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„Viele glauben, Wasserkraft sei nicht investierbar“

Mit Investitionen in bestehende Wasserkraftwerke in der EU will Renaio eine Diversifikation für Erneuerbare-Energie-Exposure zur Verfügung stellen, erläutert Mitgründer Andreas Grassl im Interview mit IPE D.A.CH.

Andreas Grassl

Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, dann ist auch Flaute im Erneuerbare-Energien-Portfolio. „Hier ist Wasserkraft die perfekte Diversifizierung, denn vom Herbst bis in den Frühsommer, wo die anderen Energiequellen üblicherweise weniger Strom liefern, ist am meisten Wasser vorhanden,“ erläutert Andreas Grassl.

Früher bei der Münchner Rück-Tochter MEAG tätig, hat er 2019 gemeinsam mit Oliver Platsch, der den Zugang zum Markt für Wasserkraftwerke in Zentraleuropa mitbringt, Renaio gegründet. Das Unternehmen fokussiert ausschließlich auf Investitionen in bestehende Wasserkraftwerke in der EU.

„Wasserkraft ist die einzige grundlastfähige Erneuerbare Energieart, neben vielleicht Biogas,“ gibt Grassl zu bedenken. Und auch technologisch ist die Assetklasse weitaus länger erprobt und damit kaum wertverfallanfällig: „Die klassische Wasserturbine ist praktisch seit fast 100 Jahren unverändert – und wird sich auch nicht viel verändern“, zeigt sich Grassl überzeugt.

Wo sein Team – sowohl im Asset Management als auch im operativen Kraftwerkgeschäft tätig – mit Modernisierungen Leistungssteigerungen schaffen können, ist im Betrieb. „Wir kaufen bestehende Wasserkraftwerke, verbessern den Betrieb u.a. mit moderner Steuerungselektronik und bringen unser eigenes Wartungsteam etc. ein.“

Kein Skandinavien
„Wir vergleichen Wasser mit Immobilien“, so der Renaio-Geschäftsführer. „Es hat extrem lange Laufzeiten, ist ein wertstabiles Investment und ein bestehendes Wasserkraftwerk ist eine 1a-Toplage, weil der Standort nur ein einziges Mal vergeben werden kann.“

Aber diese Toplage muss auch investierbar sein. „Viele Investoren, vor allem im D.A.CH-Raum, glauben, dass Wasserkraft nicht investierbar ist“, weiß Grassl. Das sei vor allem durch Erfahrungen in den Heimatländern geprägt, wo tatsächlich „viel passieren müsse“, bis ein Wasserkraftwerk den Besitzer wechselt.

„Ganz anders ist das z.B. in Italien, Polen, der Slowakei und generell der CEE-Region, wo es einen funktionierenden Sekundärmarkt für Wasserkraft gibt“, so Grassl. Den gibt es z.B. in Skandinavien auch, aber dort gebe es zu viel Konkurrenz: „Wenn dort ein Kraftwerk auf den Markt kommt, dann bieten Anleger gegenseitig die Renditen herunter, weil dort die Transparenz sehr hoch ist und damit das Investment einfach.“ Die Renaio arbeitet mit den Verkäufern direkt und – als einziger institutioneller Investor - schon ab einem Segment von fünf bis sechs Megawatt installierte Leistung: „Das ist zu klein für die Versorger und großen Versicherer, aber oft zu groß für Private.“

Starkregenfest
„Für uns sind – wegen des ökologischen Impacts – nur Laufwasserkraftwerke, keine Staukraftwerke interessant“, betont Grassl. So kann der offene Fonds der Renaio auch das Artikel-9-Siegel unter SFDR tragen. Die Datenberechnungsprozesse dafür hat das Unternehmen selbst entwickelt, weil vieles noch nicht vorhanden war für die investierten Assets.

Nachhaltig gedacht werden muss bei der Wasserkraft auch der Klimawandel. Denn Starkregenereignisse werden immer häufiger werden und damit können nicht alle Kraftwerke umgehen. „Neben dem Hochwasserschutz steht vor allem die Nutzung des zusätzlichen Wassers im Fokus“, ergänzt Grassl.

„Eine Lösung ist, die installierte Leistung auf sechs Megawatt zu erhöhen, die auf zwei Turbinen aufgeteilt werden,“ erläutert Grassl. Damit kann die Konzession für drei Megawatt Durchschnittsleistung im Jahr bestehen bleiben. Es läuft immer eine Turbine und bei einem Starkregenereignis kann kurzfristig die zweite dazugeschaltet werden. Der Idealfall sei die Einbettung des Kraftwerks in einen bereits vorhandenen, vorgelagerten Staudamm.

Neben der Lage, dem Betrieb und den technischen Details sei besonders auch die Vermarktung des erzeugten Stroms zu berücksichtigen, sagt Grassl: „Der Verkauf über die Strombörse ist der schlechteste Weg, wir nutzen die staatlichen Einspeisevergütungen und nach deren Auslaufen gehen wir lieber direkt zu Industrieunternehmen oder Gemeinden – in Österreich arbeiten wir zum Beispiel auch mit Energiegemeinschaften zusammen.“