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Kommentar: Der neue Rohstoff-Superzyklus – grüne Welle für die Emerging Markets

Um bis 2050 CO2-neutral zu werden, müssen etwa 56 Billionen US-Dollar in Infrastruktur investiert werden. Metalle wie Kupfer, Lithium und Kobalt spielen hier eine zentrale Rolle. Der Klimaschutz befeuert somit die Nachfrage und stärkt die Wirtschaft der exportierenden Schwellenländer.

James Johnstone

Die weltweiten Bemühungen, die Klimakrise zu bewältigen, werden ein massives Elektrifizierungs- und Dekarbonisierungs-Programm erfordern und dürften in den kommenden Jahrzehnten eine ganz erhebliche Rohstoffnachfrage hervorrufen. Wir bei Redwheel glauben, dass damit die Voraussetzungen für den Beginn des nächsten „Rohstoff-Superzyklus“ gegeben sind und werfen im Folgenden einen Blick auf die etwaigen Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung.

Um einen Superzyklus auszulösen, der die Preise bestimmter Rohstoffe über viele Jahre, teilweise für mehr als ein Jahrzehnt steigen lässt, ist das Zusammentreffen mehrerer Faktoren nötig. Die Ereignisse folgen in der Regel auf eine längere Periode schleppender Nachfrage und mehrere Jahre mit geringen Investitionsausgaben in der Bergbauindustrie. Und da der Betrieb von Minen eine notorisch zyklische Branche und sehr kapitalintensiv ist, dauert es, bis neue Kapazitäten aufgebaut sind. Das heißt, dass die Preise bei einem unerwarteten Anstieg der Nachfrage über mehrere Jahre hinweg hoch bleiben können, bevor zusätzliches Angebot in die Produktion gelangt. Im Umkehrschluss können Minenbetreiber bei einem Nachfragerückgang gezwungen sein, Investitionsvorhaben bis weit in den nächsten Zyklus hinein aufzuschieben.

Der letzte Superzyklus etwa wurde zu Beginn des Jahrtausends durch den Infrastrukturboom in China ausgelöst: Nach fast zwanzig Jahren stagnierender Rohstoffpreise und geringen Investitionen stieg die Nachfrage nach Öl, Kupfer, Eisenerz und Stahl enorm. Der resultierende Preisruck bei diesen Rohstoffen war für die Exporteure von Vorteil, barg aber auch große Herausforderungen für Verbraucher in anderen Teilen der Welt.

Während zwischen der Geschichte und den Märkten heute einige Parallelen zu erkennen sind, ist jedoch zu berücksichtigen, dass jeder Zyklus seine ganz eigenen Merkmale und Triebkräfte hat. Wir glauben, dass der aktuelle Zyklus von der sogenannten grünen Welle angetrieben wird.

Die grüne Welle
Wie etwa die Klimakonferenz COP-26 in Glasgow und andere wichtige globale Initiativen in den letzten Jahren gezeigt haben, wird der Wunsch, etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen, weltweit von einer außerordentlichen Dynamik getragen. Wir müssen unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen rasch verringern und uns von einer übermäßig konzentrierten Energieversorgung lösen, bevor es zu spät ist. Dies bedeutet, dass mehr Energie aus erneuerbaren Quellen wie Windkraft, Solarenergie und Wasserstoff erzeugt werden muss und Elektrofahrzeuge Verbrennungsmotoren schrittweise ersetzen sollten.

Um bis zum Jahr 2050 CO2-neutral zu werden, müssen schätzungsweise etwa 56 Billionen US-Dollar in entsprechende Infrastrukturprojekte investiert werden. Gerade Metalle wie Kupfer, Lithium und Kobalt sind für die Dekarbonisierung von entscheidender Bedeutung. Bemerkenswert ist, dass die meisten Rohstoffe, die den nächsten Superzyklus antreiben, in den Schwellenländern der nächsten Generation gefördert werden.

Kupfer und Lithium
Kupfer ist zu dem grünen Metall geworden, auf das Anleger ihren Fokus legen sollten: In einer Drei-Megawatt-Windturbine werden fast fünf Tonnen Kupfer verbaut und auch in Stromnetzen ist Kupfer ein unerlässlicher Werkstoff. Mehr als ein Drittel der weltweiten Kupferreserven lagern in zwei südamerikanischen Schwellenländern der nächsten Generation, in Chile und Peru. In Afrika werden die Demokratische Republik Kongo und Sambia zu immer wichtigeren Kupferlieferanten. First Quantum Minerals etwa betreibt in Sambia eine der größten Kupferminen der Welt. Das Unternehmen ist gut positioniert, um von einer Aufwertung des Kupferpreises in den nächsten zehn Jahren zu profitieren: Die Nachfrage wächst stetig und das Angebot ist beschränkt.

Die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen ist ein klarer Nachfragetreiber auch für verschiedene andere Metalle, wie etwa Lithium. Die Lithiumnachfrage dürfte in den nächsten Jahren um 20-25% p.a. steigen und es ist davon auszugehen, dass die Lithiumpreise von dieser starken Nachfrage – in Verbindung mit der typischen Verzögerung von fünf bis sieben Jahren bei der Inbetriebnahme neuer Minen – profitieren werden. Zwei der größten Lithiumproduzenten der Welt sind Chile und Argentinien. SQM etwa betreibt in Chile eine der größten Lithiumminen der Welt und ist gut positioniert, um von diesem Preisumfeld zu profitieren. Das Unternehmen dürfte im kommenden Jahr ein robustes Produktionswachstum verzeichnen und seine Projekte sind kostengünstiger als die vieler seiner Konkurrenten.

Abb. 1: Aussichten für Lithium: Die Nachfrage enteilt dem Angebot


Quelle: Redwheel und Bloomberg, Stand vom 31.12.2021

Gewinner und Verlierer
In jedem Rohstoff-Superzyklus gibt es Gewinner und Verlierer. Einzelne Unternehmen – wie First Quantum und SQM – können von der grünen Welle profitieren, die bereits Fahrt aufnimmt. Netto-Rohstoffexportländer können überdies von einer verbesserten Haushaltslage, höheren Staatsausgaben, einer Zunahme von internen Infrastrukturinvestitionen und neuen Arbeitsplätzen profitieren. Gleichzeitig setzt eine steigende Inflation die Verbraucher in anderen Teilen der Welt, welche wichtige Rohstoffe importieren, unter Druck. Die entsprechenden Auswirkungen sind bereits spürbar. Der Einmarsch Russlands in der Ukraine hat bereits bestehende Angebotsdefizite noch verstärkt.

Daher meiden wir Länder, die einer herausfordernden, mit höheren Rohstoffpreisen und steigender Inflation einhergehenden Konsumdynamik ausgesetzt sind. Wir konzentrieren uns vorerst auf die Nettoexporteure dieser Rohstoffe, bei denen das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf ein positives künftiges Marktumfeld schließen lässt.

Überdies stehen wir in ständigem Kontakt mit unseren Bergbauunternehmen und bekräftigen stets die Bedeutung eines verantwortungsvollen Bergbaus – in Bezug auf die Sicherheit der Arbeiter, die Umwelt, in der sie arbeiten und die Unternehmensführung. Erfolgreiches ESG-Management ermöglicht es den Unternehmen, potenziell kostspielige beziehungsweise nachteilige Ereignisse zu vermeiden, die auch ihre finanzielle Stabilität beeinträchtigen würden.

Ein Blick in die Zukunft
Obwohl der nächste Rohstoff-Superzyklus viele Merkmale der vorangegangenen Zyklen aufweisen dürfte, glauben wir, dass diesmal eine Reihe besonderer Rohstoffe im Zentrum steht: Kupfer, Lithium, Kobalt und andere Metalle, die für die Dekarbonisierung unerlässlich sind, werden am stärksten profitieren – und diese Rohstoffe werden hauptsächlich in den Schwellenländern der nächsten Generation in Südamerika, Afrika und Asien gefördert.

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*) James Johnstone, Co-Head im Emerging and Frontier Markets Team von Redwheel