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Professionell und offen: Wie Deutschlands Immobilienmarkt von außen gesehen wird

Ausländische Investoren lieben den deutschen Immobilienmarkt. Laut JLL schwankt der Anteil ausländischer Investoren am hiesigen Transaktionsaufkommen um die 40%. Das ist viel, wenn man bedenkt, wie aufwendig der Aufbau und das Management eines Immobilienportfolios verglichen beispielsweise mit einem Aktienportfolio ist. Zum Vergleich: Im DAX beträgt der Anteil ausländischer Kapitalanleger laut EY etwa 55%.

Tomasz Dukala

Die meisten dieser internationalen Investoren sind schon seit vielen Jahren am deutschen Markt aktiv, haben enge Netzwerke geknüpft, einen stolzen Track Record vorzuweisen und sind oftmals auch mit einer eigenen Repräsentanz vor Ort. Sie sind zumeist in vielen Ländern Europas und weltweit aktiv, und Deutschland gehört für sie zu den Märkten, die sie zur Diversifizierung ihrer Portfolios nutzen. Doch jeder einzelne von ihnen hat irgendwann einmal mit seinem ersten Investment in Deutschland begonnen. Dabei haben sich stets die gleichen beiden Fragen gestellt: Warum Deutschland? Und wie kann es gelingen, erfolgreich ein erstes Investment einzugehen und anschließend langfristig dort Fuß zu fassen?

Um die erste Frage zu beantworten: Deutschland ist die größte und eine der stabilsten Volkswirtschaften in Europa, mit stabilen politischen Verhältnissen und einem sicheren Rechtsrahmen. Der gewerbliche Immobilienmarkt gehört zu den bedeutendsten der Welt, mit einem Transaktionsvolumen von rund 70 Mrd. Euro im vergangenen Jahr ist er laut CBRE der zweitliquideste der Welt nach den USA. Zudem hat Deutschland innerhalb der EU die größte Bevölkerung, ein entscheidendes Kriterium für Immobilien-Investments. Anders als in den meisten anderen europäischen Ländern konzentriert sich das Geschehen nicht nur auf die Hauptstadt und vielleicht noch eine zweite bedeutende Stadt, sondern es konkurrieren eine Vielzahl großer und attraktiver Standorte mit jeweils unterschiedlichen Stärken und Schwächen um die Gunst der Investoren.

Attraktivität hat ihren Preis
Natürlich erkauft man sich diese Rahmenbedingungen mit sehr niedrigen Ankaufsrenditen von zum Teil nur noch 3% oder weniger. Das mag für einen Investoren aus Märkten mit deutlich höheren Zins- und Renditeniveaus zunächst abschreckend wirken. Doch hierbei muss man relativieren: Das Zinsniveau und die aktuelle Inflationsrate sind in Deutschland ebenfalls extrem niedrig, zum Teil bei null oder gar darunter. Die Risikoprämie von Immobilien-Investments gegenüber festverzinslichen „risikofreien“ Anlagen ist damit vergleichbar hoch wie in anderen Ländern. Hinzu kommt: In einigen Hauptstädten der Eurozone sind die Ankaufsrenditen gegenüber deutschen Metropolen auch nicht höher oder zum Teil sogar noch niedriger, obwohl dort nach unserer Überzeugung eine Risikoprämie gegenüber dem deutschen Markt angemessen wäre. Betrachtet man also die Rendite-Risiko-Relation, steht Deutschland unter allen europäischen Immobilienmärkten mit am besten da. Sonst wäre der deutsche Immobilienmarkt weltweit nicht so beliebt. Zumal eine wachsende Bevölkerung und ein teilweise unterversorgter Immobilienmarkt weiteres Potenzial für Investoren versprechen.

