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„Private Debt ist bei den meisten institutionellen Adressen zu einem festen Portfoliobaustein geworden“

Der 2014 ins Leben gerufene Private Debt-Bereich von Muzinich & Co besteht derzeit (Stand: 31. März 2021) aus 37 Investmentexperten an zwölf Standorten in Europa, den USA und Asien. Er verfügt über 1,9 Mrd. US-Dollar an zugesagtem und über 1,1 Mrd. US-Dollar an investiertem Kapital (Stand: 31. Dezember 2020) und konzentriert sich auf die Bereitstellung flexibler Finanzierungslösungen für kleine und mittlere Unternehmen. IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Kirsten Bode, Co-Head of Private Debt, Pan-Europe über Private Debt-Investments in und nach der Corona-Krise.

IPE D.A.CH: Hat die Corona-Krise dem Interesse an Private Debt geschadet?
Bode: Investoren suchen im aktuellen Umfeld mehr denn je Renditequellen und gleichzeitig sind Unternehmen angesichts der immer stärker werdenden Regulierungen auf der Bankenseite sehr interessiert in diesem Bereich aktiv zu werden.

IPE D.A.CH: Wie lässt sich der Markt die letzten 12 Monate beschreiben?
Bode: Im zweiten Quartal letzten Jahres haben wir – analog zu den M&A-Aktivitäten im Markt – natürlich einen starken Einbruch im Direct Lending gesehen. Hier haben wir uns als Muzinich insbesondere um unser Portfolio gekümmert und geprüft, ob es Sektoren bzw. Unternehmen gibt, die Unterstützung und Liquidität in der Krise brauchen. Wichtig war es hier, proaktiv mit den Unternehmen zu sprechen. Ab den dritten Quartal konnte man recht schnell wieder einen Schub bei den Deals am Markt gesehen, der sich dann auch im vierten Quartal 2020 bzw. im ersten Quartal des neuen Jahres bei uns in einer größeren Zahl an Portfoliotransaktionen niedergeschlagen hat.

IPE D.A.CH: Wie haben sich die Konditionen durch diesen kurzen Einbruch am Markt verändert?
Bode: Im zweiten Quartal gab es eine klare Ausweitung der Margen – hier mussten Unternehmen, die einen entsprechenden Deal durchziehen wollten oder gar mussten, einfach 200 bis 300 Basispunkte Aufschlag akzeptieren. Dies hat sich dann über die folgenden Monate allerdings schnell wieder nivelliert.

IPE D.A.CH: Hat sich der regionale Zuschnitt bei Angebot und Nachfrage verändert?
Bode: Wir haben insbesondere aus Ländern, in denen Banken noch einen starken Anteil am Finanzierungsgeschäft halten, eine große Nachfrage von Unternehmensseite verspürt. Erklärbar ist dies vor allem dadurch, dass die Banken durch die Krise sehr stark mit ihren eigenen Portfolios beschäftigt und damit kaum offen für Neugeschäft sind. So sind sogar die Banken selbst oft auf uns zugekommen, um eine Finanzierungslösung für ein Unternehmen zu finden. Das ist aktuell nicht nur für uns, sondern für europäische Direct Lending Aktivitäten insgesamt ein großer Push.

IPE D.A.CH: Hat sich die Branchenallokation in den letzten Jahren – womöglich verschärft durch Corona – verändert?
Bode: Es gab – bedingt durch Corona – durchaus einen leichten Shift in Richtung Corona-resistenter Branchen wie IT, Software und Healthcare. Ansonsten sind wir – durch die Kreditperspektive als Risikomanager – ohnehin stark in defensiveren Bereichen aktiv gewesen.

IPE D.A.CH: Kommt nach Corona die große Insolvenzwelle, die ersten Distressed Fonds stehen ja schon in den Startlöchern…
Bode: Ich bin da relativ vorsichtig, eine Pleitewelle wurde ja nun schon oft prognostiziert und ist noch nicht eingetreten. Ich glaube auch nicht, dass die Politik hier ihre Unterstützung gleich auf null zurückfährt. Wir sind zwar hinsichtlich Unternehmensgröße eher im unteren Mittelstand aktiv, investieren aber natürlich auch erst ab einer gewissen Größenordnung. Bei ganz kleinen Unternehmen würde ich vermehrte Insolvenzen nicht ausschließen, über einer gewissen Größenschwelle sehe ich es aktuell – auch beim Blick auf unseren Dealflow – nicht.

IPE D.A.CH: Sie sprachen gerade die Unternehmensgröße an, wie fragmentiert ist der Markt hier auf der Anbieterseite?
Bode: Wir sind hier einer der wenigen privaten Kreditgeber mit Fokus auf den unteren Mittelstand. Wichtig sind für uns hier unsere lokalen Teams, um breite und vielfältige Marktchancen zu identifizieren, die attraktive Renditen für unsere Investoren generieren können.

IPE D.A.CH: Lassen Sie uns auf die Portfolioebene bei Investoren springen. Wie hat sich Private Debt hier aus Ihrer Sicht entwickelt?
Bode: Als wir 2015 mit dem Fundraising für unsere erste paneuropäische Strategie angefangen haben, sind wir oft noch auf Zurückhaltung oder gar Ablehnung gestoßen. Ich glaube, man kann mit Recht sagen, dass sich die Welt hier fast 180 Grad verändert hat. Private Debt ist bei den meisten institutionellen Adressen zu einem festen Portfoliobaustein geworden, um dem Niedrigzinsumfeld im liquiden Fixed Income Bereich zumindest zu einem gewissen Teil zu entgehen.

IPE D.A.CH: Welche Rolle spielt das Thema ESG im Private Debt-Bereich?
Bode: Auch hier ist ESG ein großes Thema geworden, ganz analog zum liquiden Fixed Income Bereich. Das Schöne im Private Debt Bereich ist, dass Sie als oftmals einziger Kreditgeber hier auch gestaltend mit am Tisch sitzen.

IPE D.A.CH: Lassen Sie uns noch etwas genauer auf die drei Teilbereiche des ESG-Ansatzes schauen, wo lag hier bislang bei Ihnen eher der Schwerpunkt in der Analyse?
Bode: Es hängt ganz von den einzelnen Unternehmen ab. Die Governance ist sicher bei uns als Fixed Income Player ein ganz wesentlicher Faktor, gerade auch mit Blick auf das Risikomanagement, aber insgesamt sind die drei Teile mittlerweile durchaus gleichwertig. Wir hatten jüngst auch einen ersten Kreditvertrag mit einer Vereinbarung, bei der sich unsere Marge reduziert, wenn gewisse Erfolgsfaktoren beim Thema ESG erzielt werden. In diese Richtung wird der Weg sicher weitergehen.

IPE D.A.CH: Wo lauern die größten Gefahren für den Private Debt Markt?
Bode: Eine mögliche Rezession ist sicher immer eine latente Gefahr für den Markt, hier sehen wir uns allerdings mit unserer konservativen Ausrichtung gut aufgestellt. Ansonsten ist es sicher wichtig sein Alltagsgeschäft – sprich insbesondere die Unternehmensanalyse – richtig zu machen. Externe Schocks wie die Corona-Krise werden nie prognostizierbar sein, insofern ist es weiterhin wichtig sich hier gut diversifiziert aufzustellen.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke!