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Kommentar: Erneuerbare-Energien-Projekte – mit PPAs unabhängig von Subventionen

Die erneuerbaren Energien sind erwachsen geworden: Die Stromgestehungskosten für Ökostrom sind über die Jahre kontinuierlich gesunken, so dass Wind- und Solarstrom inzwischen auch ohne Subventionen gegenüber Energie aus konventionellen Quellen wettbewerbsfähig ist.

Thomas Seibel

Als Konsequenz reduzieren viele Länder die staatlichen Subventionen für die Stromerzeugung aus regenerativen Energien. In Deutschland etwa fallen durch das nahende Auslaufen des 20-jährigen EEG-Förderzeitraums allein im Bereich Onshore-Windenergie in den Jahren 2020 bis 2025 Windanlagen mit einer Leistung von rund 16,3 Gigawatt aus der gesetzlichen Förderung. Projektentwickler, Anlagenbetreiber und Investoren stehen nun vor der Herausforderung, alternative Modelle für die Finanzierung und Vermarktung zu finden.

Entwicklung der Stromgestehungskosten



Quelle: re:cap global investors ag; Lazard

Eine Möglichkeit, auf diese Trendwende zu reagieren, sind sogenannte Power Purchase Agreements (PPAs). Dabei handelt es sich um Stromabnahmeverträge, die ein Wind- oder Solarpark direkt mit einem Versorger oder Unternehmen schließt und in denen die Lieferung einer bestimmten Strommenge zu einem festgelegten Preis geregelt ist. Sie bieten Projektentwicklern und Anlagenbetreibern eine marktbasierte Alternative, um die Stromerzeugung aus Post-EEG-Anlagen abzusichern beziehungsweise neue Projekte zu finanzieren.

Auf dem Vormarsch in Europa
Die größten PPA-Märkte für erneuerbare Energien liegen bisher vor allem in den USA und in Australien. Doch auch in Europa wächst die Nachfrage kontinuierlich, beispielsweise in Skandinavien, Italien, Spanien und den Niederlanden (sh. folgende Abbildung).

Europäische PPA-Fokusmärkte für institutionelle Investoren



Quelle: re:cap global investors ag

Ein Grund für die zunehmende Verbreitung ist die Reduktion von Barrieren von PPAs in den EU-Mitgliedsstaaten und die Integration in nationale Energie- und Klimapläne. Haupttreiber der Nachfrage sind jedoch Unternehmen der Industrie und Wirtschaft. So wurde 2014 die RE 100 gegründet, eine Initiative von aktuell 175 einflussreichen Unternehmen, die das gemeinsame Ziel haben, nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. PPAs sind dabei ein vorteilhaftes Mittel zum Zweck. Prominente Beispiele für Konzerne, die Grünstrom über PPAs beziehen, sind etwa Google, Facebook, Daimler, Microsoft und IKEA.

Auch wir richten unseren Fokus verstärkt auf den Abschluss von langfristigen Stromlieferverträgen, um Investoren auf diese Weise solide Erträge unabhängig von staatlichen Subventionen zu sichern. So schloss re:cap jüngst einen langfristigen Stromabnahmevertrag mit der Axpo Gruppe für einen Onshore-Windpark im schwedischen Bröcklingberget. Im Rahmen des Vertrages über einen Zeitraum von zehn Jahren wird Axpo den produzierten Strom zu einem Fixpreis abnehmen.

Unabhängig von der Preisdynamik
PPAs bieten dabei Vorteile für beide Seiten: Für Anlagenbetreiber und Investoren stehen vor allem die Erträge und Renditen aus der Stromerzeugung im Vordergrund. Durch PPAs können die Erlöse aus der Anlage über mehrere Jahre von der Preisdynamik am Energiemarkt entkoppelt und damit abgesichert werden. Dies erleichtert unter anderem die Finanzierung von neuen Erneuerbare-Energien-Projekten, denn durch die garantierte Stromabnahme erhöht sich die Kreditwürdigkeit des Anlagenbetreibers. Dies führt zu geringeren Kapitalkosten, was sich wiederum positiv auf die Profitabilität des Projektes und die Rendite auswirkt. Darüber hinaus reduzieren PPAs für Projektentwickler und Investoren die Abhängigkeit von offiziellen Ausschreibungen und deren Genehmigungsanforderungen. Dies sichert auch die Akteursvielfalt auf dem Markt.

Bei alten Windanlagen wiederum, für die ab 2021 die finanzielle EEG-Förderung ausläuft, können PPAs das Mittel der Wahl zur Anschlussfinanzierung sein und den wirtschaftlichen Weiterbetrieb von Parks ermöglichen.

Auch den Abnehmern des Ökostroms bieten PPAs Unabhängigkeit von schwankenden Strompreisen und langjährige Planungssicherheit. Zudem zahlt der Abschluss auf das ökologische Image von Unternehmen und Energieversorgern ein und ist ein effektives Instrument, um strategische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und den CO2-Fußabdruck zu verringern.

Vertragsgestaltung: Drum prüfe, wer sich…
Power Purchase Agreements können jedoch sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. So gibt es verschiedene Arten von PPAs, die unterschiedliche Merkmale aufweisen: Im Fall von physischen PPAs wird eine vertraglich festgelegte Strommenge direkt an den Abnehmer verkauft und entweder über eine Direktleitung oder über das allgemeine Netz geliefert. Bei synthetischen PPAs verkaufen beziehungsweise kaufen die Vertragspartner die vertraglich definierten Strommengen an den Spotmärkten. Die Differenz zwischen Marktpreis und vertraglich festgelegtem Preis wird finanziell zwischen Verkäufer und Abnehmer ausgeglichen. Diese sogenannten Contracts for Difference sind beispielsweise sinnvoll, wenn sich der Anlagenstandort und der Käufer in unterschiedlichen Netzregionen befinden. Zudem wird zwischen Corporate PPAs und Utility PPAs unterschieden, je nachdem, ob es sich um einen Kunden aus der Industrie oder einen Energiehändler handelt.

Auch die Vertragsgestaltung eines PPAs ist eine komplexe Angelegenheit. Allein die Preisgestaltung kann unterschiedlichste Formen annehmen: Der Preis kann beispielsweise fixiert sein, über Preisstufen definiert sein oder Indexierungen aufweisen, so dass der PPA-Preis fortlaufend an die Strompreisentwicklung angepasst wird. Mitunter werden bei Indexierungen auch noch Begrenzungen nach oben (Cap) oder unten (Floor) eingebaut. Da PPAs in der Regel Laufzeiten von über zehn Jahren haben, müssen beide Parteien deshalb die potenziellen langfristigen Risiken eines Vertrages genau analysieren. Solide Prognosen zur Entwicklung des Strompreises sowie das erwartete Windaufkommen und die Sonneneinstrahlung sind zum Beispiel unabdingbar, um im Nachhinein unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Auch Leistungs- und Ausfall- sowie Projektrealisierungsrisiken müssen einkalkuliert und gemanagt werden.

Für Projektentwickler und Investoren lohnt es deshalb, Expertise in diesen Bereichen aufzubauen und sich mit den Gestaltungsmöglichkeiten von PPAs auseinanderzusetzen. Denn angesichts auslaufender staatlicher Förderungen bei gleichzeitig sinkenden Stromgestehungskosten werden PPAs in Zukunft eine immer wichtigere Rolle im Energiesektor und bei der Projektfinanzierung spielen.

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*) Thomas Seibel ist Geschäftsführer des international tätigen Anlage- und Transaktionsberaters re:cap global investors ag.