Doch als ausländischer Investor diesen Markt neu zu betreten, erscheint auf den ersten Blick sehr schwierig. Das Fell des Bären, so scheint es, ist ja schon verteilt. Und wie soll man bei einer so großen Heterogenität der einzelnen Teilmärkte als ortsfremder Investor die Orientierung behalten? Wer sich solche Fragen stellt und dennoch zum Investment entscheidet, wird schnell feststellen, dass der Markteintritt mit der richtigen Strategie nicht so schwierig ist wie gedacht, und dass Deutschland offener und einfacher zugänglich für neue Investoren ist als die meisten anderen europäischen Märkte. Entscheidend ist es, die eigenen Investment-Ziele klar identifiziert zu haben.

Der erste Schritt ist immer die größte Herausforderung
Das erste Investment ist – wie immer – die größte Herausforderung. Märkte und Menschen müssen verstanden, die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen abgesteckt, die Verbindungen zu Maklern, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und anderen Dienstleistern wie gegebenenfalls Banken aufgebaut werden. In Deutschland ist all dies transparent und deshalb vergleichsweise einfach. Eine kleine Hürde kann bisweilen die Sprache darstellen – aber auch nicht mehr, eher weniger als in vielen anderen EU-Ländern.

Ein Netzwerk an potenziellen Transaktionspartnern aufzubauen und Vertrauen zu schaffen, kann natürlich erst mit den ersten erfolgreichen Transaktionen gelingen, und dafür ist man zu Beginn oftmals auf die Unterstützung von Maklern angewiesen. Hat man dies einmal geschafft, stehen die Türen offen. Übrigens nicht nur nach Deutschland: Diese Rahmenbedingungen sind in vielerlei Hinsicht beispielsweise in Österreich sehr ähnlich. Mit jeder weiteren Transaktion wird der einmal getätigte Aufwand skaliert. Und man wird von anderen Marktteilnehmern sowie den Maklern schnell als professionell agierender Investor wahrgenommen, was zusätzliche Türen öffnet. Wichtig ist dabei eine gut definierte und klar kommunizierte Strategie.

Es sind vor allem die großen Städte in Deutschland, die sich durch liquide und transparente Immobilienmärkte auszeichnen. Das muss keinesfalls nur für die Top-7 gelten, sondern für fast alle der 15 Städte ab 500.000 Einwohner. Wesentlich kleinere Städte hingegen verlangen zumeist doch eine größere lokale Expertise, weisen nur wenige Transaktionen mit ausreichend großen Volumina auf und werden deshalb von neu am Markt eintretenden Investoren in der Regel gemieden.

Ab einer bestimmten Größe macht sich Asset-Management vor Ort bezahlt
Ab einer bestimmten Anzahl an Objekten ist es in jedem Fall sinnvoll, über eine Präsenz vor Ort nachzudenken. Weniger für das Transaktionsgeschäft, sondern vielmehr für das Asset-Management, das sich aus der Ferne nicht so effizient betreiben lässt wie mit Personal an Ort und Stelle. Ab wann das sinnvoll oder gar erforderlich wird, hängt nicht zuletzt von der Risikokategorie der erworbenen Objekte ab: Bei Core- und Core-Plus-Investments ist tendenziell weniger aktives Asset-Management erforderlich als bei Value-Add- oder opportunistischen Strategien; Bestandsobjekte erfordern in der Regel weniger Asset-Management-Aufwand als Projektentwicklungen.

Entgegen mancher gegenteiligen Darstellungen ist der Markteintritt in Deutschland gut zu bewerkstelligen – und einfacher als in den meisten anderen europäischen Märkten, die oftmals abgeschotteter und intransparenter sind als der deutsche Immobilienmarkt. Der erste Schritt ist immer der schwierigste, doch hierfür kann man auf die Unterstützung sehr vieler und sehr transparent und professionell agierender Dienstleister zählen. Die meisten Investoren werden ihren Schritt nicht bereut haben, vor allem wenn sie an langfristiger Wertstabilität orientiert sind.

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*) Tomasz Dukala, Board Member, EPH European Property Holdings