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Gastbeitrag: Robuster Absolute-Return-Ansatz bei Anleihen gefragt

Die geopolitischen und makroökonomischen Unsicherheiten, die durch die US-Regierung unter Donald Trump in diesem Jahr befeuert wurden, haben zu deutlichen Ausschlägen an den Finanzmärkten geführt. Seit April verzeichnen britische, US-amerikanische und japanische Staatsanleihen Schwankungen von bis zu 20 Basispunkten – ein Hinweis darauf, dass sich die Marktvolatilität nachhaltig erhöht hat. Und vieles spricht dafür, dass diese Phase noch nicht vorbei ist: In China bleibt das Wachstum gedämpft, die Erholung in Europa verläuft schleppend, und in den USA droht eine Konjunkturabkühlung bei zugleich steigender Inflation.

Henriette Le Mintier

In diesem Umfeld sind flexible und robuste Anleihenstrategien gefragt, die sich an wechselnde Marktbedingungen anpassen können. Absolute-Return-Konzepte bieten hier einen klaren Vorteil, weil sie unabhängig von Benchmarks agieren und auf eine breite Streuung der Performancetreiber setzen.

Makroökonomische Unwägbarkeiten als Dauerzustand
Die erratische US-Zollpolitik, verschärfte Handelsbedingungen und eine unberechenbare Außenpolitik haben Spuren in den globalen Lieferketten und im Investorenvertrauen hinterlassen. Während sich die US-Wirtschaft angesichts steigender Produktionskosten und sinkender Exporte zunehmend schwertut, bleibt die konjunkturelle Entwicklung in Europa ungewiss.

Die führenden Notenbanken reagieren vorsichtig. Die Fed hat im September mit ihrer ersten Zinssenkung begonnen, um die abkühlende Konjunktur abzufedern, während die EZB den Leitzins zunächst bei 2% belässt und abwartet. An den Anleihenmärkten ist die Zinsentwicklung immer noch sehr volatil, da einerseits Abwärtsrisiken für die Wirtschaft bestehen und andererseits tendenziell höhere Staatsausgaben zu erwarten sind.

Für Anleiheinvestoren bedeutet das: Entscheidungen müssen agiler, Risikomanagementprozesse straffer und Diversifikationsstrategien umfassender werden.

Warum Absolute Return jetzt an Bedeutung gewinnt
Eine Absolute-Return-Strategie für Anleihen eröffnet Investoren größere Freiheitsgrade als traditionelle Ansätze. Sie ist nicht an einen Referenzindex gebunden und erlaubt Investitionen in ein breites Spektrum von Staats-, Unternehmens- und Wandelanleihen bis hin zu Derivaten. Ziel ist es, in verschiedenen Marktphasen stabile Erträge zu erzielen und dabei von unterschiedlichen Quellen der Wertschöpfung zu profitieren.

In einem Umfeld, in dem Carry-Strategien – also das Halten von Anleihen zur Vereinnahmung laufender Erträge – kaum noch Renditepotenzial bieten, gewinnen taktische und selektive Ansätze an Gewicht. Spread-Strategien, also das aktive Management von Kreditrisikoprämien, werden ebenso relevant wie Positionierungen in Sondersituationen, die sich aus Unternehmensaktionen oder Emissionstätigkeiten ergeben.

Qualität und aktive Risikosteuerung im Kredituniversum
Im Kredituniversum liegt der Fokus zunehmend auf Qualität und Risikosteuerung. Emittenten mit Investment-Grade-Rating, die über solide Bilanzen verfügen, bieten nach wie vor attraktive risikobereinigte Renditechancen – insbesondere in einem Umfeld, in dem das Wachstum schwächelt.

Im Hochzinssegment ist dagegen erhöhte Vorsicht geboten: Viele Emittenten zeigen sich anfälliger gegenüber konjunkturellen Schwächen, und die Bewertungen sind in manchen Teilbereichen bereits ambitioniert. Allerdings bieten diese Anleihen attraktive Renditen. Wir bleiben daher engagiert – zyklische Sektoren wie Automobil, Chemie und Einzelhandel erscheinen uns jedoch als zu riskant. Ein aktives, selektives Vorgehen mit gezielter Absicherung über Derivate und Kreditindizes kann helfen, das Portfolio widerstandsfähig zu halten.

Bankanleihen mit soliden Fundamentaldaten und niedrigen Ausfallraten sind derzeit ebenfalls interessant, besonders vorrangige Tranchen von Emissionen großer, europäischer Institute. Sie bieten attraktive Spreads bei vergleichsweise robusten Risikoindikatoren.

Mehrere Renditequellen in einem Portfolio
Die Stärke eines Absolute-Return-Ansatzes liegt in der Kombination verschiedener Performance-Treiber. In der aktuellen Marktphase bieten sich taktische Kreditpositionen an, um von Bewegungen der Spreads zu profitieren. Aber auch Sondersituationen, etwa vorzeitige Rückzahlungen oder Übernahmeangebote, können zusätzliche Renditechancen eröffnen.

Darüber hinaus kann der High-Beta-Bereich mit Hybrid- oder AT1-Anleihen gezielt beigemischt werden, um von höher verzinsten Titeln zu profitieren, ohne das Gesamtrisiko übermäßig zu erhöhen. Auch die bewusste Nutzung von Zinsschwankungen – etwa bei US- oder britischen Staatsanleihen – trägt dazu bei, kurzfristige Marktbewegungen auszuschöpfen und langfristige Trends taktisch zu begleiten.

Absicherung als fester Bestandteil
Ein robustes Risikomanagement ist elementarer Bestandteil jeder Absolute-Return-Strategie. Es sorgt dafür, dass die Portfoliovolatilität begrenzt bleibt und sich das Portfolio in Stressphasen stabil verhält.

Zum Einsatz können verschiedene Absicherungsmechanismen kommen – von Volatilitätsarbitrage über Basistransaktionen zwischen Anleihen und zugehörigen Derivaten bis hin zu Nachrangigkeits- oder Kreditarbitrage. Diese Instrumente tragen nicht nur zur Risikoreduktion bei, sondern schaffen auch zusätzliche Ertragsquellen, wenn Marktineffizienzen auftreten.

Entscheidend ist dabei die Flexibilität, die Gewichtung solcher Strategien je nach Marktlage und Bonitätseinschätzung dynamisch anzupassen.

Widerstandsfähig ist Trumpf
Das aktuelle Marktumfeld ist geprägt von Unsicherheit, fragmentierten Konjunktursignalen und anhaltender Volatilität. Klassische Anleihenstrategien stoßen hier an ihre Grenzen. Absolute-Return-Ansätze hingegen bieten durch ihre Flexibilität, ihre breite Diversifikation und ihr integriertes Risikomanagement die Möglichkeit, auch in schwierigen Marktphasen stabile Ergebnisse zu erzielen.

Indem sie auf mehrere, voneinander unabhängige Performancetreiber setzen und aktiv zwischen Zins-, Kredit- und Liquiditätsrisiken steuern, können sie über Konjunkturzyklen hinweg einen verlässlichen Beitrag zur Portfolio-Stabilität leisten.

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*) Henriette Le Mintier, Portfoliomanagerin Fixed Income bei LBP AM