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Gastbeitrag: Mit Real Assets von den Megatrends profitieren

Die Herausforderungen für das Investmentmanagement sind aktuell ebenso groß wie vielfältig: Die erstmals seit einem Jahrzehnt wieder deutlich gestiegene Inflation, gleichzeitig anziehende Zinsen, Wechselkursschwankungen und eine ungewisse volkswirtschaftliche Entwicklung angesichts explodierender Energiepreise führen zu Verunsicherung an den Kapitalmärkten und machen Investmententscheidungen schwierig. Dabei spricht auch im aktuellen Marktumfeld vieles für Real Assets, also Immobilien- und Infrastrukturinvestments.

Philipp Schaper

Graham Matthews

Die Entwicklung der Anlageklassen wird langfristig durch die globalen Megatrends Urbanisierung, Dekarbonisierung, demografischer Wandel und Digitalisierung gestützt. So schätzt die OECD, dass jedes Jahr weltweit Infrastrukturinvestments in Höhe von rund sieben Billionen US-Dollar notwendig sind, um die Klima- und Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erreichen zu können. Der Bedarf an privaten Investments in Immobilien und Infrastruktur sowie deren Chancen sind daher groß.

Mehr als 60% der institutionellen Investoren planen ihre Immobilien- und Infrastrukturinvestments in den nächsten Jahren weiter auszubauen. Das ergab eine Investoren-Befragung von PATRIZIA aus dem April dieses Jahres. Die positive Grundstimmung für Real Assets deckt sich auch mit Prognosen von Datenanbietern wie Preqin, die für die nächsten Jahre ein hohes Wachstum bei Immobilien- und Infrastrukturinvestments erwarten. Das weltweit in Infrastruktur verwaltete Vermögen soll so bis 2026 auf rund 1,9 Billionen US-Dollar steigen und dann Immobilien übertreffen. Investoren schätzen die Investmenteigenschaften beider Anlageklassen, insbesondere ihren Beitrag zur Portfolio-Diversifizierung und die stabilen, sicheren Erträge. Beides heben mehr als 80% der Investoren in der Befragung aus dem Frühjahr hervor. Denn bei Infrastrukturanlagen wie Immobilien sind die laufenden Erträge in der Regel über indexbasierte Mietverträge abgesichert. Dazu bieten gerade bei Infrastruktur die langfristigen Nutzungsverträge und Anlagehorizonte eine Absicherung gegen kurz- und mittelfristige Markteinbrüche. Diese grundsätzlichen Vorzüge der Anlageklassen bestehen weiter, auch wenn die aktuelle Marktunsicherheit Investments erschwert und diese vielfach aufgeschoben werden. Allerdings lohnt sich ein differenzierter Blick auf die einzelnen Immobilien- und Infrastruktursegmente, da nicht alle gleichermaßen von den langfristigen globalen Entwicklungen profitieren werden.



Das Jahrzehnt der Infrastruktur
Der weltweite Bedarf an Infrastrukturinvestments ist gewaltig. Erneuerbare Energien stehen dabei weit oben auf der Einkaufsliste institutioneller Investoren. Fast 80% wollen ihre Gewichtung im Portfolio in den nächsten fünf Jahren ausbauen, nahezu jeder Fünfte den Anteil sogar um mehr als 10% steigern, so die PATRIZIA Investorenbefragung. Dabei geht es nicht allein um Windräder, Solaranlagen und Energienetze. Vielmehr können Investoren auch über die Beteiligung an Unternehmen, die etwa über Anlagen zur Gewinnung von Bio-Kraftstoffen verfügen, an der Energiewende teilhaben. Diese können den Energiemix ergänzen und helfen fossile Brennstoffe zu ersetzen. Dazu gehört Biomethan-Flüssiggas, das aus natürlichen Abfällen gewonnen wird und so hilft, Kosten und CO-Emissionen im Lkw-Transport erheblich zu reduzieren. Über erneuerbare Energien hinaus liegt das Interesse der Investoren vor allem auf der Versorgung mit Strom und Wasser, Transport und sozialer Infrastruktur. So wollen fast 60% die Gewichtung von sozialer Infrastruktur in ihrem Portfolio erhöhen. Auch hier finden sich interessante Anlageoptionen, etwa in Pflegeheimen oder Kindertagesstätten. Langfristige Mietverträge mit der öffentlichen Hand bieten hier verlässliche Erträge und Renditen.

Die Beispiele zeigen: Neben milliardenschweren Investments in Windparks und ähnliches bietet gerade das Midmarket-Segment, also der Markt für Infrastrukturinvestments in mittlerer Höhe, attraktive Anlagechancen. Zumal Wettbewerb und Anlagedruck hier geringer sind, da die kleineren Investmentvolumina für die weltweit größten Infrastrukturfonds in der Regel weniger attraktiv sind.

