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Gastkommentar: Die Vorteile grüner Projekte auf der grünen Wiese

Investitionen in Anlagen zur Erzeugung sauberer Energie sind für den Übergang zur CO2-Neutralität von hoher Bedeutung. Sie reichen allein aber nicht aus: Zusätzlich müssen die Stromnetze ausgebaut und ausreichend Speicherkapazitäten geschaffen werden. Projekte auf der grünen Wiese bieten hier sowohl aus Rendite- als auch aus Nachhaltigkeitssicht Vorteile. Das Beispiel Australien zeigt dabei, was nötig ist.

Umberto Tamburrino

Es waren deutliche Worte, die UN-Generalsekretär António Guterres wenige Tage vor Beginn der 28. Klimakonferenz in Dubai Ende November fand: Er rief die teilnehmenden Staats- und Regierungschefs dazu auf, „den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, die Menschen vor dem Klimachaos zu schützen und das Zeitalter der fossilen Brennstoffe zu beenden“.

Zuvor hatte er sich bei einem Besuch in der Antarktis selbst ein Bild von den Folgen des Klimawandels gemacht. Guterres betonte mit Blick auf das immer rascher schmelzende Eis und die Konsequenzen, die mit dem steigenden Meeresspiegel einhergehen: „Die Ursache für all diese Zerstörung ist klar: Die Verschmutzung durch fossile Brennstoffe, die sich wie eine Hülle um die Erde legt und den Planeten aufheizt.“

Der Abschied von Kohle, Öl und Gas in Kombination mit dem Ausbau erneuerbarer Energien spielt für die Verringerung des CO2-Ausstoßes eine zentrale Rolle. Die wachsende Nachfrage nach sauberer Energie erfordert weltweit Investitionen in noch nie dagewesenen Umfang in die Entwicklung und den Bau neuer Infrastruktur. Um die Netto-Null-Ziele zu erreichen, werden von 2023 bis 2030 weltweit voraussichtlich 4,5 Billionen US-Dollar an Investitionen benötigt – und zwar pro Jahr. Das bietet Chancen für Investoren: Sie können durch Investments in die nachhaltige Energiegewinnung aus Sonne, Wind, Wasser und Co sowie damit verbundene Infrastrukturen die Energiewende mitgestalten und interessante Renditen erzielen.

Projekte auf der grünen Wiese bieten echten Zusatznutzen
Um eine positive ökologische Wirkung zu erzielen, bieten sich insbesondere Investments in neu entwickelte Projekte an. Denn auf der grünen Wiese entstehende Anlagen bieten einen tatsächlichen Zusatznutzen für die Energiewende – die Grundvoraussetzung für ein echtes nachhaltiges Investment. Darüber hinaus können Investoren auf diese Art und Weise sicherstellen, dass auch soziale Faktoren berücksichtigt und beispielsweise keine Arbeitsplätze vernichtet werden. Aus Renditesicht kann es ebenfalls von Vorteil sein, auf der grünen Wiese zu investieren: Bei einem frühzeitigen Engagement besteht die Möglichkeit, eine sogenannte „Greenfield-Prämie“ einzufahren. Aufgrund der zusätzlichen Risiken sollte man aber auf einen erfahrenen Partner setzen.

Den Rahmen für entsprechende Projekte gibt der Regulator vor. Und hier sind erhebliche Fortschritte zu verzeichnen. Ein Beispiel dafür ist die Europäische Kommission mit ihrer Richtlinie zu erneuerbaren Energien. Diese muss noch von allen Mitgliedstaaten angenommen werden – gibt aber die Richtung vor. Es ist gut, wenn eine zentrale Regulierungsbehörde wie die Europäische Kommission den Pfad zu Netto-Null-Emissionen vorzeichnet. Wir sehen aber auch viel Bewegung auf lokaler Ebene.

Regionale Besonderheiten bei der Projektentwicklung – Brennglas Australien
Die erneuerbaren Energien müssen weltweit ausgebaut werden. Im Grunde macht es für Projektentwickler keinen Unterschied, ob sie einen Windpark im Vereinigten Königreich, in Australien oder in Südamerika bauen. Es gilt aber, durchaus regionale Unterschiede zu beachten. Denn aus ihnen können sich spezifische Chancen und Risiken ergeben.

In Australien beispielsweise sind viele Kohlekraftwerke bereits sehr alt und müssten erneuert werden. Die Banken sind aber nicht bereit, das zu finanzieren. Um die Kraftwerke in Betrieb zu halten, sind staatliche Subventionen nötig. Gleichzeitig verliert Kohle aber rasch an Bedeutung. Fehlende Kapazitäten müssen ausgeglichen werden. Die Behörden schätzen, dass bis spätestens 2033 der Anteil von Kohle im Energiemix von 85% auf rund 10% sinken wird.

In Australien sind aufgrund seines relativ schlechten Stromnetzes wie unter einem Brennglas die künftigen Herausforderungen zu beobachten. In anderen Ländern wird sich ebenfalls zeigen, dass die Systeme nicht auf die Schwankungen eingestellt sind, die mit der Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen einhergehen. In der Vergangenheit wurden in „Down Under“ riesige Kraftwerke dort gebaut, wo viel Energie benötigt wird. Heute hat sich das Paradigma hin zu einer dezentralen Stromerzeugung verschoben. Die Lehre daraus für andere Märkte: Es reicht nicht aus, die Energieerzeugung auf erneuerbare Quellen umzustellen. Dies muss mit dem Aufbau von passender Infrastruktur sowie entsprechenden Speichermöglichkeiten einhergehen – Bereiche, die für Investoren daher ebenfalls hochspannend sind.

Dezentrale Energieversorgung erfordert starke Netze
Klar ist: Je stärker und dichter das Netz, desto besser für die dezentrale Energieerzeugung. Denn ein höherer Anteil erneuerbarer Energien kann zulasten der Netzstabilität gehen. Mithilfe von Speichermöglichkeiten lässt sich unmittelbar auf die mit ihnen einhergehenden Schwankungen reagieren – und damit das Netz stabilisieren. Die Speicherung macht aus einem schwankenden ein berechenbares Gut.

Ob bei Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, Netzen oder Speichermöglichkeiten: Der Schlüssel zum Investmenterfolg ist ein erfahrenes aktives Management. Dieses überwacht die Leistung des Projekts, kümmert sich um Probleme und antizipiert Herausforderungen – kurzum: Es sorgt dafür, dass die geplanten Renditen erwirtschaftet werden. Der Asset-Manager überprüft außerdem die ESG-Faktoren. Er erkennt potenzielle Umweltprobleme ebenso wie Herausforderungen, die mit den Gegebenheiten vor Ort verbunden sind. Darunter fällt beispielsweise der Einfluss auf die Arbeitsplatzsituation.

Aus Renditesicht haben Sonne-, Wind- und andere erneuerbare Energiequellen den Vorteil, dass sie frei verfügbar sind und nicht mit den Märkten korrelieren. Daher lassen sich langfristige feste Verträge für die erzeugte Energie anbieten. So lässt sich die Volatilität der Energiepreise eliminieren. Und da es sich um saubere Energie handelt, beobachten wir eine stetig steigende Nachfrage seitens der Kunden – was wiederum die Investoren freut.

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*) Umberto Tamburrino ist geschäftsführender Gesellschafter und CIO für Europa bei Sosteneo Infrastructure Partners, einer Tochtergesellschaft von Generali Investments.