicklung dürfte eine gewisse Übernachfrage nach erstklassigen Büroobjekten nachhaltig unterstützen,“ so Haas.

Neuerdings sieht sich die MEAG im Bereich der Bildungsimmobilien verstärkt um: „Wir sehen, dass in Städten und Gemeinden die Budgets und Kapazitäten fehlen. Sie setzen daher auf Investoren, die Gebäude erstellen, betreiben und erhalten, die sie dann langfristig mieten können“, erläutert Haas.

Erfolgreich – auch gestützt durch eine Sonderkonjunktur in der Pandemie – seien Einzelhandelsfachmarktzentren gewesen, in die die MEAG investiert habe. „Hier sind wir dran, mit Solarpanelen und einem möglichst großen Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien und E-Ladestationen auf Nachhaltigkeit zu setzen,“ bestätigt Haas. „Logistikimmobilien und Fachmarktzentren eignen sich mit ihren großen Flächen grundsätzlich gut, um diese mit Photovoltaik-Anlagen aufzurüsten.“

Insgesamt sieht Haas eine „spannende Marktsituation“ vor allem für proaktive Asset Manager die den kompletten Lebenszyklus der Immobilie abdecken, wie die MEAG: „Nach dem langen Zyklus von 10 bis 15 Jahren, wo Immobilienpreise flächendeckend fast automatisch gestiegen sind, wird aktives Management für eine wirtschaftlich nachhaltige Vermietung und einen Werterhalt bzw. Steigerung wesentlich bedeutender und Zusatzthemen wie etwaige Wertänderungen aufgrund exogener Faktoren oder ESG-Anforderungen machen es noch anspruchsvoller.“ Er zeigt sich überzeugt, dass sich hier hinsichtlich der Performance „die Spreu vom Weizen trennen“ werde.