Smarte Gebäude und Städte
Dekarbonisierung, Digitalisierung, Urbanisierung und demografischer Wandel eröffnen nicht nur im Infrastrukturmarkt Investmentchancen, sondern bestimmen auch die Wertentwicklungspotentiale im Immobilienmarkt. Schon im Verlauf der Corona-Pandemie haben sich die einzelnen Immobiliensegmente sehr unterschiedlich entwickelt, je nachdem wie sie von dem Schub für E-Commerce oder hybride Arbeitsmodelle profitiert haben. Beispielsweise gab es im Lebensmitteleinzelhandel, bei Studentenwohnungen, Rechenzentren und anderen Teilsegmenten weiterhin attraktive Renditen, während Büros und Einkaufszentren vielerorts zu den Verlierern zählten. Im Zuge der aktuellen Krise sollten die einzelnen Segmente ebenfalls genau ausgewählt werden. Das aktuelle Marktumfeld, das weiterhin von Inflation und einer schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung bestimmt werden wird, führt zu einem stärkeren Fokus auf Premium-Objekte, also auf sichere, stabile Core-Investments. Darüber hinaus werden nicht alle Immobiliensegmente langfristig gleichermaßen von den globalen Megatrends profitieren.

Ein Bereich, der weiterhin gute Aussichten hat, ist Alternative Living, also moderne, attraktive Wohnkonzepte. Infolge der demografischen Entwicklung steigt die Anzahl der Haushalte in der EU kontinuierlich. Mittlerweile ist die Marke von rund 200 Millionen Haushalten erreicht. Dabei leben immer weniger Menschen zusammen. Es braucht also mehr und besser auf die wachsende Anzahl der Einzelhaushalte ausgerichtete Wohnanlagen. Studenten, Arbeitnehmer und ältere Menschen haben unterschiedliche Präferenzen für Größe, Ausstattung und Wohnumfeld. Wohnkonzepte für die speziellen Bedürfnisse der unterschiedlichen Mietergruppen sind daher gefragt. So ist die Nachfrage nach Studentenwohnungen in vielen europäischen Städten sehr hoch, trifft aber auf ein begrenztes Angebot. Aber nicht nur für Studenten auch für die anderen Zielgruppen bieten attraktive Wohnlösungen gute Investmentchancen.

Zusätzlich zu den Investments in ausgewählte Segmente gilt es den Immobilienbestand kontinuierlich zu erneuern, um die Anforderungen aus den langfristigen globalen Entwicklungen besser zu adressieren. Gerade im Hinblick auf die Dekarbonisierung zeichnen sich Renovierungen vielfach durch eine bessere CO2-Bilanz aus. Gleichzeitig bieten sie Potential für Wertsteigerungen. Recycling, der Erhalt der Gebäudestruktur und die Verwendung umweltschonender Materialien gestalten den Umbau erheblich ökologischer als einen vergleichbaren Neubau. Niedrigere Verbrauchs- und Emissionswerte in der Nutzung helfen die Ökobilanz zu verbessern und Kosten für die Mieter zu reduzieren. Allein die intelligente Steuerung der Klimaanlage und Heizung kann den Energiebedarf um rund ein Drittel senken. Der niedrigere Verbrauch aber auch der Ausbau von Grün- und Gemeinschaftsflächen können Mieteinnahmen und damit den Wert des Gebäudes langfristig steigern. Ähnliches gilt für die Umstellung auf die Versorgung mit erneuerbaren Energien. Dies bietet sich etwa im Logistikbereich an. Die großen Logistik-Dachflächen lassen sich gut für Solaranlagen nutzen. Über die Vermietung der Dachflächen werden so zusätzliche Einnahmen erschlossen. Gleichzeitig profitieren die Logistikunternehmen von dem unmittelbar verfügbaren Ökostrom.

Aktives Management des Assets
Der Bedarf an modernen Immobilien und Infrastruktur, die die langfristigen globalen Entwicklungen unterstützen, bleibt weiterhin hoch. Beide Anlageklassen haben dabei viel gemeinsam. Sie verbindet das Management nah am Asset. Durch eine genaue Bewertung und eine klare Ausrichtung an den Anforderungen, die aus den globalen Megatrends entstehen, werden sich langfristig stabile Erträge und attraktive Wertsteigerungen erzielen lassen. Dies eröffnet im derzeit schwierigen Marktumfeld Investmentchancen. Denn Urbanisierung, Digitalisierung, Dekarbonisierung und der demografische Wandel machen auch in der aktuellen Marktsituation nicht Halt.

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*) Philipp Schaper, CEO European Real Estate bei PATRIZIA, und Graham Matthews, CEO Infrastructure bei PATRIZIA